Bücher aus dem Schwedischen werden in der Regel von Übersetzern übertragen, die Deutsch als Muttersprache beherrschen und die schwedische Sprache in Sprachschulen, Universitäten oder als Autodidakt nach einigen sommerlichen Aufenthalten in Schweden gelernt haben, was logischerweise einige Probleme mit sich bringt.
Natürlich kann ein entsprechender Übersetzer Bücher von Autoren, die aus dem Raum um Stockholm kommen und ein Hochschwedisch benutzen, je nach seiner Qualifikation, gut in die deutsche Sprache übertragen, vorausgesetzt, dass es sich um ein Thema handelt, das keine tieferen Kenntnisse in schwedischer Tradition und schwedischem Verhalten fordert. Bücher von Leif GW Persson oder Kristina Ohlsson können daher ohne größere Probleme in Deutsch veröffentlicht werden, was bei Henning Mankell, Sandra Gustafsson oder Marianne Fredriksson, die bei ihrer Wortwahl bisweilen weit vom Hochschwedisch abweichen, bereits ein größeres Problem darstellt.
Natürlich wird ein deutscher Leser schwedischer Autoren, der Schweden nicht sehr gut kennt, nie erfahren, was er durch eine schlechte Übersetzung verpasst und selbst der Lektor eines Verlages wird eine schlechte Übersetzung unter Umständen als sehr gutes Buch betrachten, was es auch ist. Was in solchen Fällen fehlt, ist nur, dass in entsprechenden Übersetzungen das wahre Schweden zu kurz kommt und deutsches Verständnis mit schwedischem Inhalt gemischt wird.
Ein guter Übersetzer von schwedischer Literatur muss mehrere Jahre in Schweden gelebt haben und die Mentalität der verschiedenen Regionen sehr gut kennen, denn nur dann wird er die Feinheiten des Landes, die Dialekte und eine unterschiedliche Anwendung von Grammatik verstehen und bei der Übersetzung berücksichtigen können. Und nur dann wird er bei älteren Autoren des Wärmlands nicht die norwegisch-schwedischen Worte nach bestem Gewissen erraten müssen, sondern den Geist des Wärmlands mit in seine Übersetzung mit aufnehmen.
Viele schwedische Autoren sind sehr eng an ihre Region gebunden, nicht nur was Traditionen und Brauchtum angeht, sondern auch hinsichtlich der Sprache. Selbst Anna Jansson benutzt in ihrer Wortwahl noch heute Ausdrücke und Redewendungen aus dem Gotland, obwohl sie schon seit vielen Jahren in Örebro wohnt. Wie sollte ein akademischer Übersetzer diese Feinheit bei einer Übersetzung entdecken und bei der Übersetzung berücksichtigen können?
Schweden hat auf einer Fläche, die Deuschland um fast 100.000 Quadratkilometer übersteigt, eine Vielzahl an Kulturen und, man kann auch sagen Regionalsprachen, denn Umeå besitzt ebenso eigenen Worte wie das Dalsland und Göteborg. Die meisten dieser Worte findet man in keinem Lexikon und keinem Wörterbuch. Selbst die Bewohner Stockholms können mit entsprechenden Begriffen oft nichts anfangen, obwohl sie in der Literatur teilweise verwendet werden und sie in der entsprechenden Region bereits Urlaub machten.
Während der kommenden Buchmesse in Göteborg mit der deutschsprachigen Literatur im Fokus können Besucher und Verleger aus dem deutschsprachigen Raum nicht nur deutsche Bücher präsentieren oder schwedische Neuausgaben entdecken, sondern auch einen Blick auf die schwedische literarische Realität und die schwedische Kultur werfen, was einem gegenseitigen kulturellen Austausch nur zu Gute kommen kann.
In den folgenden Wochen werden einzelne Autoren und deren Bücher auf diesen Seiten gezielt besprochen. Als erste Autorin ist für nächste Woche Kristina Ohlsson mit ihrem zweiten Buch „Tusenskönor“ (Gänseblümchen) vorgesehen.
Copyright: Herbert Kårlin