Sahra Wagenknecht, stellvertretende Vorsitzende der Partei DIE LINKE und Erste stellvertretende Vorsitzende der Fraktion, hat einen Artikel in der FAZ verfasst. Und nicht nur in dieser Zeitung, sondern auch mundgerecht aufbereitet für deren nicht gar so kommunistenfreundliche Leserschaft.
Titel: "Europa in der Krise Schluss mit Mephistos Umverteilung!" (08.12.2011).
Die Frau ist nicht nur hübsch; sie schreibt auch wunderbar (was die allermeisten Leserkommentare, einschließlich der kritischen, auch anerkennen). Das kann man jedenfalls dann mit Sicherheit sagen, wenn wirklich der ganze Artikel aus ihrer Feder stammt und nicht (wie einige Leserkommentatoren vermuten) Lafo, also ihr Lebenspartner Oskar Lafontaine, mitgeholfen hat. (Ihre Bücher kenne ich nicht und würde mir eine Lektüre auch nicht antun.)
Zunächst einmal zitiert sie aus Goethes Faust, wo eine moralisch heruntergekommenen Gesellschaft auf Anraten von Mephistopheles ungedecktes Papiergeld einführt,
"das in dieser Gesellschaft natürlich nicht für produktive Investitionen genutzt, sondern in einem dekadenten Luxusrausch verbraten wird. Am Ende bricht der Spuk zusammen, und das Land versinkt endgültig in Armut und Anarchie."
Dann erklärt sie (vordergründig) zwei Lösungswege für gefährlich, die auch den FAZ-Lesern (mich eingeschlossen) suspekt sind, nämlich die Ausgabe von Eurobonds und den bedingungslosen Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB.
Eurobonds, die sie ohne Umschweife als "Vergemeinschaftung der Schulden" bezeichnet, lehnt sie wegen des Verlustes der nationalen Haushaltssouveränität ab:
"Am Ende würde über die Ausgaben für italienische Universitäten oder spanische Arbeitslose in Brüssel oder, schlimmer, in Frankfurt oder Berlin entschieden."
Das ist aber keineswegs der wahre Grund für ihre Ablehnung von Eurobonds. Den hat sie vielmehr in ihrer Pressemitteilung vom 24.11.2011 "Merkel muss Geisterfahrt beenden" genannt:
"Auch Eurobonds machen keinen Sinn, wenn sie an die Bedingung brutalen Sozialkahlschlags geknüpft werden".
Mit anderen Worten: Sie hat nicht das geringste Problem damit, dass Eurobonds den Schlamperländern eine Fortsetzung ihrer Politik der Wählergeschenke, wie etwa Frühverrentung, Nichteinziehung der Steuern (speziell in Griechenland, aber, wer weiß, vielleicht kommt so etwas auch in anderen Ländern in geringerem Umfang vor) oder einen lauen Job beim Staat oder bei einem Staatsbetrieb mit hoher Bezahlung gegen geringste Leistung.
Hier haben wir sie also bei ihrer ersten Lüge erwischt, denn nicht die Aufgabe von Souveränität stört sie an den "Stabilitätsbonds", sondern der damit (wenigstens der Absicht der EU-Kommission nach) verbundene Zwang zum Sparen für die Empfängerländer.
Das hatte sie ausführlicher bereits am 21.11.2011 in ihrer Pressemitteilung "Euro-Bonds à la Barroso werden Krise nicht bewältigen" die Öffentlichkeit wissen lassen:
"Euro-Bonds sollen jetzt 'Stabilitätsbonds' heißen. Das zeigt, wohin die Reise gehen soll. Solche Euro-Bonds wären nur machbar, wenn die Brüsseler Bürokratie den EU-Mitgliedstaaten ganz im merkelschen Sinn die Haushaltspolitik diktierte. Das aber wäre undemokratisch und krisenverschärfend ... . Euro-Bonds, so wie sie jetzt von der EU-Kommission vorgeschlagen werden, können die Krise nicht bewältigen. Sie würden eine Fortsetzung der erbarmungslosen Kürzungsprogramme voraussetzen."
Den bedingungslosen Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB nennt sie ein "Fluten der Märkte mit Zentralbankgeld". Das würde nach ihrer Meinung
"zwar nicht unbedingt Inflation, aber ganz sicher die nächste große Finanzmarktblase nach sich ziehen und den längst viel zu groß gewordenen Finanzsektor weiter aufblähen."
Ihrem Lösungsvorschlag schaltet sie, was grundsätzlich ja immer sinnvoll ist, eine Ursachenerörterung vor. Dabei steht schon a priori für Frau Wagenknecht fest, dass die Staaten absolut schuldlos sind; kein einziger, Griechenland eingeschlossen (!) hat zu viele Schulden gemacht:
"Die banalste und dümmste, von der Bundesregierung offenbar geteilte Krisenerklärung besteht darin, dass einige Staaten jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt haben und deshalb jetzt zum Sparen gezwungen werden müssen."
Banal ist das in der Tat, aber dumm?
"Mit Verweis auf diese Erklärung wurde Griechenland zunächst als „isolierter Fall“ behandelt. Eine These, die sich in der Folge ebenso blamierte wie die meisten anderen, mit denen die Bundesregierung sich seit Beginn der angeblichen Euro-Rettung hervorgetan hat."Mit anderen Worten: das korrupte Griechenland, dessen Verwaltung die OECD soeben eine totale Ineffizien und Reformunfähigkeit bescheinigt hat, ist genau so ein Fall wie alle anderen auch - und folglich auch so zu behandeln. Folgerichtig fordert Sahra Wagenknecht denn auch in der o. a. Pressemitteilung (und in vielen anderen ebenso):
"Die Kürzungsprogramme müssen umgehend beendet ... werden." Dass das Balkananhängsel Griechenland dabei eingeschlossen ist ergibt sich daraus, dass sie dieses Steuerhinterzieherparadies ständig als Negativbeispiel für die bösen Folgen staatlichen Sparens hinstellt. Wäre es für eine Linke nicht logischer, Griechenland zu einem energischen Steuereinzug aufzufordern, anstatt das Land mit neuem Geld aus der Notenpresse zu versorgen?
Im Zentrum ihrer Krisenanalyse steht Irland. Deutschland wird am Rande erwähnt mit der Behauptung, im Rahmen der Agenda 2010 habe ein "beispielloser sozialer Raubbau" stattgefunden. Fragt sich nur, wieso dann trotzdem die Staatsschulden gestiegen sind!
Bei Irland mag es zutreffen, wenn sie schreibt:
"Die Explosion der irischen Staatsschulden geht nahezu ausschließlich auf das Konto der irischen Banken. Mit diesen wurden natürlich auch ihre Gläubiger, also nicht zuletzt deutsche Banken und Versicherungen, gerettet. Wie die „Financial Times“ zu berichten wusste, war bei der irischen Bankenrettung erheblicher Druck von Seiten der EZB im Spiel. Wäre Irland den Weg Islands gegangen, hätten die Iren heute kein Staatsschuldenproblem, die Deutschen dafür ein umso größeres."
Allerdings hat Irland die Banken u. a. auch durch eine laxe Regulierung angelockt; nur deshalb konnten sie in diesem Land ein derart großes Rad drehen.
Und in Spanien, von dem sie ebenfalls (zu Recht oder Unrecht) behauptet
"Auch die spanische Staatsschuldenkrise ist in erster Linie ein Produkt der spanischen Bankenkrise"
liegt der Bankenkrise eine Immobilienkrise zu Grunde. Auch hier hätte die Regierung die Möglichkeit gehabt, zu einem früheren Zeitpunkt regulierend einzugreifen (z. B. die Beleihungsgrenzen zu senken).
