Titel: Die Schwester der Königin
Autor: Philippa Gregory
Übersetzer: Ulrike Seeberger
Format: Taschenbuch
Preis: 9,95 €
Seitenzahl: 692 Seiten
Verlag: Aufbau
ISBN: 978-3-7466-2225-5
Bewertung: 5 Sterne
Inhalt
Mary Boleyn kommt mit 14 Jahren an den englischen Königshof. Henry VIII. regiert dort bereits mit seiner Königin Katharina von Aragon. Als das junge und schöne Mädchen dem König ins Auge sticht schreckt ihre Familie nicht davor zurück die frisch verheiratete Mary in das Bett des Königs zu manövrieren. Zwischen all den Intrigen am Hof ist jedoch nichts so gefährlich wie die Mätresse des Königs zu sein, denn Henry bei Laune zu halten ist ein sehr schwieriges unterfangen und seine Aufmerksamkeit wendet sich nach einiger Zeit immer mehr Marys Schwester Anne zu. Wird die Rivalität der Schwestern ihre Liebe zueinander trüben und was wird mit Mary passieren, wenn sich der König für Anne und gegen sie entscheidet?
Ich weiß nicht mehr genau wie lange dieses Buch tatsächlich auf meinem SuB gelegen hat. Es waren in jedem Fall mehrere Jahre und ich habe eindeutig viel zu lange damit gewartet es endlich zu lesen. Als ich mit Studienfreunden auf eine Hütte gefahren bin wollte ich unbedingt ein Buch mitnehmen, um mich aus der Leseflaute zu retten. Die Wahl ist schnell getroffen gewesen „Die Schwester der Königin“ und an diesem Wochenende habe ich über die Hälfte der Geschichte dann auch gelesen.
Vorab eine kleine „Warnung“ für diejenigen, die sich am Hof von Henry VIII. nicht auskennen und daher die Geschichte von Mary und vor allem Anne Boleyn nicht kennen, diese aber gerne noch erfahren würden: diese Rezension ist was das Schicksal von den Boleyns angeht nicht spoilerfrei. Das Buch an sich ist sehr gut für einen Einstieg in das Genre historische Romane geeignet, wer aber gerne spoilerfrei an die Geschichte herangehen möchte, der sollte von meiner Rezension Abstand nehmen, da ich Details verrate.
Die Geschichte rund um Mary und Anne Boleyn ist mir nicht unbekannt. Ich wusste bereits vor dem Lesen des Buches was für eine Rolle beide Frauen im Leben von Henry VIII. gespielt haben und es war keine Überraschung welche Wendungen darin vorkommen. Trotzdem hat es Philippa Gregory geschafft mich an dieses Buch zu fesseln. Sie hat Mary so unglaublich liebenswürdig und bewundernswert dargestellt, dass ich gar nicht anders konnte als immer weiter zu lesen. Ich wollte wissen wie es ihr ergeht, obwohl ich es ja eigentlich schon wusste.
Ich habe von Gregory bereits mehrere historische Romane gelesen und weiß, dass sie gekonnt historische Tatsachen und unbestätigte Gerüchte miteinander verbindet. So auch in „Die Schwester der Königin“. Es ist Tatsache, dass Mary bereits mit William Carey verheiratet war, als sie die Mätresse des Königs wurde. Und es ist Tatsache, dass sie zwei Kinder bekommen hat: Catherine und Henry. Umstritten ist, ob die beiden Kinder mit König Henry gezeugt wurden oder mit ihrem Ehemann William. Im Roman werden sie eindeutig als Kinder König Henrys bezeichnet, jedoch scheint dies eher ein offenes Geheimnis zu sein, da beide den Namen Carey tragen. Die Außenwelt scheint kein Problem damit zu haben und so werden die beiden auch nicht als Bastarde betitelt. Mary liebt ihre Kinder wie nichts auf der Welt und es fällt ihr unglaublich schwer fernab von ihnen zu leben. Der König hält sie an der kurzen Leine und als er langsam das Interesse an ihr verliert und sich Anne zuwendet ist Mary sogar erleichtert.
