Die Sexpuppe

Beim Frühstück sitzt sie bei ihm. Sie schweigt. Sie sagt kein Wort. Sie durchschneidet die Luft mit ihrem starren Blick. Bereitwillig liest er ihr aus der Zeitung vor. Nie zeigt sie an etwas Interesse.
Er sieht von der Zeitung auf. Streng. Er räuspert sich.
Du musst dich ändern, sagt er. Du fährst unsere Beziehung an die Wand.
Sie sitzt die Ansprachen aus. Sie sitzt all seine Worte aus. Die Worte perlen an ihr ab.
Er schüttelt den Kopf. Murmelt. Liest weiter.
Sie hat schon wieder nichts gegessen. Dabei hat er sich Mühe gegeben. Er hat ihr ein Brot geschmiert.
Er würde alles für sie tun. Alles. Wirklich alles.
Er hat über solche Frauen gelesen. Sie verweigern die Nahrung. Sie hungern sich zu Tode. Sie wollen sich in Luft auflösen. Sind einem mysteriösen Schönheitswahn verfallen.
Wenn du heute wieder nichts isst, dann …
Er lässt den Satz unausgesprochen. Er will ihr nicht drohen. Auf keinen Fall. Er will sie nicht noch mehr unter Druck setzen.
Er liest weiter. Blickt hin und wieder zu ihr hin. Er muss etwas gesagt haben, was sie beleidigt hat. Ihr Blick. Er kann es an ihrem Blick sehen. Diesem Blick, der sich in einer diffusen Ferne zu verlieren scheint.
Sie hat Heimweh, denkt er. Oder Schmerzen.
Er legt die Zeitung auf dem Tisch. Er beugt sich über den Tisch. Berührt ihre Hand, die sie auf dem Oberschenkel liegen hat. Er mustert sie von oben bis unten, sagt, du hättest dir etwas anziehen müssen. Du wirst dich erkälten.
So sehr er sie liebt, so wenig kann er sie oftmals verstehen. Ihren Körperkult. Ihr Manie, sich im Haus nur nackt zu bewegen.
Soll ich dir deinen Bademantel holen?
Wieder keine Antwort. Und natürlich wird er langsam wütend. Das ist bekannt. Er kennt es. Sie kennt es. Sie haben das beide schon oft erlebt.
Sie beachtet ihn nicht. Er kann das nicht ertragen, wenn sie ihn nicht beachtet.
Und schon steht er neben ihr. Er kann sich nicht daran erinnern, aufgestanden zu sein. Er hat solche Momente. Lücken im Gedächtnis.
Er greift nach dem Marmeladenbrot. Er hält es ihr vor die Nase.
Nichts für ungut, sagt er, aber du wirst das jetzt essen. Ich kann es nicht zulassen, dass du schwächer und schwächer wirst. Du willst doch nicht ins Krankenhaus, oder?
Und als wolle sie ihm ihre ganz eigene Antwort geben, überlässt sie seine Worte dem Schweigen.
Das macht ihn wütend. Er kann das Rot in seinem Kopf bereits sehen. Er reibt die Kruste über ihre Lippen.
Iss das jetzt, sagt er.
Seine Stimme bebt. Er wird heftiger. Zudringlicher. Die Erdbeermarmelade färbt ihre Lippen.
Aber sie hat einen starken Willen. Ihr Mund ist zu einem O geformt. Sie scheint erstaunt, aber nicht willig, etwas von dem Brot essen zu wollen.
Er legt das Brot auf den Teller zurück.
Tut mir leid, sagt er.
Er holt mit der flachen Hand aus. Er schlägt sie auf die Wange. Fest. Ihr Oberkörper wippt hin und her. Fast dachte er, sie würde vom Stuhl fallen. Er schlägt noch einmal zu. Und dann noch einmal. Er hört gar nicht mehr auf. Und natürlich liegt sie dann am Boden. Er liegt über ihr. Er beschimpft sie. Sie würde eine Bestie aus ihm machen. Wieder und wieder. Sie würde das Schlechteste aus ihm heraus holen. Er hätte es satt. So könnte er nicht leben.
Und dann lieben sie sich. Das ist ihre Geheimwaffe. Wenn sie nicht weiter weiß, dann verführt sie ihn. Sie stülpt ihren erstaunten O-Mund über seinen steifen Penis und entführt ihn in ein Gebiet jenseits der Röte.
Er lässt sich fallen. Er kann es nicht fassen. Nicht glauben. Sie hat ihn wieder einmal hereingelegt. Sie hat es wieder geschafft.
Ihre Körper rollen durch die Küche. Man kann ihn stöhnen hören.
Und dann geschieht es. Sie spricht. Sie flüstert. Sie keucht. Er kann es deutlich hören. Ganz deutlich.
Ich liebe dich!
Ja, ich liebe dich auch, sagt er.
Tränen schießen ihm in die Augen. Ihre plötzlichen Worte bringen ihn aus dem Konzept. Er liegt neben ihr und streichelt ihr durch das Haar.
Es könnte alles gut sein, sagt er. Aber du musst etwas dafür tun. Das siehst du doch ein, oder?
Sie sieht zur Decke hinauf.
Du musst jetzt nichts sagen, sagt er. Nicht jetzt. Dieser Augenblick soll uns und unserer Liebe gehören.
Er liebt sie so sehr. Oh Gott. Er würde für sie sterben. Er legt sich auf sie und dringt in sie ein. Ganz sacht und langsam. Sie mag es, wenn er es ihr zärtlich macht. Seine Stöße erinnern an einen Schluckauf.
Er küsst sie auf die geöffneten Augen und flüstert: Ich könnte ohne dich nicht leben!
Dann schließt er die Augen und träumt von ihrer Hochzeitsreise. Ja, irgendwann wird er sie heiraten. Und vielleicht werden sie auch Kinder haben.
Aber davon weiß sie noch nichts. Darüber hat er bisher noch nicht gesprochen.



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