Die Türkei entwickelt sich zu einem islamischen Staat

Auch für mich kommt das nicht unerwartet. Denn wenn ein Land jahrelang vom Westen ignoriert und hingehalten wird, wendet es sich – zumal an der Schnittstelle zwischen Orient und Okzident gelegen – für mich logisch nachvollziehbar – der anderen Seite zu.

Es scheint, als habe sich Ankara – vielleicht noch nicht endgültig, aber sicherlich auf absehbare Zeit – vom Westen enttäuscht abgewendet. Das stolze Land, das sich als Großmacht mit legitimem Führungsanspruch versteht, sucht jetzt sein morgenländisches Glück. Und das schließt eine enge Kooperation mit der potenziellen Atommacht Iran ein.
Eine beunruhigende Vorstellung. An dieser fatalen Entwicklung ist gerade die Europäische Union nicht schuldlos. Über Jahre hinweg ließ man die Türkei bei der Frage einer Mitgliedschaft zappeln. Ein Versprechen folgte auf das nächste, ohne dass es aus Ankaras Sicht einen einzigen Schritt voranging mit den Verhandlungen. Dass dies dem ohnehin labilen Verhältnis schaden würde, lag auf der Hand. Trotzig sucht Erdogan nun nach neuen Wegen, um die von ihm herbeigesehnte Wertschätzung einschließlich einer Führungsrolle zu erhalten. (Quelle)

Muss oder besser: sollte uns das ängstigen?

Ja, das sollte es. Ist doch die kermalistische Türkei ein Beispiel (gewesen?) für einen laizistischen islamischen Staat. Unter Erdogan hat sich hier eine gegenläufige Entwicklung manifestiert, auf die der Westen mit Staunen und Abwinken regierte.

Ich habe viel einzuwenden gegen jede Art von National-Gedusel. Ich mag auch das deutsche nicht. Nationalstolz ist für mich etwas Unnatürliches. Als läge es im Ermessen und in der Entscheidung irgend eines Menschen, in welche Nation er hineingeboren wird. Das ist Zufall. Und auf diesen Zufall soll ich stolz sein? Das erschließt sich mir nicht.

Was dort in der Türkei geschieht hat leider sehr viel mit genau diesem Nationalstolz zu tun. Ich habe keine Ahnung, was die türkische Nation dazu bringt, sich besser als die im gleichen Lande lebenden Kurden zu halten. Oder die Armenier.

Der türkisch-arabische Antagonismus, der bis in osmanische Zeiten zurückreicht, soll unter seiner Ägide ein Ende finden. Und was anstelle der Differenzen des 19. und 20. Jahrhunderts nach Erdogans Vorstellung in Zukunft treten könnte, hat er jetzt Freund und Feind durch eine Rede in Kuwait wissen lassen: eine muslimische Union, bestehend aus der Türkei und den arabischen Staaten. Ein Bündnis, das Potenzial hätte, „die ganze Welt“ zu gestalten. [...]
…deshalb ist es laut Erdogan längst überfällig, dass sich die vereinigte islamische Welt scharf vom Christentum (vermutlich auch vom Judentum) abgrenzt. „Türken und Araber haben diese Gegenden gemeinsam in der Zeit der Kreuzzüge verteidigt“, sagte Erdogan laut einem von der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu verbreiteten Text. Auch später habe man Seit an Seit gegen die „Invasoren“ gekämpft.

Wie viel von diesen bescheuerten Sprüchen mag der Tatsache geschuldet sein, dass “ein christliches Heer” von Bushs Gnaden die Gegend unsicher macht?

Nic


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