Urlaubszeit ist und Springers Primus wartet mit einer jahreszeitkompatiblen Serie auf. Urlaub für immer, nennt sich das recht langweilige, wenig informative Ding. Da kredenzt man dem Leser einen Rentner, der auf Mallorca sein Eiapopeia gefunden hat. Fester Wohnsitz Mallorca! Sein Gesundheitszustand besserte sich auf spanischem Boden ungemein (ein Argument, das bei Florida-Rolf nicht gegolten hat!) und mallorquinische Tomaten und Zitronen schmecken ihm gar köstlich - und überdies durfte er vor Spaniens Monarchin Choräle trällern! Ja, man möchte neidisch werden! Kurzum, es ist ein Berichten für die üblichen Springer-Spießer, die Fernweh befällt.
Und doch bleiben Seltsamkeiten offen, die man mit der üblichen BILD-Hetze in Relation setzen sollte. Ein fader Beigeschmack, denn integriert wirkt der Mann nicht gerade.
Nein, nicht wegen dem speckigen Unterhemd, das dortzulande nur wenige spanische Männer freiwillig anlegen würden. Nein, weil der Herr Rentner nämlich erzählt, dass es tolle Ärzte auf der Insel gibt - was ja nicht weiter stört. Aber nun kommts, ich zitiere: "... die sprechen alle Deutsch." Soso, die sprechen alle Deutsch! Wie denn, spricht der Mann, der nun in Spanien lebt, etwa kein Spanisch? Sind wir etwa schon so weit, dass Inländer Fremdsprachen erlernen müssen, um der Überfremdung Herr zu werden?
Dabei lehrt uns Friedes Flaggschiff seit Jahren, dass sprachliche Integration das A und O sei. Wer hier leben möchte, der muß Deutsch können - nein, der sollte nicht Deutsch können, das klänge ja nach Option, nach Vielleicht, der muß es können, ganz diktatorisch, der muß! Herr Rentner kann aber kein Spanisch, obwohl er in Spanien lebt. Wie soll er sich denn integrieren, wenn die Ärzte ihn auf Deutsch zuschwallen? Wie soll denn Ayşe Deutsch lernen, wenn hier angesiedelte Ärzte türkische Sprechstundenhilfen einstellen, die der Patientin alles übersetzt? So las man das jedenfalls schon oft, wenn man ausländischen Mitbürgern entgegenkam. So weit kommen wir noch, schimpften dann die besorgten Leser, dass wir alle Türkisch lernen müssen. Christian Ströbele empfahl vor Jahren, wir sollten auf die Zuwanderer zugehen und deren Sprache, wenigstens rudimentär, erlernen. Ui, was wütete Springer da! Ströbele, ein Phantast! Ströbele, ein Gutmensch! Eine ganz linke Kanaille! So weit kommts noch!
Aber der deutsche Rentner, Wohnsitz in Spanien, wackelt zum Arzt, der mit ihm Deutsch redet. Ich mache ihm ja keinen Vorwurf, man verstehe mich bloß nicht falsch. Ich mache ja auch dem hiesigen Türken keinen, wenn er mit dem türkischen Mädel im Weißkittel in der Sprache seiner Eltern parliert. Man will ja doch schließlich beim Arzt verstehen, woran man aktuell dem Tode näherrückt. Ich würde mich auch freuen, wenn man mir in einer Sprache, der ich mächtig bin, mitteilen würde, dass ich zu fett bin. Nicht, dass mir am Ende noch entgeht, dass ich es bin. Dem Ollen mache ich keinen Vorwurf, aber denen, die über ihn berichten und wie selbstverständlich abdrucken, dass mallorquinische Ärzte deutscheln, die muß man schon mal nach ihrer Doppelmoral fragen dürfen.
Denn es sind dieselben Knallköpfe, die im Ressort Politik über die Verweigerungshaltung der Muslime räsonieren. Die wollen kein Deutsch lernen, leben in Parallelgesellschaften... der übliche Sermon dürfte nur zu gut bekannt sein, lassen wir ihn deshalb ruhen, zitieren wir ihn nicht nochmals ausgiebig. Diesem doppelmoralischen Dilemma entkäme man jetzt nur, wenn man öffentlich dazu aufrufen würde, dass verrentnerte Deutsche, die ihr Domizil ins Ausland verlegt haben, gefälligst die Heimatsprache zu büffeln haben - das alles im Sinne der Integration und des Respekts gegenüber den Gastgebern. Oder sind, ganz im Gegensatz zu den Deutschen, die sich als Herren in ihrem Lande fühlen, Spanier nicht Herren und dortige Deutsche nicht Gäste? Müssen die Spanier froh, ja dankbar sein, dass da jemand seine Rente bei ihnen verjuxt?
Der Leser springerscher Zoten, die man hausintern Journalismus nennt, darf sich in dem wohligen Gefühl des Wir-dürfen-uns-alles-erlauben! suhlen, welches man ihm da täglich vermittelt. Wer zu uns kommt, soll uns respektieren - zu wem wir gehen, der hat uns Respekt zu zeigen. Schließlich sind wir Hausherren - schließlich sind wir Gäste. Hausrecht - Gastrecht - je nach Bedarf und Situation: stets unser Recht!