Es passt alles zusammen. Als ich heute früh den feynsinnigen Artikel über den aktuellen Verstoß der Bundesregierung gegen das Grundgesetz las, meinte ich noch, dass es eher die Ausnahme sei, dass darauf hingewiesen wird, wie sich die Rolle der Bundeswehr, der NATO und auch der UN in den letzten Jahrzehnten verändert hat.
Nun ist es ja generell so, dass Soldaten meiner Meinung nach kaum geeignet dafür sein dürften, sogenannte ”humanitäre” Hilfe zu geben. Das widerspricht an sich schon dem Soldat-Sein. Denn als solcher wird man geschult, zu töten (und zu überleben), aber nicht, anderen Menschen das Überleben zu sichern. So nimmt es nicht Wunder, dass sich Berichte häufen, dass UN-Blauhelme vergewaltigen, verheerende Krankheiten wie die Cholera in Länder einschleppen, die selbst schon genügend eigene Probleme haben; von dem grundsätzlichen Versagen der Niederländer in Srebrenica ganz zu schweigen.
Deshalb hat es mich gefreut, als ich heute eine Mail bekam mit der Bitte, auf einen Artikel hinzuweisen, der sich mit dem ”Paradigmenwechsel für UN-Einsätze” befasst. Der Autor Stefano Biondi setzt hinter diese Überschrift noch ein Fragezeichen. Ich halte dieses leider für überholt. Denn es steht nicht mehr die Frage, ob sich die Aufgaben und das Auftreten der UN-Blauhelme verändert haben; es steht nur noch die Frage nach dem wie und in wessen Auftrag. So wie Feynsinn aufdeckt, dass sich der Beschluss der Bundesregierung, die Bundeswehr zur ”schnellen Eingreiftruppe weltweit” auszubauen — um nicht nur am Hindukusch deutsche Interessen = Interessen der deutschen Wirtschaft zu verteidigen, sondern weltweit zu operieren — ein Verstoß gegen das Grundgesetz ist, so stellt der Artikel zur UN die sehr berechtigte Frage nach der Legimitation von z.B. UN-Einsätzen in Libyen oder der Elfenbeinküste. Ist Krieg Frieden? Ist Gewalt Mittel zur Gerechtigkeit? Zum Erhalt der Menschenrechte?
Ich habe gerade Arundhati Roy gelesen. Die letzten beiden Artikel des Buches (von 2003) beschreiben, wie der völkerrechtswidrige Krieg, mit dem die USA und England den Irak überzogen, in der sog. ”Dritten Welt” wahrgenommen wird. Wenn es nicht verboten wäre: ich hätte gern ”Sich dem Imperium entgegenstellen” komplett abgeschrieben und hier veröffentlicht. Dies zu lesen und noch immer nicht zu begreifen, mit welchem Feuer wir spielen, zeugt von unglaublicher Arroganz und Dummheit.
Sie schreibt (in ”Über den Umgang mit Imperien — ein Leitfaden für den Normalbürger” — 2003):
Aber die guten alten UN — es stellt sich heraus, dass sie einfach nicht das sind, als was man sie ins Rennen geschickt hat. Sie sind degradiert worden(…). Jetzt sind sie der Hausmeister der Welt.(…) Sie sind angestellt, um die Scheiße anderer Leute wegzuputzen. Sie werden nach Gutdünken benutzt und missbraucht.
Tony Blairs ernsthaften Ergebenheitskundgebungen und all seinen Schmeicheleien zum Trotz hat George W. Bush klar zu verstehen gegeben, dass die Vereinten Nationen keine unabhängige Rolle bei der Verwaltung des Nachkriegs-Irak spielen werden. (…) Bush hat an die internationale Gemeinschaft appelliert, das Thema humanitäre Hilfe nicht zu ”politisieren”.
Der oben genannte Artikel ”Paradigmenwechsel…” endet mit den Worten:
Sie [die UN] droht ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn sie in der Elfenbeinküste und in Libyen eingreift, im Sudan und im Kongo jedoch nur mahnende Worte findet. Eine selektive Intervention kann es nicht geben, wenn das Argument der Schutzverantwortung weiter gelten soll. Schließlich stehen die Menschenrechte allen Menschen zu, egal, in welchem Staat sie leben, wer ihre Nachbarn sind und wie viele Rohstoffe sie besitzen.
Nic
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