Die Syrien Ohnmacht: NATO in der Zwickmühle, die UNO machtlos, die Türkei bereit zum Krieg

Die Diplomatie redet und verhandelt, Assad lässt weiter töten und die Türkei ist zum Äußersten bereit. Es wird Zeit Lösungen zu finden, ansonsten droht eine humanitäre Großkatastrophe und ein Flächenbrand in Nahost. Aber ist dies den Politikern bewusst?

Die Nato und die Türkei hatten nach Abschuss eines türkischen Militärjets durch syrische Truppen deutliche Warnungen an das Assad-Regime gerichtet. In einer von der Türkei beantragten Sondersitzung des Nato-Rates verurteilte das Bündnis den Abschuss als “inakzeptabel”. Eine solche militärische Aktion dürfe sich nicht wiederholen, hieß es am Dienstag in Brüssel. Seitdem eskalierte die Lage weiter. Es scheint, als ob bewusst auf einen Militärschlag hingearbeitet werde.

Nichts Konstruktives, dafür Säbelrasseln

Die türkische Armee hat nämlich nach der Androhung von Präventivangriffen gegen Syrien damit begonnen, ihre Präsenz an der Grenze zum südlichen Nachbarn massiv zu verstärken. Es wurden zusätzliche Panzereinheiten und schwere Artillerie ins Grenzgebiet im südostanatolischen Nusaybin und Cizre verlegt. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte bereits am Dienstag erklärt, jede syrische Truppeneinheit, die sich der Grenze nähere, werde ab sofort als militärisches Ziel gewertet und bekämpft. Damit ist die Hürde für die Entfachung eines Krieges sehr niedrig gelegt worden. Denn ist eine Annährung eines syrischen Militärfahrzeuges an die Grenze auf syrischen Gebiet bereits eine derartige Annährung, der mit aller Gewalt entgegen zu treten ist?

NATO gelähmt und hilflosdie UNO blockiert

Es ist peinlich für das Militärbündnis. Die NATO befindet sich in der Zwickmühle, kann sie doch nicht einfach militärisch intervenieren ohne das brüchige Verhältnis zu Russland völlig zu zerschlagen und einen Flächenbrand zu riskieren. Russland verfügt an der syrischen Küste über seine einzige Mittelmeer Flottenbasis und hat gute wirtschaftliche Beziehungen zum Assad Regime. Die UN wird in ihren Beschlüssen vom russischen und chinesischen Veto regelmäßig sabotiert; wieder einmal zeigt sich der Sicherheitsrat als nutzloser Papiertiger. In dieser Situation nutzt Assad die Gunst der Stunde und installiert eine neue Regierung mit ausgesuchten loyalen Ministern, die er zugleich auf die Kriegssituation im eigenen Lande einschwört. Wir sind Kriegspartei und als solche müsse man alles daran setzen, den Krieg auch zu gewinnen, lies er verlautbaren und zeigt sich auch eggenüber den ürkischen Drohungen unbeindruckt. Man kann nur vermuten, dass die diplomatischen Kanäle zwischen Ankara und Syrien heisslaufen.

Das Rezept: die Syrien Kontakt Gruppe der UN

Aber die Haupthoffnung setzt die internationale Staatengemeinschaft auf eine von der UN ins Leben gerufene Syrien Kontakt – Gruppe.

Dieser steht Syrien-Sondervermittler Kofi Annan vor. Er hält ein erstes Treffen der noch in dieser Woche für möglich. Bedingung sei aber, dass über konkrete Ergebnisse gesprochen werde, vor allem auch über die Umsetzung seines Friedensplanes. Um den zu unterstützen, dringt Deutschland währenddessen auf konkrete Sanktionen. Die Türkei hat bereits einen Energie Boykott. Noch werden die Stromlieferungen aufrechterhalten, aus humanitären Gründen, wie Ankara betonte.

Annan hatte ein Treffen der Kontaktgruppe für den Samstag in Genf vorgeschlagen. Teilnehmer sollten die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates – USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich – und die Anrainerstaaten sein. Doch das Treffen ist höchst fraglich, weil es vier Tage vorher noch keine Diskussionsgrundlage gab. Viele Länder äußerten zudem Skepsis. Den Ball sehen viele im Feld der Russen: Ob das Töten in Syrien gestoppt werden könne, hänge vor allem von Moskau ab. Konkret heisst das aber, dass Russland seine Blockadehaltung in der UN aufgeben muss, und durch seine Zustimmung zu beschlossenen Maßnahmen ein entschiedenes Signal nach Damaskus schickt. Damit ist nicht zu rechnen, zumindest nicht in absehbarere Zeit.

Aber: Russland würde wenigstens nach Angaben seines UN-Botschafters Witali Tschurkin am Treffen teilnehmen. „Außenminister Sergej Lawrow wird in Genf sein, wenn es ein Treffen gibt“, sagte Tschurkin. „Wir wollen auf alle Seiten einwirken, die Gewalt zu stoppen und wir wollen unsere Unterstützung für den Friedensplan zeigen.“ Man muss sich davor hüten, diese Zusage als Zeichen für Bewegung zu sehen.

Deutschland fordert eine Sanktionsresolution von der UN, der sich dann Russland anschliessen müsse. Das könnte eine Chance sein, zumindest ein deutliches gemeinsames Signal an das Assad Regime zu schicken. Am besten wäre es, das vermögen des Herrscherclans in Europa zu konfiszieren und alle Konten einzufrieren. Wir erinnern uns, im Falle Libyen hat das schon mal recht gut funktioniert. Die Einstellung russischer Waffenlieferungen würde ein weiteres tun.

Wieder einmal zu stellen: die Frage nach einer UN Reform

Während die Diplomatie also noch auf Hochtouren fährt, stirbt das syrische Volk weiter. Dies zeigt wie notwendig es ist, die UN zu reformieren. Das Veto der ständigen Sicherheitsrat Mitglieder muss außer Kraft gesetzt werden. Im Falle einer humanitären Katastrophe müssen Sondergremien mit besonderen Entscheidungsbefugnisse verfügbar sein, um möglichst schnell eingreifen zu können. Da solche Reformen das Bewusstsein darüber vorraussetzen, dass die Zeit der reinen nationalstaatlichen Machtpolitik in Anbetracht der prekären Lage der Menschheit vorbei sein muss, darf man wohl leider nicht vor Ablauf eines weiteren Jahrhunderts von einer Besserung ausgehen.

es grüßt euch René Brandstädter – humanicum


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