Als weitere Ursache des Verfalls der Staatsfinanzen erwähnt sie, vermutlich zutreffend, die Steuerkonkurrenz der Euro(zonen)länder.
Auf der Bankenseite erklärt sie die Krise so:
"Die Kluft zwischen Wirtschaftsleistung und Schuldenberg wurde dadurch von Jahr zu Jahr größer. In der Finanzkrise 2008 eskalierte dieser Widerspruch zum ersten Mal, und die seither verfolgte Politik lässt sich auf einen kurzen Nenner bringen: Sie tut alles, um eine Entwertung der Schulden zu verhindern. Auf Dauer kann das nicht gutgehen."
Der über diesem Absatz eingefügte Zwischentitel "Die Schuldenentwertung ist der falsche Weg" ist natürlich falsch. Ich kann nicht wissen, ob er von der Zeitung eingefügt wurde, aber es könnte auch die Autorin gewesen sein, die sich da geirrt hat. (Dass, wenn der Zwischentitel überhaupt von ihr stammt, sie einen bewussten Täuschungsversuch unternommen hätte, will ich ihr schon deshalb nicht unterstellen, weil sie auch anderweitig schon Probleme mit einer Überschrift hatte: "Staatspleiten am Horizont. Die Finanzkrise kann nur gegen Finanzlobby und Superreiche durchgesetzt werden" überschrieb sie, lt. ihrer Homepage, einen Artikel in der Zeitung Junge Welt vom 08.01.2011. Ich selbst hege zwar keinen Zweifel daran, dass die LINKE sehr schnell eine neue Finanzkrise "durchsetzen" würde, aber Frau Wagenknecht selbst glaubt das doch sicherlich nicht? Oder sollte der Fehler ein Freudscher Verschreiber gewesen sein? (Vielleicht lassen aber diese eigentlich kleineren Fehler sogar darauf schließen, dass es ihrem Denken ganz grundsätzlich an logischer Rigorosität mangelt.)
Übrigens verkündet sie in dem Staatspleiten-Artikel u. a.:
"Ohne die Finanzkrise würden wir heute nicht über mögliche Staatspleiten in der Euro-Zone diskutieren."
Das steht in einem gewissen Widerspruch zu ihrer o. a. Krisenanalyse, wonach nicht zuletzt die 'neoliberalen' Steuergeschenke an die Besitzenden Schuld an den hohen Staatsschulden gewesen sein sollen. Auf zwei andere interessante Passagen in diesem Aufsatz von Sahra Wagenknecht komme ich später noch zu sprechen.
In ihrem FAZ-Aufsatz geht es weiter mit einem Absatz, der es in sich hat:
"Wenn ein Markt ein Gut in größerer Menge produziert, als es Abnehmer dafür gibt, wird dieses Gut irgendwann entwertet. Der Finanzmarkt hat weit mehr Schulden produziert, als wirtschaftlich tragbar sind und sich aktuell refinanzieren lassen. Eine Politik, die sich mit allen Mitteln gegen eine Entwertung der Schulden stemmt, kann also bestenfalls Zeit kaufen. Am Ende müssen Schulden – und damit auch Vermögen – entwertet werden. Die einzige Frage ist: wessen Vermögen."
Krass falsch ist natürlich die Behauptung, dass "der Finanzmarkt" die Schulden produziert habe, jedenfalls soweit es sich um Staatsschulden handelt. Bei den amerikanischen Hypothekenschuldnern mag das anders sein; die wurden nach allen Regeln der Marketingkunst zum Schuldenmachen verführt - aber doch nicht die Staaten. Entlasten will sie (Gegenteiliges kann ich aus ihren mir bekannten Texten nicht entnehmen) aber gerade nicht die marketingverführten Privatpersonen, sondern die Staaten. Das heißt auf der argumentativen Ebene besteht eine Diskrepanz zwischen Begründung und Begünstigten der von ihr vorgeschlagenen Maßnahme. Zumindest müsste sie, wenn sie die Staaten auch zu Schuldenverführten erklären wollte, dann auch für deren Schulden eine Entwertung vorsehen. (Da würde ich es dann bedauern, mich nicht bis über die Halskrause verschuldet zu haben, um später mein Häuschen von den Kommunisten entschulden zu lassen. Und ebenso müsste nbei einer Entwertung der Staatsschulden alle Staaten, die wenig Schulden haben - die arme Slowakei z. B. - ihre Verschuldungsscham bereuen.)
Also, liebe Frau Wagenknecht: Mit welcher Begründung wollen Sie lediglich die Staatsschulden kürzen, wenn doch angeblich die Schulden insgesamt zu hoch sind?
Dann kommt sie noch einmal auf die Eurobonds zu sprechen und ihr fällt noch ein weiterer Grund gegen diese ein:
"Eurobonds wären nur ein weiterer Versuch, die Entwertung von Schulden durch Vergemeinschaftung der Schuldenlast aufzuhalten. Die aktuellen Schwierigkeiten des europäischen Rettungsschirms, Geld bei privaten Investoren einzusammeln, sprechen dafür, dass auch die Zinssätze auf Eurobonds tendenziell steigen würden. Wachsende Teile der europäischen Steuereinnahmen würden so vom Zinsdienst aufgezehrt. In nicht allzu langer Zeit könnte die Eurozone mit Eurobonds genau da stehen, wo Italien und Spanien heute sind."Eine von den LINKEN geführte Eurozone könnte nicht nur, sie würde ganz schnell dort stehen, wo Italien schon heute ist, und sehr rasch den Weg gen griechisches Zinsniveau gehen. Denn staatliche Sparbemühungen hasst Frau Wagenknecht ja wie die Teufelin* das Weihwasser, wie oben u. a. bei den "Stabilitätsbonds" gezeigt. Von daher ist ihre Befürchtung absolut berechtigt - allerdings auch meine Befürchtung, dass diese Frau die Notenbank zum Gelddrucken wie verrückt zwingen würde.
* auch ich bin halt für Gender-Mainstreaming!
Staatsknete muss her, und nun folgt, etwas unlogisch, unter dem Zwischentitel "Dem Rettungsschirm fehlt die Banklizenz" zunächst eine Forderung nach Belastung der Besitzenden:
"Statt für das entstandene Schuldendesaster griechische Rentner [warum erwähnen Sie hier nicht auch die griechischen Steuerhinterzieher, liebe Frau Wagenknecht?], und deutsche Steuerzahler bluten zu lassen, bietet sich als Alternative an, genau die Vermögen heranzuziehen, die ihre Entstehung ebenjener neoliberalen Agenda verdanken, die auch die Staatsschulden eskalieren ließ. ..... Die Zahlen zum Finanzvermögen der europäischen Oberschicht zeigen: Genug Geld wäre vorhanden, ohne eine Lebensversicherung oder die Altersvorsorge mittlerer Einkommensbezieher anzutasten."
Auch die Oberschicht gehört natürlich zu den Steuerzahlern; insoweit ist eine weitere (aber vermutlich unbeabsichtigte) Lüge, wenn sie formuliert "statt ... deutsche Steuerzahler bluten zu lassen."
