Vor ein paar Tagen kam folgende Anfrage: "Hey Tobi, unser erstes Festival steht an. Was müssen wir packen?"
Zuallererst soll euch gesagt sein: Ja, man überlebt auch drei bis vier Tage mit klamm-feuchten Klamotten, ohne Schuhe und mit Löchern im Zelt. Alle der nachfolgenden Dinge sind Erfahrungswerte darüber, was MIR persönlich wichtig ist. Die meisten Anschaffungen sind in einer sehr großen Preisspanne erhältlich. Meist muss es gar nicht teuer sein, sondern
es kommt nur auf ein paar besondere Eigenschaften an. Wenn Ihr Fragen habt, nur zu!
Die Liste ist so zusammengestellt, dass ihr für alles gerüstet sein solltet. Ich hatte beim Hurricane schon Stürme, dass der halbe Zeltplatz weggeflogen ist und beim Highfield so steinig trocknen Boden, dass kein Hering gehalten hat.
Hier die ultra-ultimative Festival-Survival-Liste:
1. Das Zelt
Die Auswahl ist riesig... und wer denkt es gäbe kein Zelt 20€ und keines für 2000€, den muss ich enttäuschen. Folgende Dinge sind bei der Auswahl eines guten Zeltes wichtig:
- Die Wassersäule: Sie sollte mind. 3000mm haben. Meiner Erfahrung nach lügen sich die meisten Hersteller dabei selbst in die Tasche. Denn Wasser dringt meist nicht durch die Plane, sondern durch die komischsten Wege ins Zelt. Tipp: Niemals bei Regen die Zeltplane von innen berühren!
- Die Höhe: Ja, ich ziehe mich gerne im stehen um. Zwischen Isomatte und Schlafsack im Liegen meine Jeans anzuziehen, ist nicht mein Ding. Eine Stehhöhe von 180cm finde ich super!
- Der Eingang: Ohne Vorzeltbereich geht es nicht. Wer einmal den Matsch am Schlafsack hatte, weiß was ich meine. Außerdem sollen meine Schuhe bitte trocken im Außenbereich stehen - und nicht im Zelt müffeln.
- Lüftung und Farbe: Hurricane 2013. Nach einer regenreichen Nacht kam morgens recht früh die Sonne raus. Ich wachte um 08:00 Uhr kurz auf - dachte mir schon 'Ist ganz schön warm hier drin' und hatte nach 30 min einen Sonnenstich, nach totaler Überhitzung bei 45°C im Zelt. Eine gute Lüftung, reflektierende und helle Zeltfarben können echt euer Leben retten, denn ihr habt sicher keinen Bock, mit der Sonne aufzustehen.
- Auf- und Abbau: ÜBEN! Es regnet und ihr müsst die Anleitung lesen? Gar nicht lustig. Ihr wollt schnell nach Hause aber das verf***te Zelt passt nicht in die Tasche? Auch nicht lustig. Einmal vorher Auf- und Abbauen ist Pflicht!
-Pflichtzubehör: Gaffa-/Panzertape - versiegelt jeden Riss und hält euch trocken. Abspannleinen werden gerne mal abgeschnitten, gehen verloren oder bei einem Sturm reicht die Abspannung nicht aus. Das Zeug findet ihr unter dem Stichwort "Paracord". Das Wichtigste sind allerdings die Heringe. Vergesst alles, was beim Zelt dabei war. Holt euch ordentliche Stahlheringe und lange Erdnägel. Die Heringe halten in lockerem weichen Boden - und beim Highfield helfen nur Erdnägel. Rein bekommt man Heringe mit einem schweren Gummihammer und raus... so gut wie gar nicht. Aber auch hier gibt einen Trick: Paracord um Hammer und Hering wickeln und kräftig ziehen!
Ansonsten sind Zelte Geschmackssache. Ob Iglu- oder Tunnelzelt - alles hat seine Vor- und Nachteile. Aber schaut euch auch mal Tipi-Zelte an. Die bieten viel Raum, sind schnell aufgebaut, sehr stabil und gar nicht mal so teuer.
2. Sweet Dreams
... gibt's mit einem Feldbett. Ich bin kein Freund von Luftmatratzen - dann lieber eine ordentliche Isomatte. Was den Schlafsack angeht, würde ich keine Kompromisse eingehen. Man verschätzt sich so schnell bei den nächtlichen Temperaturen. 30°C bei Tag bedeuten oft 5°C bei Nacht - genau diese nächtlichen Temperaturen sollten grün hinterlegt, in der Komfortzone eures Schlafsacks gekennzeichnet sein. Oropax und ein Kissen runden den Komfort ab.
3. Packen und Transportieren
Bei mir kommt alles, was kein Wasser mag in Seesäcke (Dry Sac) - die sind günstig und können selbst auf dem Meer ausgesetzt werden, ohne dass der Inhalt nass wird.