Ich mochte Marys Art und Weise. Sie muss sich vielem Fügen und wird nicht nach ihrer Meinung gefragt, denn sie ist eine Frau und wird nur als Spielball hin und hergeschoben, wie es ihrer Familie passt. Doch als Anne in den Mittelpunkt gerät ist Mary nicht mehr eifersüchtig auf ihre Schwester. Sie denkt viel zu sehr an ihre Kinder als dass sie sich um den König Sorgen machen möchte. Sie unterstützt ihre Schwester wo sie nur kann, ist für sie da, hält ihre Launen aus und versucht trotzdem ihr eigenes Leben irgendwie zusammen zu halten.
Es ist unglaublich, dass sie die Affären der Boleyns mit dem König über so viele Jahre gehalten haben. Dass sich sowohl Mary als auch Anne so lange um den König bemüht haben und dass Anne es schließlich gelingt ihn vollends für sich einzunehmen. Ich bin vollkommen fasziniert von dem Ehrgeiz und dem Willen dieser Familie und vor allem von Anne. Sie hat alles daran gesetzt Königin von England zu werden und sich und ihre Familie abzusichern. Sie wollte Titel, Ländereien und Einfluss. Nicht nur die Mätresse des Königs sein. Nein, sie wollte alles und hat es auch bekommen.
Philippa Gregory stellt ihre Art wirklich wunderbar dar und Anne unterscheidet sich quasi in allen Punkten von Mary. Sie sind wie Tag und Nacht. Mary das unschuldige Mädchen, das sich danach sehnt eine Familie zu haben und den Intrigen bei Hof entfliehen zu können und Anne, die genau weiß wie sie ihre Reize einsetzen muss, um jeden Mann, aber vor allem den König, zu beeindrucken. Doch so schnell und hoch wie Annes Stern aufsteigt und der von Mary verblasst, so schnell kann die Familie Boleyn auch wieder fallen, denn der Druck, der nun auf Anne lastet, könnte die ganze Familie in Ungnade fallen lassen.
Es ist unfassbar spannend und aufregend mitzuerleben, wie die Familie ihre Kinder als Spielbälle nutzt, um selbst zu großen Einfluss zu gelangen und wie wenig letztlich die beiden Frauen wert sind, als das, was sie versucht haben, nicht zu gelingen scheint. Anne hat zwar die Gunst des Königs erlangt und wurde Königin, doch kann sie seine Erwartungen erfüllen?
All diese Fragen hat Philippa Gregory perfekt eingearbeitet und durch Marys Augen sieht man die gesamte Familie in einem ganz anderen Licht. Es war mir wirklich eine große Freude wieder am königlichen Hof zu sein und all diese Machtkämpfe und Intrigen mitzuerleben. Anne Boleyn wird für mich wohl immer die faszinierendste Königin Englands sein, denn was sie geschafft hat, hat England für immer verändert. Und vor allem ihr Untergang ist unfassbar tragisch, voller Ungewissheiten und Gerüchten. So viele falsche Anschuldigungen wurden ausgesprochen und letztlich wurde sie für etwas verurteilt, was sie aller Wahrscheinlichkeiten nach nicht getan hat.
Fazit
Philippa Gregory hat mit „Die Schwester der Königin“ ein wunderbares Buch über eine Familie geschrieben, die von ihrem Ehrgeiz und ihrem Machthunger getrieben, alles aufs Spiel gesetzt hat, um Erfolg zu haben. Man kann Aufstieg und Untergang von zweier Frauen miterleben, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch denselben Zwecke erfüllen sollten. Ich habe die Geschichte geliebt und kann es kaum erwarten noch weitere Bücher von Philippa Gregory zu lesen. Sie ist einfach mein persönlicher Star, wenn es um historische Romane geht.