Eigentlich habe ich auch gar nichts dagegen, die Reichen zu rupfen, weil auch ich glaube, dass die Konzentration des Geldes bei den Besitzenden eine wesentliche Ursache der Finanzkrise war. In diesem taz-Interview vom 26.02.2009 fordert sie "eine radikale Umverteilung der Einkommen und Vermögen von oben nach unten" wofür ich, als Anhänger einer Art Unterkonsumtionstheorie für die Krisenerklärung, durchaus Sympathie habe. Nur sehe ich die Gefahr, durch solche Maßnahmen die Privatwirtschaft zu zerstören, bzw. die Motivation für Unternehmer. Zwar sagt auch sie: "Man braucht Leistungsanreize". Wenn sie allerdings die Manager-Vergütung daran koppeln will,"wie sich die Löhne im Unternehmen entwickeln und an die Zahl der Arbeitsplätze", dann ist eine Ökonomie à la griechische Staatsbetriebe nicht weit). Konfiskatorische Besteuerung wäre also vorher sehr präzise auf ihre voraussichtlichen Auswirkungen, nicht nur unmittelbar rechnerischer Art, zu durchdenken. Aber Sahra Wagenknecht will ja ohnehin eine Wirtschaftsform, in der "Schlüsselbereiche der Wirtschaft und die Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand sind".
Und dass sie dann noch das Geld deutscher Reicher den unfleißigen (faul sind die ja nicht, Gott bewahre!) griechischen Staatsbediensteten, toten Rentnern und quicklebendigen Steuerhinterziehern in die Villen werfen will, begeistert mich eher weniger: dann möge es doch bitte lieber in meine Richtung fließen!
Der 2. Absatz bringt eine von Frau Wagenknecht nicht logisch begründete (und auch nicht begründbare) Volte in ihrem Gedankengang (meine Hervorhebung):
"Solange die Staaten in ihrer Finanzierung allerdings vom Goodwill der privaten Kapitalmärkte abhängig sind, auf denen die Interessen der Banker und ihrer reichen Klientel den Ausschlag geben, ist ein zu deren Lasten gehender Ausweg versperrt. Entscheidend ist daher, sich von dieser Abhängigkeit zu befreien. Dazu gäbe es ein einfaches Mittel: Der europäische Rettungsschirm EFSF müsste eine Banklizenz erhalten, was ihm ermöglichen würde, sich zinsgünstig Liquidität bei der EZB zu verschaffen. Mit diesem Geld sollten dann allerdings nicht Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt erworben, sondern niedrig verzinste Kredite direkt an die Euro-Staaten vergeben werden. Damit würde die öffentliche Hand die Hoheit über die Zinssätze zurückgewinnen – die sie in der unmittelbaren Nachkriegszeit schon einmal hatte, als sich etwa die Vereinigten Staaten durch staatlich regulierte Niedrigzinsen entschuldet haben. Inflationstreibend wäre das nicht, solange sich die Kreditvergabe in einem vernünftigen Rahmen bewegt."
Der in dem ersten Satz behauptete Kausalzusammenhang ist absolut unverständlich. Wieso sollte die Verschuldung der Staaten bei den Bürgern (vorzugsweise der Oberschicht), die Regierungen daran hindern, die Steuern zu erhöhen und die Ausgaben zukünftig voll aus Steuern zu finanzieren? Und warum soll nicht darüber hinaus noch etwas für die Tilgung der Altschulden übrig bleiben? Hatte sie nicht vorher im selben Text gesagt, dass die neoliberalen Steuersenkungen an der Schuldenkrise Mitschuld trügen? Und in dem Moment, wo die Gelder aus den Steuererhöhungen eingehen, sollte der Staat doch nicht mehr auf Kredit angewiesen sein?
Selbstverständlich wäre es möglich, die Neuverschuldung (und die zur Rückzahlung anstehende Altverschuldung) voll aus neuen Steuern zu bezahlen: hat doch Frau Wagenknecht oben selbst gesagt, dass die Reichen dafür reich genug sind! (Natürlich kann man jetzt allerlei praktische Hinderungsgründe aufzählen; die kenne ich auch. Aber nicht um den Unterschied zwischen Theorie und Praxis geht es hier, sondern um den seltsamen Bruch in der Argumentationskette der schlauen Sahra. Die Annahme, dass man die erforderlichen Steuererhöhungen tatsächlich durchsetzen könnte, muss ihr in dieser theoretischen Perspektive zunächst zugestanden werden).
Also: worum geht es ihr wirklich? Zunächst einmal darum, dass der Eurettungsschirm unbegrenzt Kohle von der Notenbank kriegen kann. Denn wer Sparauflagen für die Empfängerländer ablehnt, öffnet dem fröhlichen Geldausgeben Tor und Tür. Insofern hat sie bewusst gelogen (2. Lüge), wenn sie oben den "bedingungslose[n] Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB" als ein "Fluten der Märkte mit Zentralbankgeld" verurteilt hat: denn genau darauf läuft ihr Plan hinaus, die Schleusen der Geldkammern volle Pulle für die Regierungen zu öffnen. Dass da eine Institution zwischengeschaltet ist, die sich EFSF, ESM oder wie auch immer nennt, ist bedeutungslos: die soll ja den Regierungen keinerlei Auflagen machen dürfen. Für die Inflationsrisiken ist es auch bedeutungslos, ob das Geld zunächst in die Märkte geht (Anleihekauf via Banken) oder nicht: schließlich soll es doch ausgegeben werden, und danach 'flutet es die Märkte' auf jeden Fall.
Freilich, einen nicht unwesentlichen Unterschied gibt es doch: der Eurozonen-Rettungsschirm soll ausdrücklich "nicht Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt" erwerben. Aber das könnte (und müsste man in diesem Falle ohnehin) der EZB untersagen (wie übrigens auch den Staaten, denn sonst würde der Schuldenschnitt ins Leere laufen). Somit wäre eine zwischengeschaltete Eurettungsbehörde völlig (außer zur Täuschung derjenigen Bürger/Wähler, die sich noch täuschen lassen, und allenfalls noch zur Pöstchenkreation für treue Knechte des realsozialistischen Bollerwagens). Man müsste lediglich die EZB anweisen, unbegrenzt neue Anleiheemissionen der Eurozonenländer anzukaufen, aber auf keinen Fall alte. Beleihen dürfte sie die dann auch nicht mehr, denn Frau Wagenknecht hat alles andere im Sinn als mit den neuen Steuern alte Schulden zu tilgen:
"Auch ein harter Schnitt bei den Altschulden wäre dann ohne Angst vor unkontrollierbaren Kettenreaktionen durchsetzbar. Nicht nur in den Ländern, die aktuell die größten Probleme haben, sondern europaweit."
Oder, ausführlicher, aus Ihrer o. a. Pressemitteilung zu Stabilitätsbonds (meine Hervorhebung):
"Die Kürzungsprogramme müssen umgehend beendet und die öffentlichen Haushalte aus der Abhängigkeit von den Kapitalmärkten befreit werden. Über eine öffentliche europäische Bank sollen die Staaten die Möglichkeit bekommen, zinsgünstige Kredite bei der EZB zu erhalten. Gleichzeitig ist der Schuldenstand durch eine Beteiligung der Banken und privaten Gläubiger, sowie durch eine europaweite Vermögensabgabe für Millionäre drastisch zu senken. Die Finanzierung der öffentlichen Haushalte muss durch eine höhere Besteuerung von Reichen und großen Konzernen auf eine solide Grundlage gestellt werden."
Einen Schuldenschnitt will sie - aber weshalb, wenn doch evtl. die neuen Steuern die alten Schulden tilgen könnten (also sozusagen die Reichen ihre Forderungen an den Staat aus ihren eigenen Steuererhöhungen zurückzahlen)?
Offensichtlich verfolgt sie neben der Sanierung der Staatsfinanzen noch ein ganz anderes Ziel. Das formuliert sie im Folgesabsatz ihres Textes so (Hervorhebung von mir):
"Banken und Versicherungen in Europa müssten bei einem solchen Schuldenschnitt staatlich rekapitalisiert werden. Den dadurch als Eigentümer gewonnenen Einfluss können die Staaten aber nutzen, um die Großbanken zu verkleinern und ihr Geschäftsmodell zu verändern. Ergebnis sollte ein strikt regulierter Bankensektor sein, der seine Aufgabe als Diener der Realwirtschaft wieder wahrnimmt. Das Geld für die Rekapitalisierung wäre durch eine einmalige europaweite Abgabe auf Vermögen oberhalb eine Million Euro zu beschaffen."
