Keine Rangliste haben wir gesagt. Bloss 15 Alben, die allesamt wirklich grossartig sind, haben wir gesagt. Es ist 2014 und ich werfe das ganze Gesage über Bord: Ja, Freunde des Superlativs, „Evil Friends“ war das beste Album des Jahres 2013. Zumindest wenn man „das beste“ mit „mein Lieblings-“ gleichsetzt. Warum?
Eine kleine Geschichte: Portugal. The Man hatten acht von zehn eingeplanten Songs für ihr siebtes Studioalbum in El Paso eingespielt, als plötzlich das Telefon klingelte. Oder das Skype-Symbol aufflackerte, was auch immer. Auf jeden Fall war Brian Burton am Apparat. Brian! Burton! Das ist ja dieser Tage nicht bloss eine Alliteration, sondern ein Erfolgsversprechen. Der Mann, der sich ausserhalb der heimischen Stube Danger Mouse nennt, hat mit Gnarls Barkley und Broken Bells richtig dolles Zeug gemacht und als Produzent unter anderem „El Camino“ von den Black Keys veredelt.
A propos geile verzerrte Gitarren: Die gibt’s auch auf „Evil Friends“ dann und wann zu hören. PTM waren ja bis anhin eher für PPP bekannt. Nein, nicht PowerPoint-Präsentationen. Psych-Pop-Perlen. Schmeichelhaftes, Flächiges. Gitarrenskulpturen mit LSD-Assoziation, mal barock, mal beatlesk, mal schlicht bekifft. Das war klasse. In Kombination mit dem schnörkellosen Approach, den die Dangermouse’sche (!) Produktion nun reinbringt, ist das nicht mehr klasse: Das ist Weltklasse.
Zum Beispiel „Atomic Man“: Die sphärische Psychedelia ist spürbar an allen Ecken und Enden, der treibende Rhythmus und die derbe Macho-Fuzz-Gitarre Marke Eagles of Todesmetall machen den Song aber zu einem astreinen Rocker.
Oder „Modern Jesus“: Was soll den das?, denkste zu Beginn. Gameboy-Keyboardmelodie und Sänger John Baldwin Gourley, der den Liam Gallagher gibt. Geht’s noch?! Mit dem Unterschied, dass Gourleys Stimme zu grösseren Kapriolen fähig ist, als die Gallaghers, und die Gameboy-Melodie geht auf in einer feinen Textur mit akustischer Gitarre, Streichern und allerlei grandiosen Melodien.
Und sonst? „Someday Believers“ und „Evil Friends“ sind weitere Zelebrationen des fuzzy Gitarrensounds, schnell und heftig, Pop gedacht und Punk gespielt. Das dilettantische Gitarrensolo in „Evil Friends“ ist der Gipfel des Entzückens.
Auch die klassischen PTM-Sounds dürfen nicht fehlen, erscheinen so richtig deutlich aber erst im finalen Song „Smile“. Knappe fünf Minuten opulenter Ambient-Psych-Pop, oder wie man es auch immer nennen will; knappe fünf Minuten voll heulender Gitarren, scheppernder Drums und dem ewigen Wunsch, lächeln zu können. Sogar die „Plastic Soldiers“ aus dem Opener kommen wieder vor – der Kreis wird geschlossen.
Und dieser Kreis, das wissen wir nun, ist das beste Album des Jahres. Weil es so vielseitig ist. Weil es zeigt, dass Pop und Intelligenz sich nicht ausschliessen müssen. Weil auch ein Instant-Ohrwurm ein Kunstwerk ist. Weil man jeden einzelnen Song selbst komplett nüchtern lauthals mitjohlen kann. Weil DangerMouse + Portugal. The Man eine Kombination ist, die uns dem musikalischen Paradies wieder ein Schrittchen näher gebracht hat.
Das ganze Album via Spotify hören, geniessen und abfeiern:
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