… oder der konforme Journalismus einer neoliberalen Pseudoelite
„…Der Vorgang zeigt: Kampagnenjournalismus ist die vorherrschende und alles überlagernde Form der journalistischen Tätigkeit in Deutschland.
Ohne Zweifel gibt es in deutschen Medien gute und auch kritische Artikel. Aber diese sind leider ziemlich irrelevant, weil die großen Linien der politischen Strategen konsequent durchgehalten und verfolgt werden. Die großen Linien im Kontext der Sendung von Lanz sind der Versuch, eine für das konservative Lager und für das konservativ gewordene sozialdemokratische Lager gefährliche Politikerin auszuschalten, und generell der Versuch, keine Alternative zum schwarzgelbrotgrünen Lager aufkommen zu lassen. Ein Teil der Linkspartei wird nicht mehr sonderlich gefährlich, weil angepasst. Sahra Wagenknecht und ihre Gruppe kann dem Dauer-Machtanspruch des konservativen und neoliberal eingefärbten Lager jedoch gefährlich werden, weil sie in das so genannte bürgerliche Lager hinein wirkt, und insgesamt sie und ihre Verbündeten im linken Lager sachlich und inhaltlich – etwa in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, wie auch in der Europa- und Währungspolitik – Alternativen zur herrschenden Linie präsentieren.
Die Medien werden ihrer eigentlichen Aufgabe, das politische Geschehen kritisch und damit konstruktiv zu begleiten, nicht gerecht. Sie sind mitverantwortlich dafür, dass man deshalb auch im Blick auf Deutschland von einer funktionierenden Demokratie nicht sprechen kann.
Wenn sich die Regierenden wie zum Beispiel Angela Merkel praktisch alles leisten können, die Spaltung unserer Gesellschaft in Superreich und Arm wie auch den Ruin anderer Volkswirtschaften und damit der europäischen Einigung und des gemeinsamen Währungsraums, weil fundierte Kritik in den Medien ausbleibt oder nur in Nischen jenseits der Linien der großen Kampagnen stattfindet, dann kann man von einer funktionierenden Demokratie nicht mehr sprechen. Dies in Deutschland zu sagen, ist gefährlich, weil man dann sofort als radikal abgestempelt wird. Aber diese Gefahr muss man hinnehmen, wenn man die Realität beschreiben will.
Die Sendung mit Lanz war auch für dieses Thema lehrreich: Immer wieder wird nämlich von den Pächtern der Demokratie, wie sie etwa Lanz und Joerges darstellen, der Versuch gemacht, das Bestehen demokratischer Verhältnisse bei uns dadurch als selbstverständlich darzustellen, dass man anderen vorwirft, sie würden das infrage stellen. Sahra Wagenknecht wurde heftig angekreidet, dass der diskutierte Text der Linken den Vorwurf enthalte, die EU sei undemokratisch. Die normale Wirkung dieses Vorwurfs beim Publikum ist die unterschwellige Behauptung, die EU sei selbstverständlich eine demokratische Einrichtung. Damit wird verunmöglicht, eine sachliche Diskussion über den tatsächlichen Zustand der EU zu führen…“
Quelle und gesamter Text: http://www.nachdenkseiten.de/?p=20257
„Der Pesthauch des Konformismus
Markus Lanz hat sich wie ein wildgewordener Kleinbürger benommen, er war unhöflich, aufdringlich und laut, er war grenzüberschreitend und dabei von einem vorgetäuschten Willen zur politischen Härte und Aufklärung getrieben. Er beleidigte nicht nur seinen Gast Sahra Wagenknecht, er desavouierte gleich auch noch sein Studiopublikum, er unterbrach Wagenknecht mit kindischer Penetranz und nannte sie dafür am Ende “frech”, was im geschmacksverstärkten Gebührenfernsehen ja ein Moment der tragischen Schönheit und der Wahrheit hätte sein können; alle Masken unten, alle Menschen nackt – wenn dieser Auftritt nicht viel zu armselig und damit auf unangenehme Weise erhellend gewesen wäre. Eine Art rhetorischer Zangenübergriff von Lanz gemeinsam mit Hans-Ulrich Jörges, der das Wort “Stuss” so heftig hervorstieß, dass es wie eine Form der Schnappatmung wirkte.
…
Denn das war der Kern, das Motiv, das eigentlich Verstörende an dem Auftritt von Markus Lanz – die Art und Weise, wie er sein Denken als das Denken der Mehrheit und als das einzig vernünftige und mögliche und wahre Denken präsentierte, alles auf die Spitze getrieben in der bekenntnishaften und zwanghaft wiederholten Quatschfrage an Sarah Wagenknecht: Für Europa oder gegen Europa, sind Sie für oder gegen Europa, sagen Sie schon, im Ernst, ernsthaft, kommen Sie schon, für oder gegen Europa!? Was sich anhörte wie: Sind Sie für uns oder gegen uns? Machst du mit oder bist du ein Verräter?
Was sich hier zeigt, ist ein aggressiver Konformismus, der das Programm und das Denken dieses Senders durchzieht und letztlich im öffentlich-rechtlichen Dauergerede über die Quote wieder auftaucht – denn das Wort Quote ist ja nur ein anderes Wort für Mehrheit, ist die Quantifizierung von Qualität und die forcierte Homogenisierung von Geschmack. Und es hat weniger mit dem emanzipatorischen Aspekt von Masse zu tun, wie von öffentlich-rechtlicher Seite gern angeführt wird, und mehr, wie es Lanz im Grunde vorbildlich entlarvend vorgeführt hat, mit dem forschen, fordernden, “frechen”, wie Lanz sagen würde, Umgang mit allen, die sich nicht aufs ZDF-Niveau begeben wollen und die sich nicht damit zufriedengeben wollen, dass das Fernsehen verloren ist.
Der Protest und die Petition gegen Markus Lanz sind damit vor allem ein Aufschrei gegen Stil, Inhalt und Zustand dessen, was eigentlich das demokratische Fernsehen sein sollte.“
Quelle und gesamter Text: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/das-undemokratische-zdf-markus-lanz-und-sahra-wagenknecht-a-945361.html