Sie verwendet sehr geschickt Begriffe, die täglich an uns Lesern vorbeirauschen und bei denen wir schon gar nicht mehr besonders nachdenken: "rekapitalisiert", sicher, das ist ja gerade aktuell wieder in der Debatte, das wird von den Medien gefordert und von 'unverdächtigen' Politikern: was soll daran schlimm sein, oder gar sozialistisches Teufelszeug?
Nun, in ihren Pressemitteilungen wird unsere Wirtschaftsexpertin deutlicher:
"Stresstest spricht für Vergesellschaftung der Banken" titelt sie am 9.12.2011:
„Der Bankenstresstest zeigt, dass die Ära der privaten Großbanken ein Ende haben muss. Die öffentlich-rechtliche Gestaltung des Bankensektors ist überfällig."
Sachlich ist ihre Behauptung Unsinn: Inwiefern soll spezifisch der Stresstest zeigen, dass die Banken vergesellschaftet werden müssen? Alles was der Test enthüllen kann ist ggf. ein Mangel an Eigenkapital bei ganz bestimmten Banken in ganz bestimmter Höhe. Insoweit müsste man sie vielleicht rekapitalisieren und dieses Geld müsste, wenn es am freien Markt nicht aufzutreiben ist, in der Tat der Staat einschießen - der dafür selbstverständlich auch Miteigentümer der Banken werden sollte.
Aber darum geht es Frau Wagenknecht überhaupt nicht: Sie will die Finanzinstitute vergesellschaften, also in Staatseigentum überführen, und zwar nicht nur die Banken, sondern, wie sie in dem FAZ-Artikel (aus ihrer Position heraus auch folgerichtig) klarstellt gleich auch die Versicherungen mit.
Nun darf der Staat bei uns leider nicht enteignen, bzw. nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen. Dass Frau Wagenknecht meint, wir würden mit verstaatlichten Finanzintermediären besser fahren als mit privaten, dürfte dem Bundesverfassungsgericht als Begründung für eine rechtlich zulässige Verstaatlichung kaum ausreichen. Also muss man diese Institutionen erst pleite gehen lassen, damit der Staat sie dann (an sich vernünftiger Weise:) durch Übernahme retten kann.
Das und nichts anderes ist der Zweck jenes seltsamen Umwegs, den Frau Wagenknecht für die von den Großkopferten einzutreibenden Zusatzsteuern vorgesehen hat. Einzig und allein aus diesem Grunde dürfen die den Neubedarf übersteigenden Steuereingänge nicht in die Tilgung der Altschulden fließen, sondern man muss die Banken pleite gehen lassen, um sie durch den Einschuss von "Rettungskapital" in die Finger zu bekommen.
Ein solches Vorgehen wäre verfassungsrechtlich schon deshalb nicht haltbar, weil hier mit erkennbarem Vorsatz eine (weitere) konfiskatorische Steuererhebung, bzw. Enteignung, erfolgt - und das auch noch für einen völlig willkürlich 'ausgewählten' Personenkreis.
Die Aktionäre (nur!) der Finanzinstitute würden, soweit reich, gleich "doppelt" besteuert. Oder, bei anderer Betrachtungsweise, hinsichtlich ihres Aktienbesitzes enteignet.
Die größte (3.) Lüge des Aufsatzes von Frau Wagenknecht liegt also darin, dass sie den Leserinnen und Lesern vortäuscht, lediglich die Staatsfinanzen sanieren zu wollen. In Wahrheit will sie vor allem die Finanzintermediäre in Staatsbesitz (wohlklingender: Gemeineigentum) überführen.
Aber vielleicht stammt diese schlaue Idee (und besonders der listenreiche Schleichweg dorthin) ja auch vom Saar-Napoleon Oskar Lafontaine.
Denn in ihrem bereits zitierten Staatspleiten-Aufsatz vom 08.01.2011 hatte Sahra Wagenknecht noch gesagt:
"Initiativen wie die des Leiters des Baseler Instituts für Gemeingüter und Wirtschaftsforschung, Alexander Dill, weisen in die richtige Richtung. In Anbetracht der Tatsache, daß die privaten Vermögen der Deutschen seit 2000 um 83 Prozent auf 8,2 Billionen Euro gestiegen sind, sollen seiner Meinung nach die Vermögenden den staatlichen Schuldenberg von 1,8 Billionen Euro abtragen, und zwar durch eine Vermögensabgabe."
Allerdings dachte sie auch damals schon an eine Haarschnitt für die Staatsschulden:
"Eine europaweite Vermögensabgabe von 50 Prozent auf alle Vermögen oberhalb von einer Million Euro würde die Staaten auf einen Schlag von der Hälfte ihrer Schulden befreien. Ein »Hair cut« von 50 Prozent hätte bei richtiger Ausgestaltung eine ähnliche Wirkung."
Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, welche Vorstellungen Sarah Wagenknecht in ihrer Pressemitteilung "Müssen wir die Inflation fürchten?" (im Druck veröffentlicht am 04.12.2011, auf ihrer Webseite am 06.12.2011) entwickelt (meine Hervorhebung):
"Die Staaten müssen vom Terror der Ratingagenturen und Investmentbanker befreit werden. Sonst wird die Eurozone auseinanderbrechen. Der Eurorettungsschirm (EFSF: European Financial Stability Facility) sollte eine Banklizenz erhalten, um sich zu niedrigen Zinsen direkt bei der Europäischen Zentralbank zu refinanzieren. Dieses Geld sollte er allerdings nicht nutzen, um Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zu kaufen und damit unkontrolliert Geld in den ohnehin schon überdimensionierten Finanzsektor zu pumpen. Vielmehr sollte er den Staaten zinsgünstige Kredite zur Finanzierung ihrer Neuverschuldung gewähren. Dadurch entstünde zugleich Luft für einen ernsthaften Schuldenschnitt. Während ein Totsparen der Wirtschaft wie in Griechenland das öffentliche Defizit infolge wegbrechender Einnahmen nur erhöht, würden niedrige Zinsen und eine Reduzierung der Altschulden den Kreditbedarf drastisch senken. Käme noch eine höhere Besteuerung von Konzernen und Reichen hinzu, wäre die Finanzierung der dann noch verbleibenden Defizite über die Notenbank inflationsneutral."
In diesem Zusammenhang wäre das "dadurch ... Luft für ... Schuldenschnitt" verständlich: Wenn man nämlich annimmt, dass sich der Staat auch weiterhin über eine Netto-Neuverschuldung finanzieren muss. Klar, dass ihm Private nach einem Schuldenschnitt nichts mehr leihen würden; da müsste die Notenbank ran. Aber wohin verschwinden die Zusatzsteuern, die unser Jenaer Cleverle doch von den Reichen erheben wollte? Ja, also: die werden halt verbraten. Konzerne und Reiche werden zwar besteuert, aber Defizite hat (wie nicht anders zu erwarten, wenn eine kommunistische Partei einen kapitalistischen Staat von innen heraus zu zerstören versucht) der Staat in ihrer Vorstellung nach wie vor.