Das größte Problem bei An- und Abreise sind die Wege. Ein Fußmarsch von 20 min ist es meistens. Gepäck, Zelte und Bier wiegen ja auch nicht wenig. Beim Hurricane sind die meisten Transportmittel im Schlamm stecken geblieben - beim Highfield wegen der Steine umgefallen. Achtet auf dicke Gummireifen und Möglichkeiten, euer Gepäck festzuzurren. Am besten geht das mit den guten alten Gummispannern - wie früher beim Fahrradsattel.
4. Location
Die Zeltplätze der Festivals sind oft knapp bemessen. Ich bevorzuge Green-Camping, was mittlerweile von vielen Veranstaltern angeboten wird. Hier ist es ruhiger und man bekommt nachts seine 5-6 Stunden Schlaf (wenn man drauf steht). Der Green-Camping-Bereich beim Hurricane war so knapp bemessen, dass teilweise auf den Wegen gezeltet wurde, was die Ordner beim nächsten Rundgang gleich bemängelt haben.
Eine frühe Anreise ist Pflicht!
Beim Aufschlagen des Zeltes gilt: Nie am Hang und nie in einer Talsohle. Am Hang rutsch ihr auch schon bei kleinen Neigungen mit euren Schlafsack Richtung Zeltplane. Das bedeutet bei Regen einen Nassen Schlafsack und im schlimmsten Fall ein gerissenes Zelt. Wer hingegen unten zeltet wird besser von oben mit Kippen beworfen und zeltet bei Regen gleich im neu entstandenen See.
Ich bevorzuge es am Wegrand zu zelten, damit ich mir Nachts nicht meinen Weg durch die verschiedenen Camps bahnen muss - ein ausreichender Abstand zum nächsten Dixie ist für mich Pflicht. Die Dinger stinken zur Hölle, erst recht wenn sie ausgepumpt werden.
5. Euer Camp - eure Hood
Auf Festivals reist man meist mit Freunden - und da ist es super sich ein kleines Basislager zu bauen. Auf den meisten Festivals gilt: Keine Möbel - keine Generatoren.
Pavillons sind super praktisch - sie schützen gleichermaßen vor Regen als auch vor Sonne. Zu 90% sind Pavillons Einmalware. Ein starker Windhauch und die Nähte reißen oder der ganze Pavillon fliegt euch davon - deswegen gilt: entweder super billig - oder gleich richtig hochwertig kaufen (Easy Shelter / Event Shelter).
Jeder von euch sollte einen Campingstuhl dabei haben und ein Tisch ist auch praktisch.
6. Verpflegung
Da scheiden sich die Geister. Die Ravioli in der Dose auf den Gaskocher zu stellen - ist wohl die Paleo-Ernährung bei Festivals und immer noch gerne genutzt. Grillen ist mir zu kompliziert - entweder man verlässt den Parkplatz und kauft frisch ein oder hat am zweiten Tag warme Steaks in der Kühltasche.
Bei allen Festivals konnte ich mich bis jetzt, für im Schnitt 10€ am Tag durchfuttern - als Frühstück hatte ich Kuchen oder Knabberzeug dabei. Beim ersten Festival war ich
noch ein enthusiastischer Im-Camp-Kocher - aber mit Abspülen (lange Wege zum Wasser) etc. hatte ich darauf echt keine Lust mehr.
Mein Mokkakännchen lass ich mir trotzdem morgens nicht nehmen - Kaffee muss sein. Hier noch ein Tipp: Kauft euch einen Gaskocher mit einem Propan/Butan-Gemisch. Damit geht alles viel schneller!
7. Kleidung
Ich bin absolut kein Fashion-Camper. Bei mir muss alles praktisch sein. Das fängt bei den Wanderschuhen an, in denen ich den ganzen Tag bequem stehen kann und die wasserdicht sind (und durch ihre Schnürung nicht im Matsch stecken bleiben - wie Gummistiefel) - über Outdoor-Hose und einem kleinen Gürtelholster. Bauchtaschen gehen gar nicht - aber der Holster ist super. Da kommen Handy, Kippen, Geld und gelbe Säcke rein.
An dem Holster selbst befestige ich meine zwei absoluten Festival-Essentials: Ultrakompakte Regenhose und Regenjacke. Im schlimmsten Fall geht auch ein Regencape (oder ein gelber Sack) - aber wer sich bewegen möchte wird eine Regenjacke zu schätzen wissen.
8. Anything Else
- Stirnlampen sind besser als Taschenlampen
- Akkupacks zum Laden von Handys und Kameras
- Babytücher - feuchte Waschlappen für die Katzenwäsche zwischendurch
- Medis gegen Durchfall, Kopfschmerzen, Übelkeit + Autoverbandskasten im Zelt
- Maltodextrin hilft beim Alkoholabbau
- Elektrolyte (Brausetabletten) bei Kater.
Das sind also meine Erfahrungswerte, wenn es um das Camping auf einem Festival geht. Egal, ob ihr euch eher der schwarzen Szene, einem Raggae-Festival oder dem klassischen Rock-Pop-Hops-Mix zugehörig fühlt: Der Festival-Sommer ist lang. Lasst es krachen!