Irgendwie haben sie einen Knacks weg. Aber Gott sei dank, welch Worte in dieser Affäre, sind es ja nicht alle Polen. Ein paar zigtausend vielleicht und immerhin 46 Parlamentsabgeordnete. Sie haben einen ganz besonderen Vorschlag zur Rettung ihrer Nation. Noch ist Polen nicht verloren, denken sie. Was ihr Vorschlag ist? Geduld, meine Damen und Herren, ich erzähl es Ihnen gleich.
Wie Sie alle wissen, leben wir in einer Mediendemokratie. Das kann man bedauern, aber es ist nun einmal so. Vorgemacht haben uns das die USA, wo ein zweitklassiger Schauspieler im Jahre 1981 zum Präsidenten gewählt wurde: Ronald Reagan. Popstar for President. In Deutschland ist man zu bierernst, um damit ebenfalls ernst zu machen. Lena zum Beispiel: Erinnern Sie sich noch an Lena? Dieses Mädchenwunder, das im Frühjahr und Frühsommer so hipp war? Sehen Sie: wir leben in einer schnelllebigen Zeit, aber egal. Lena, so der Vorschlag einiger frustrierter Politabstinenzler, hätte Bundespräsidentin werden sollen, das wäre Opium fürs Volk gewesen. Dumm bloß, dass da so Kleinigkeiten wie die Verfassung im Wege standen, die den Bundespräsidententitel erst ab 40 zulassen. Sag’ ich doch: Wir sind einfach zu ernst, wir begreifen nicht, wie wir unsere desillusionierten Volksmassen mit der Politik versöhnen können. Aber wer weiß: Dieter Bohlen, der könnte es doch schaffen, der ist alt genug. Weil das Amt des Bundespräsidenten für die nächsten fünf Jahre vergeben ist, auch so ein blödes Verfassungshindernis, und weil der bierernste Christian Wulff bestimmt nicht zurücktritt, auch wenn er im Streit um Sarrazin alt ausgesehen hat, bleibt nur das Amt des Bundeskanzlers. Die Opposition müsste die FDP für Bohlen gewinnen und gemeinsam Angela Merkel stürzen. Was glauben Sie, wieviele Leute sich plötzlich wieder für Politik interessieren würden?
So, und jetzt zurück zu den Polen, oder haben Sie die vergessen? Keine Angst, ich führe Sie zielsicher durch den Medienjungle wieder dorthin. Weit über tausend Menschen zogen kürzlich durch Warschau und verlangten, wie gesagt in Übereinstimmung mit einigen Parlamentsabgeordneten, dass Polen wieder einen König haben solle. Und wer könnte dann König sein? Wer genießt in Polen eine so große Anhängerschaft, dass er die bedrohte und gefährdete Nation mit Leichtigkeit retten kann? Wer ist der Polnische Superstar? Was, Sie wissen es nicht? Komisch: Andrew Lloyd Webber hat es schon in den frühen siebzigern gewusst. Genau: Niemand anders als Seine Majestät Jesus Christus aus dem Hause Nazareth, Herr des Himmels und der Erden, Befreier derer, die da mühselig und beladen sind, Inhaber der Schlüssel zum Paradies und Heiland der Menschen, gekreuzigt, gestorben und am dritten Tage auferstanden von den Toten. – Kein Witz.
Urheberin dieser Idee ist die Krankenschwester Rozalia Celakowna, die sich in den dreißigern und frühen vierzigern des 20. Jahrhunderts in Krakau um Prostituierte kümmerte. Ende der dreißiger Jahre hatte sie eine Reihe von Visionen. Sie forderte, dass zunächst Polen und dann auch alle anderen Nationen für ihre Sünden Abbitte leisten und Jesus Christus zum König erheben sollten. Nur so, sagte Schwester Rozalia, könne ein großer Krieg verhindert werden. Tragischerweise brach der Krieg kurz darauf tatsächlich aus, und die Krankenschwester überlebte ihn nicht. Aber immerhin wird sie möglicherweise seelig gesprochen, das Verfahren hat die erste Hürde bereits genommen, die Unterlagen liegen nun beim Vatikan. Noch ist Polen also nicht verloren, und der Rest der Welt auch nicht.
Was aber machen die muslimischen Länder? Gut, bei denen ist es verhältnismäßig einfach, sie setzen Mohamed einfach zum König ein. In China wäre es Konfuzius, aber wie wäre das zum Beispiel in Afrika? Nun: Wir leben in einer Mediendemokratie, da können auch die Toten zu Königen werden, irgendwer wird sich da schon finden. Für die nichtchristliche Bevölkerung bräuchte man allerdings einen anderen Helden, auch in Europa. Wie wäre es mit Obelix? Der könnte sich von Zeit zu Zeit an die Stirn fassen und sagen: “Die spinnen, die Polen.”