Das einzige Geheimnis für mich ist, wie bei dieser Sachlage die Defizitfinanzierung durch die Notenbank inflationsneutral sein soll, wenn doch die Zusatzsteuern schon für andere Zwecke ausgegeben werden. Aber da stehen wir wahrscheinlich wieder vor einem dialektischen Sprung im Denken unserer kommunistischen Großökonomin. Hübsch auch, wie sie ihre Schuldenschnitt-Pläne hier verschleiernd als "Reduzierung der Altschulden" bezeichnet. Wer würde dabei unmittelbar an Zahlungsverweigerung durch die Staaten denken?
In ihrer Pressemitteilung "Demokratie darf nicht ausgehebelt werden" schrieb sie am 20.10.2011 u. a.:
"Es ist höchste Zeit für einen grundlegenden Kurs- und Systemwechsel: Die Demokratie muss aus der Geiselhaft der Finanzmärkte befreit, alle private Banken müssen dauerhaft in öffentliche Hand überführt und die Verursacher der Krise müssen zur Kasse gebeten werden. Dafür braucht es den Druck der Straße. DIE LINKE ist aufgerufen, diesen Druck zu verstärken und die Bewegung gegen die Diktatur der Finanzmärkte noch engagierter zu unterstützen."
Aus Pressemitteilung "Merkel erpresst die griechische Bevölkerung" vom 03.11.2011:
"Eine konstruktive und erfolgreiche Lösung der Krise ist nur noch auf der Basis der Vorschläge der LINKEN möglich: Die öffentlichen Haushalte sind sofort aus ihrer Abhängigkeit von den Kapitalmärkten zu befreien. Dazu müssen die Staaten die Möglichkeit bekommen, ohne Spardiktate über eine öffentliche Bank zinsgünstige Kredite bei der EZB aufzunehmen. Die Staatsschulden sind durch einen Schuldenschnitt sowie durch eine europaweite Vermögensabgabe für Millionäre auf ein tragfähiges Niveau zu senken. Der Bankensektor ist öffentlich-rechtlich zu gestalten und streng zu regulieren."
Frau Wagenknecht will also die zukünftig auflaufenden Schulden über die Notenpresse vergemeinschaften. Und die Altschulden ebenso, denn die können die Staaten schließlich "mit links" bezahlen, wenn sie von der EZB (ggf. leicht verhüllt durch einen zwischengeschalteten "Rettungs"fonds) auf Abruf Geld abholen können.
Aber bei jenem Maß an Inflation, dass sich dann aus dem Druckoffizin Wagenknecht&Konsorten über uns ergießen wird, werden die Altschulden ohnehin sehr schnell nur noch Erdnüsse sein.
Greenspan, Bernanke, Hans de Witte, Karl von Liechtenstein, oder Jacob Bassevi? Sämtlich geldpolitische Nullen, blutige Dilettanten im Vergleich zum kommenden Realsozialistischen Münzkonsortium der Sahra Wagenknecht!
Die weiß eben, dass Hummer nicht zum Nulltarif zu haben sind.
ceterum censeo
Der Wundbrand zerfrisst das alte Europa, weil es zu feige ist ein krankes Glied zu amputieren!
POPULISTISCHES MANIFEST(für die Rettung von ? Billionen Steuereuronen!):Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst einer europäischen Transferunion und Haftungsunion.Im Herzland des alten Europa haben sich die Finanzinteressen mit sämtlichen Parteien des Bundestages zu einer unheiligen Hatz auf die Geldbörsen des Volkes verbündet: · Die Schwarzen Wendehälse (die unserem Bundesadler den Hals zum Pleitegeier wenden werden),· Die Roten Schafsnasen (vertrauensvoll-gutgläubig, wie wir Proletarier halt sind), · Die Grünen Postmaterialisten (Entmaterialisierer unserer Steuergelder wie unserer Wirtschaftskraft),· Die machtbesoffenen Blauen (gelb vor Feigheit und griechisch vor Klientelismus), und selbstverständlich auch· Die Blutroten (welch letztere die Steuergroschen unserer Witwen, Waisen und Arbeiter gerne auflagenlos, also in noch größerer Menge, gen Süden senden möchten).Wo ist die Opposition im Volke, die nicht von unseren Regierenden wie von deren scheinoppositionellen Komplizen als Stammtischschwätzer verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, welche sich der Verschleuderung der dem Volke abgepressten Tribute an die europäischen Verschwendungsbrüder wie an die unersättlichen Finanzmärkte widersetzt hätte?Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:Das Volk wird von fast keinem einzigen Politiker als Macht anerkannt.Es ist hohe Zeit, dass wir, das Volk, unsere Anschauungsweise, den Zweck unserer Besteuerung und unsere Tendenzen gegen die fortgesetzte Ausplünderung durch das Finanzkapital bzw. durch die Bewohner anderer Länder und durch seine/deren politische Helfershelfer vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen von dem grenzenlosen Langmut der Deutschen den Zorn des Volkes selbst entgegenstellen.
Textstand vom 10.12.2011. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm. Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.
Titel: "Europa in der Krise Schluss mit Mephistos Umverteilung!" (08.12.2011).
Die Frau ist nicht nur hübsch; sie schreibt auch wunderbar (was die allermeisten Leserkommentare, einschließlich der kritischen, auch anerkennen). Das kann man jedenfalls dann mit Sicherheit sagen, wenn wirklich der ganze Artikel aus ihrer Feder stammt und nicht (wie einige Leserkommentatoren vermuten) Lafo, also ihr Lebenspartner Oskar Lafontaine, mitgeholfen hat. (Ihre Bücher kenne ich nicht und würde mir eine Lektüre auch nicht antun.)
Zunächst einmal zitiert sie aus Goethes Faust, wo eine moralisch heruntergekommenen Gesellschaft auf Anraten von Mephistopheles ungedecktes Papiergeld einführt,
"das in dieser Gesellschaft natürlich nicht für produktive Investitionen genutzt, sondern in einem dekadenten Luxusrausch verbraten wird. Am Ende bricht der Spuk zusammen, und das Land versinkt endgültig in Armut und Anarchie."
Dann erklärt sie (vordergründig) zwei Lösungswege für gefährlich, die auch den FAZ-Lesern (mich eingeschlossen) suspekt sind, nämlich die Ausgabe von Eurobonds und den bedingungslosen Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB.
Eurobonds, die sie ohne Umschweife als "Vergemeinschaftung der Schulden" bezeichnet, lehnt sie wegen des Verlustes der nationalen Haushaltssouveränität ab:
"Am Ende würde über die Ausgaben für italienische Universitäten oder spanische Arbeitslose in Brüssel oder, schlimmer, in Frankfurt oder Berlin entschieden."
Das ist aber keineswegs der wahre Grund für ihre Ablehnung von Eurobonds. Den hat sie vielmehr in ihrer Pressemitteilung vom 24.11.2011 "Merkel muss Geisterfahrt beenden" genannt:
"Auch Eurobonds machen keinen Sinn, wenn sie an die Bedingung brutalen Sozialkahlschlags geknüpft werden".
Mit anderen Worten: Sie hat nicht das geringste Problem damit, dass Eurobonds den Schlamperländern eine Fortsetzung ihrer Politik der Wählergeschenke, wie etwa Frühverrentung, Nichteinziehung der Steuern (speziell in Griechenland, aber, wer weiß, vielleicht kommt so etwas auch in anderen Ländern in geringerem Umfang vor) oder einen lauen Job beim Staat oder bei einem Staatsbetrieb mit hoher Bezahlung gegen geringste Leistung.
Hier haben wir sie also bei ihrer ersten Lüge erwischt, denn nicht die Aufgabe von Souveränität stört sie an den "Stabilitätsbonds", sondern der damit (wenigstens der Absicht der EU-Kommission nach) verbundene Zwang zum Sparen für die Empfängerländer.
