Die ultimativen Wavebuzz Top-15-Alben: #4 Daughter – If You Leave

Erstellt am 1. Januar 2014 von Wavebuzz

Die 14 ist da im Kalender und nicht nur am 14. sondern an jedem anderen Tag auch. Wir bleiben jedoch noch ein wenig bei der Zahl 13 und führen unsere “Top 15 Alben”-Liste von 2013 fort: Heute im Angebot – Daughter mit ihrem Album “If You Leave”. “The endless sorrowing gets a bit too much” für ein gesamtes Album, findet NME innerhalb einer Albumrezension. Wir betrachten die Tochter der Traurigkeit und untersuchen, ob sie nicht auch die Mutter ist.


Am 17. April 2013 haben Daughter im Zürcher Mascotte gespielt und sogar etwas Schweizerdeutsch gesprochen. Denn Gitarrist und Produzent Igor Häfeli ist Schweizer. Was sie genau gesagt haben? Keine Ahnung mehr; Uhren, Fondue und Lindor Chugle? “Winter” heisst das erste Lied des Albums und Elena Tonras Stimme einem Windhauch gleich rieselt bereits über das Stück hinweg. Sogleich ist man in einer seltsamen Trance, die verzaubernd und beklemmend zugleich wirkt.

Elena Tonra von Daughter – Bildquelle: booooooooom

Nie scheint man zu wissen, wohin diese Treibsandmusik hinführt, was dazu verleitend wirken mag, sie abzuschalten. Dies ist jedoch nicht möglich, denn irgendetwas Ursprüngliches wird von Daughters Musik berührt. “Smother” ist so tieftraurig und so glaubwürdig die Existenz bezweifelnd, dass man zunächst denkt, labile Menschen sollten solche Lieder niemals hören – womöglich würden Traurige an einem grausamen Tod der Tränen-Dehydrierung verenden. “Smother” kann als Substantiv Dampfwolke heissen, als Verb ersticken. Im Wort “Smother” steckt gleichzeitig auch das Wort “Mother”, die innerhalb des Liedes auch thematisiert wird:

“I sometimes wish I’d stayed inside
My mother
Never to come out”

Das nächste Stück, “Youth” ist balsamierte Gitarrenliedkunst. Freudige, belebende Frühlingsmusik, wenn man kein Englisch kann. Innerhalb des Textes werden tote lebende Menschen besungen, die Visionen verfolgende Jugend und sterbende Gefühle im Zeitverlauf. Ein klägliches Liebeslied voller Hoffnungslosigkeit, welches genau das nicht ist. Die Überspitztheit und die Traurigkeit des Textes öffnen zwei Wege: den abgründigen Seelenschmerz oder die Offenbarung der Zeitlichkeit aller Dinge.

Daughter – Youth (Musikvideo):

“Still” ist nicht still, im Gegenteil: Vertrauenswürdig is auch “Still” von einer Strophen-zu-Refrain-Steigerung betroffen. “Amsterdam” ist ein verborgenes Relikt auf “If You Leave” und könnte Teil II von “Smother” sein.

Daughter – Amsterdam (Live in Los Angeles)

Das schattige Gitarrenfundament versprüht hämischen Optimismus, Die sich stetig wiederholende Zeile “by the morning I would have grown back” klingt nach einem positiven Zukunftsversprechen der seelischen Misere. Jedoch ist auch hier das Motiv der Resignation durchdringend: “I used to dream of Adventure when I was younger”. Wir alle waren einmal Kinder und haben viele Sätze “Wenn ich gross bin… mache ich einmal” konstruiert. Wir alle fahren kein fliegendes Auto und wohnen nicht in Marshmallow-Häusern.

Nun, hat NME Recht, das Album sei zu traurig in seiner Gesamtheit? Muss man sich Daughters Lieder nur häppchenweise, ohne daran zu ersticken? Nun keine Worte mehr, es sind wieder einmal zuviel. Hört euch doch einfach das Album an, Mann. (Hommage an Deboro).

KEEP BUZZIN’ , even, if you leave


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