"Die Taverne von Jamaika" (deutscher Alternativtitel: "Riff-Piraten") ist Daphne-du-Maurier-Schauertheater, wie es sein sollte: flüsterleise, schattenfixiert, vage. Angsterfüllt. Der Sturm spült die Wellen an die Klippen des Ufers, an dem sie brechen – wie schallgedämpftes Feuerwerk hört sich das meist an. Und mitten in einer englischen Grafschaft, verlassen, abgestorben und isoliert, durchsetzt von Erde, Schlick und Geröll, liegt ein verrufenes, verwunschenes, rustikal gearbeitetes Landhaus, eine "Räuberhöhle" (mit einer Hoffnungsspendendes und Verderbendes in sich vereinenden Hitchcock-Treppe zum Schatz), ein Nest stinkender, unrasierter Gauner, Schmuggler und Mörder, tief verstrickt in Diskussionen, Anteile und Stammtischgejohle. In den ersten Minuten evoziert Hitchcock atmosphärische Kälte allein aus der verwinkelt-expressiv gefilmten Kulisse, die, etwa wie in "Nummer Siebzehn" oder "Rebecca", nicht auf ikonografische Horrorcodes verzichtet. Als einem nie überflüssiger Weitschweifigkeit unterworfenen, beziehungsvertrackten Kostüm-, Versteck- und Abenteuerschinken (drollig: die dilettantische Studioherkunft) schrulligster Verkomplizierungen zählt dieser Film zu den kurzweiligsten, wiewohl altmodischsten Hitchcocks, dessen tragisch-konfliktbeladene Note aufgrund des manipulativen Zuschauervorwissens über bestgehütete Geheimnisse eigens verführt, berührt und schmerzt, wenn sie wissen, dass sie, die unglücklichen Helden, ihr Unheil nicht abwenden werden. Ins Gedächtnis brennend derweil: Charles Laughtons unwiderstehliche Eitelkeiten, der einen prall gefüllten, aufgedunsenen Rechtsverdreher gebührend großtuerisch verzerrt und auch im Untergang über allen thronen muss. Ein archaischer, passgenauer Groschenheft-Hitchcock.
6 | 10