Das hatte sie ausführlicher bereits am 21.11.2011 in ihrer Pressemitteilung "Euro-Bonds à la Barroso werden Krise nicht bewältigen" die Öffentlichkeit wissen lassen:
"Euro-Bonds sollen jetzt 'Stabilitätsbonds' heißen. Das zeigt, wohin die Reise gehen soll. Solche Euro-Bonds wären nur machbar, wenn die Brüsseler Bürokratie den EU-Mitgliedstaaten ganz im merkelschen Sinn die Haushaltspolitik diktierte. Das aber wäre undemokratisch und krisenverschärfend ... . Euro-Bonds, so wie sie jetzt von der EU-Kommission vorgeschlagen werden, können die Krise nicht bewältigen. Sie würden eine Fortsetzung der erbarmungslosen Kürzungsprogramme voraussetzen."
Den bedingungslosen Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB nennt sie ein "Fluten der Märkte mit Zentralbankgeld". Das würde nach ihrer Meinung
"zwar nicht unbedingt Inflation, aber ganz sicher die nächste große Finanzmarktblase nach sich ziehen und den längst viel zu groß gewordenen Finanzsektor weiter aufblähen."
Ihrem Lösungsvorschlag schaltet sie, was grundsätzlich ja immer sinnvoll ist, eine Ursachenerörterung vor. Dabei steht schon a priori für Frau Wagenknecht fest, dass die Staaten absolut schuldlos sind; kein einziger, Griechenland eingeschlossen (!) hat zu viele Schulden gemacht:
"Die banalste und dümmste, von der Bundesregierung offenbar geteilte Krisenerklärung besteht darin, dass einige Staaten jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt haben und deshalb jetzt zum Sparen gezwungen werden müssen."
Banal ist das in der Tat, aber dumm?
"Mit Verweis auf diese Erklärung wurde Griechenland zunächst als „isolierter Fall“ behandelt. Eine These, die sich in der Folge ebenso blamierte wie die meisten anderen, mit denen die Bundesregierung sich seit Beginn der angeblichen Euro-Rettung hervorgetan hat."Mit anderen Worten: das korrupte Griechenland, dessen Verwaltung die OECD soeben eine totale Ineffizien und Reformunfähigkeit bescheinigt hat, ist genau so ein Fall wie alle anderen auch - und folglich auch so zu behandeln. Folgerichtig fordert Sahra Wagenknecht denn auch in der o. a. Pressemitteilung (und in vielen anderen ebenso):
"Die Kürzungsprogramme müssen umgehend beendet ... werden." Dass das Balkananhängsel Griechenland dabei eingeschlossen ist ergibt sich daraus, dass sie dieses Steuerhinterzieherparadies ständig als Negativbeispiel für die bösen Folgen staatlichen Sparens hinstellt. Wäre es für eine Linke nicht logischer, Griechenland zu einem energischen Steuereinzug aufzufordern, anstatt das Land mit neuem Geld aus der Notenpresse zu versorgen?
Im Zentrum ihrer Krisenanalyse steht Irland. Deutschland wird am Rande erwähnt mit der Behauptung, im Rahmen der Agenda 2010 habe ein "beispielloser sozialer Raubbau" stattgefunden. Fragt sich nur, wieso dann trotzdem die Staatsschulden gestiegen sind!
Bei Irland mag es zutreffen, wenn sie schreibt:
"Die Explosion der irischen Staatsschulden geht nahezu ausschließlich auf das Konto der irischen Banken. Mit diesen wurden natürlich auch ihre Gläubiger, also nicht zuletzt deutsche Banken und Versicherungen, gerettet. Wie die „Financial Times“ zu berichten wusste, war bei der irischen Bankenrettung erheblicher Druck von Seiten der EZB im Spiel. Wäre Irland den Weg Islands gegangen, hätten die Iren heute kein Staatsschuldenproblem, die Deutschen dafür ein umso größeres."
Allerdings hat Irland die Banken u. a. auch durch eine laxe Regulierung angelockt; nur deshalb konnten sie in diesem Land ein derart großes Rad drehen.
Und in Spanien, von dem sie ebenfalls (zu Recht oder Unrecht) behauptet
"Auch die spanische Staatsschuldenkrise ist in erster Linie ein Produkt der spanischen Bankenkrise"
liegt der Bankenkrise eine Immobilienkrise zu Grunde. Auch hier hätte die Regierung die Möglichkeit gehabt, zu einem früheren Zeitpunkt regulierend einzugreifen (z. B. die Beleihungsgrenzen zu senken).
Als weitere Ursache des Verfalls der Staatsfinanzen erwähnt sie, vermutlich zutreffend, die Steuerkonkurrenz der Euro(zonen)länder.
Auf der Bankenseite erklärt sie die Krise so:
"Die Kluft zwischen Wirtschaftsleistung und Schuldenberg wurde dadurch von Jahr zu Jahr größer. In der Finanzkrise 2008 eskalierte dieser Widerspruch zum ersten Mal, und die seither verfolgte Politik lässt sich auf einen kurzen Nenner bringen: Sie tut alles, um eine Entwertung der Schulden zu verhindern. Auf Dauer kann das nicht gutgehen."
Der über diesem Absatz eingefügte Zwischentitel "Die Schuldenentwertung ist der falsche Weg" ist natürlich falsch. Ich kann nicht wissen, ob er von der Zeitung eingefügt wurde, aber es könnte auch die Autorin gewesen sein, die sich da geirrt hat. (Dass, wenn der Zwischentitel überhaupt von ihr stammt, sie einen bewussten Täuschungsversuch unternommen hätte, will ich ihr schon deshalb nicht unterstellen, weil sie auch anderweitig schon Probleme mit einer Überschrift hatte: "Staatspleiten am Horizont. Die Finanzkrise kann nur gegen Finanzlobby und Superreiche durchgesetzt werden" überschrieb sie, lt. ihrer Homepage, einen Artikel in der Zeitung Junge Welt vom 08.01.2011. Ich selbst hege zwar keinen Zweifel daran, dass die LINKE sehr schnell eine neue Finanzkrise "durchsetzen" würde, aber Frau Wagenknecht selbst glaubt das doch sicherlich nicht? Oder sollte der Fehler ein Freudscher Verschreiber gewesen sein? (Vielleicht lassen aber diese eigentlich kleineren Fehler sogar darauf schließen, dass es ihrem Denken ganz grundsätzlich an logischer Rigorosität mangelt.)
Übrigens verkündet sie in dem Staatspleiten-Artikel u. a.:
"Ohne die Finanzkrise würden wir heute nicht über mögliche Staatspleiten in der Euro-Zone diskutieren."
Das steht in einem gewissen Widerspruch zu ihrer o. a. Krisenanalyse, wonach nicht zuletzt die 'neoliberalen' Steuergeschenke an die Besitzenden Schuld an den hohen Staatsschulden gewesen sein sollen. Auf zwei andere interessante Passagen in diesem Aufsatz von Sahra Wagenknecht komme ich später noch zu sprechen.
In ihrem FAZ-Aufsatz geht es weiter mit einem Absatz, der es in sich hat:
"Wenn ein Markt ein Gut in größerer Menge produziert, als es Abnehmer dafür gibt, wird dieses Gut irgendwann entwertet. Der Finanzmarkt hat weit mehr Schulden produziert, als wirtschaftlich tragbar sind und sich aktuell refinanzieren lassen. Eine Politik, die sich mit allen Mitteln gegen eine Entwertung der Schulden stemmt, kann also bestenfalls Zeit kaufen. Am Ende müssen Schulden – und damit auch Vermögen – entwertet werden. Die einzige Frage ist: wessen Vermögen."
Krass falsch ist natürlich die Behauptung, dass "der Finanzmarkt" die Schulden produziert habe, jedenfalls soweit es sich um Staatsschulden handelt. Bei den amerikanischen Hypothekenschuldnern mag das anders sein; die wurden nach allen Regeln der Marketingkunst zum Schuldenmachen verführt - aber doch nicht die Staaten. Entlasten will sie (Gegenteiliges kann ich aus ihren mir bekannten Texten nicht entnehmen) aber gerade nicht die marketingverführten Privatpersonen, sondern die Staaten. Das heißt auf der argumentativen Ebene besteht eine Diskrepanz zwischen Begründung und Begünstigten der von ihr vorgeschlagenen Maßnahme. Zumindest müsste sie, wenn sie die Staaten auch zu Schuldenverführten erklären wollte, dann auch für deren Schulden eine Entwertung vorsehen. (Da würde ich es dann bedauern, mich nicht bis über die Halskrause verschuldet zu haben, um später mein Häuschen von den Kommunisten entschulden zu lassen. Und ebenso müsste nbei einer Entwertung der Staatsschulden alle Staaten, die wenig Schulden haben - die arme Slowakei z. B. - ihre Verschuldungsscham bereuen.)
Also, liebe Frau Wagenknecht: Mit welcher Begründung wollen Sie lediglich die Staatsschulden kürzen, wenn doch angeblich die Schulden insgesamt zu hoch sind?
Dann kommt sie noch einmal auf die Eurobonds zu sprechen und ihr fällt noch ein weiterer Grund gegen diese ein:
"Eurobonds wären nur ein weiterer Versuch, die Entwertung von Schulden durch Vergemeinschaftung der Schuldenlast aufzuhalten. Die aktuellen Schwierigkeiten des europäischen Rettungsschirms, Geld bei privaten Investoren einzusammeln, sprechen dafür, dass auch die Zinssätze auf Eurobonds tendenziell steigen würden. Wachsende Teile der europäischen Steuereinnahmen würden so vom Zinsdienst aufgezehrt. In nicht allzu langer Zeit könnte die Eurozone mit Eurobonds genau da stehen, wo Italien und Spanien heute sind."Eine von den LINKEN geführte Eurozone könnte nicht nur, sie würde ganz schnell dort stehen, wo Italien schon heute ist, und sehr rasch den Weg gen griechisches Zinsniveau gehen. Denn staatliche Sparbemühungen hasst Frau Wagenknecht ja wie die Teufelin* das Weihwasser, wie oben u. a. bei den "Stabilitätsbonds" gezeigt. Von daher ist ihre Befürchtung absolut berechtigt - allerdings auch meine Befürchtung, dass diese Frau die Notenbank zum Gelddrucken wie verrückt zwingen würde.
* auch ich bin halt für Gender-Mainstreaming!
Staatsknete muss her, und nun folgt, etwas unlogisch, unter dem Zwischentitel "Dem Rettungsschirm fehlt die Banklizenz" zunächst eine Forderung nach Belastung der Besitzenden:
"Statt für das entstandene Schuldendesaster griechische Rentner [warum erwähnen Sie hier nicht auch die griechischen Steuerhinterzieher, liebe Frau Wagenknecht?], und deutsche Steuerzahler bluten zu lassen, bietet sich als Alternative an, genau die Vermögen heranzuziehen, die ihre Entstehung ebenjener neoliberalen Agenda verdanken, die auch die Staatsschulden eskalieren ließ. ..... Die Zahlen zum Finanzvermögen der europäischen Oberschicht zeigen: Genug Geld wäre vorhanden, ohne eine Lebensversicherung oder die Altersvorsorge mittlerer Einkommensbezieher anzutasten."
Auch die Oberschicht gehört natürlich zu den Steuerzahlern; insoweit ist eine weitere (aber vermutlich unbeabsichtigte) Lüge, wenn sie formuliert "statt ... deutsche Steuerzahler bluten zu lassen."
Eigentlich habe ich auch gar nichts dagegen, die Reichen zu rupfen, weil auch ich glaube, dass die Konzentration des Geldes bei den Besitzenden eine wesentliche Ursache der Finanzkrise war. In diesem taz-Interview vom 26.02.2009 fordert sie "eine radikale Umverteilung der Einkommen und Vermögen von oben nach unten" wofür ich, als Anhänger einer Art Unterkonsumtionstheorie für die Krisenerklärung, durchaus Sympathie habe. Nur sehe ich die Gefahr, durch solche Maßnahmen die Privatwirtschaft zu zerstören, bzw. die Motivation für Unternehmer. Zwar sagt auch sie: "Man braucht Leistungsanreize". Wenn sie allerdings die Manager-Vergütung daran koppeln will,"wie sich die Löhne im Unternehmen entwickeln und an die Zahl der Arbeitsplätze", dann ist eine Ökonomie à la griechische Staatsbetriebe nicht weit). Konfiskatorische Besteuerung wäre also vorher sehr präzise auf ihre voraussichtlichen Auswirkungen, nicht nur unmittelbar rechnerischer Art, zu durchdenken. Aber Sahra Wagenknecht will ja ohnehin eine Wirtschaftsform, in der "Schlüsselbereiche der Wirtschaft und die Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand sind".
Und dass sie dann noch das Geld deutscher Reicher den unfleißigen (faul sind die ja nicht, Gott bewahre!) griechischen Staatsbediensteten, toten Rentnern und quicklebendigen Steuerhinterziehern in die Villen werfen will, begeistert mich eher weniger: dann möge es doch bitte lieber in meine Richtung fließen!
Der 2. Absatz bringt eine von Frau Wagenknecht nicht logisch begründete (und auch nicht begründbare) Volte in ihrem Gedankengang (meine Hervorhebung):
"Solange die Staaten in ihrer Finanzierung allerdings vom Goodwill der privaten Kapitalmärkte abhängig sind, auf denen die Interessen der Banker und ihrer reichen Klientel den Ausschlag geben, ist ein zu deren Lasten gehender Ausweg versperrt. Entscheidend ist daher, sich von dieser Abhängigkeit zu befreien. Dazu gäbe es ein einfaches Mittel: Der europäische Rettungsschirm EFSF müsste eine Banklizenz erhalten, was ihm ermöglichen würde, sich zinsgünstig Liquidität bei der EZB zu verschaffen. Mit diesem Geld sollten dann allerdings nicht Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt erworben, sondern niedrig verzinste Kredite direkt an die Euro-Staaten vergeben werden. Damit würde die öffentliche Hand die Hoheit über die Zinssätze zurückgewinnen – die sie in der unmittelbaren Nachkriegszeit schon einmal hatte, als sich etwa die Vereinigten Staaten durch staatlich regulierte Niedrigzinsen entschuldet haben. Inflationstreibend wäre das nicht, solange sich die Kreditvergabe in einem vernünftigen Rahmen bewegt."
Der in dem ersten Satz behauptete Kausalzusammenhang ist absolut unverständlich. Wieso sollte die Verschuldung der Staaten bei den Bürgern (vorzugsweise der Oberschicht), die Regierungen daran hindern, die Steuern zu erhöhen und die Ausgaben zukünftig voll aus Steuern zu finanzieren? Und warum soll nicht darüber hinaus noch etwas für die Tilgung der Altschulden übrig bleiben? Hatte sie nicht vorher im selben Text gesagt, dass die neoliberalen Steuersenkungen an der Schuldenkrise Mitschuld trügen? Und in dem Moment, wo die Gelder aus den Steuererhöhungen eingehen, sollte der Staat doch nicht mehr auf Kredit angewiesen sein?
Selbstverständlich wäre es möglich, die Neuverschuldung (und die zur Rückzahlung anstehende Altverschuldung) voll aus neuen Steuern zu bezahlen: hat doch Frau Wagenknecht oben selbst gesagt, dass die Reichen dafür reich genug sind! (Natürlich kann man jetzt allerlei praktische Hinderungsgründe aufzählen; die kenne ich auch. Aber nicht um den Unterschied zwischen Theorie und Praxis geht es hier, sondern um den seltsamen Bruch in der Argumentationskette der schlauen Sahra. Die Annahme, dass man die erforderlichen Steuererhöhungen tatsächlich durchsetzen könnte, muss ihr in dieser theoretischen Perspektive zunächst zugestanden werden).
Also: worum geht es ihr wirklich? Zunächst einmal darum, dass der Eurettungsschirm unbegrenzt Kohle von der Notenbank kriegen kann. Denn wer Sparauflagen für die Empfängerländer ablehnt, öffnet dem fröhlichen Geldausgeben Tor und Tür. Insofern hat sie bewusst gelogen (2. Lüge), wenn sie oben den "bedingungslose[n] Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB" als ein "Fluten der Märkte mit Zentralbankgeld" verurteilt hat: denn genau darauf läuft ihr Plan hinaus, die Schleusen der Geldkammern volle Pulle für die Regierungen zu öffnen. Dass da eine Institution zwischengeschaltet ist, die sich EFSF, ESM oder wie auch immer nennt, ist bedeutungslos: die soll ja den Regierungen keinerlei Auflagen machen dürfen. Für die Inflationsrisiken ist es auch bedeutungslos, ob das Geld zunächst in die Märkte geht (Anleihekauf via Banken) oder nicht: schließlich soll es doch ausgegeben werden, und danach 'flutet es die Märkte' auf jeden Fall.
Freilich, einen nicht unwesentlichen Unterschied gibt es doch: der Eurozonen-Rettungsschirm soll ausdrücklich "nicht Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt" erwerben. Aber das könnte (und müsste man in diesem Falle ohnehin) der EZB untersagen (wie übrigens auch den Staaten, denn sonst würde der Schuldenschnitt ins Leere laufen). Somit wäre eine zwischengeschaltete Eurettungsbehörde völlig (außer zur Täuschung derjenigen Bürger/Wähler, die sich noch täuschen lassen, und allenfalls noch zur Pöstchenkreation für treue Knechte des realsozialistischen Bollerwagens). Man müsste lediglich die EZB anweisen, unbegrenzt neue Anleiheemissionen der Eurozonenländer anzukaufen, aber auf keinen Fall alte. Beleihen dürfte sie die dann auch nicht mehr, denn Frau Wagenknecht hat alles andere im Sinn als mit den neuen Steuern alte Schulden zu tilgen:
"Auch ein harter Schnitt bei den Altschulden wäre dann ohne Angst vor unkontrollierbaren Kettenreaktionen durchsetzbar. Nicht nur in den Ländern, die aktuell die größten Probleme haben, sondern europaweit."
Oder, ausführlicher, aus Ihrer o. a. Pressemitteilung zu Stabilitätsbonds (meine Hervorhebung):
"Die Kürzungsprogramme müssen umgehend beendet und die öffentlichen Haushalte aus der Abhängigkeit von den Kapitalmärkten befreit werden. Über eine öffentliche europäische Bank sollen die Staaten die Möglichkeit bekommen, zinsgünstige Kredite bei der EZB zu erhalten. Gleichzeitig ist der Schuldenstand durch eine Beteiligung der Banken und privaten Gläubiger, sowie durch eine europaweite Vermögensabgabe für Millionäre drastisch zu senken. Die Finanzierung der öffentlichen Haushalte muss durch eine höhere Besteuerung von Reichen und großen Konzernen auf eine solide Grundlage gestellt werden."
Einen Schuldenschnitt will sie - aber weshalb, wenn doch evtl. die neuen Steuern die alten Schulden tilgen könnten (also sozusagen die Reichen ihre Forderungen an den Staat aus ihren eigenen Steuererhöhungen zurückzahlen)?
Offensichtlich verfolgt sie neben der Sanierung der Staatsfinanzen noch ein ganz anderes Ziel. Das formuliert sie im Folgesabsatz ihres Textes so (Hervorhebung von mir):
"Banken und Versicherungen in Europa müssten bei einem solchen Schuldenschnitt staatlich rekapitalisiert werden. Den dadurch als Eigentümer gewonnenen Einfluss können die Staaten aber nutzen, um die Großbanken zu verkleinern und ihr Geschäftsmodell zu verändern. Ergebnis sollte ein strikt regulierter Bankensektor sein, der seine Aufgabe als Diener der Realwirtschaft wieder wahrnimmt. Das Geld für die Rekapitalisierung wäre durch eine einmalige europaweite Abgabe auf Vermögen oberhalb eine Million Euro zu beschaffen."
Sie verwendet sehr geschickt Begriffe, die täglich an uns Lesern vorbeirauschen und bei denen wir schon gar nicht mehr besonders nachdenken: "rekapitalisiert", sicher, das ist ja gerade aktuell wieder in der Debatte, das wird von den Medien gefordert und von 'unverdächtigen' Politikern: was soll daran schlimm sein, oder gar sozialistisches Teufelszeug?
Nun, in ihren Pressemitteilungen wird unsere Wirtschaftsexpertin deutlicher:
"Stresstest spricht für Vergesellschaftung der Banken" titelt sie am 9.12.2011:
„Der Bankenstresstest zeigt, dass die Ära der privaten Großbanken ein Ende haben muss. Die öffentlich-rechtliche Gestaltung des Bankensektors ist überfällig."
Sachlich ist ihre Behauptung Unsinn: Inwiefern soll spezifisch der Stresstest zeigen, dass die Banken vergesellschaftet werden müssen? Alles was der Test enthüllen kann ist ggf. ein Mangel an Eigenkapital bei ganz bestimmten Banken in ganz bestimmter Höhe. Insoweit müsste man sie vielleicht rekapitalisieren und dieses Geld müsste, wenn es am freien Markt nicht aufzutreiben ist, in der Tat der Staat einschießen - der dafür selbstverständlich auch Miteigentümer der Banken werden sollte.
Aber darum geht es Frau Wagenknecht überhaupt nicht: Sie will die Finanzinstitute vergesellschaften, also in Staatseigentum überführen, und zwar nicht nur die Banken, sondern, wie sie in dem FAZ-Artikel (aus ihrer Position heraus auch folgerichtig) klarstellt gleich auch die Versicherungen mit.
Nun darf der Staat bei uns leider nicht enteignen, bzw. nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen. Dass Frau Wagenknecht meint, wir würden mit verstaatlichten Finanzintermediären besser fahren als mit privaten, dürfte dem Bundesverfassungsgericht als Begründung für eine rechtlich zulässige Verstaatlichung kaum ausreichen. Also muss man diese Institutionen erst pleite gehen lassen, damit der Staat sie dann (an sich vernünftiger Weise:) durch Übernahme retten kann.
Das und nichts anderes ist der Zweck jenes seltsamen Umwegs, den Frau Wagenknecht für die von den Großkopferten einzutreibenden Zusatzsteuern vorgesehen hat. Einzig und allein aus diesem Grunde dürfen die den Neubedarf übersteigenden Steuereingänge nicht in die Tilgung der Altschulden fließen, sondern man muss die Banken pleite gehen lassen, um sie durch den Einschuss von "Rettungskapital" in die Finger zu bekommen.
Ein solches Vorgehen wäre verfassungsrechtlich schon deshalb nicht haltbar, weil hier mit erkennbarem Vorsatz eine (weitere) konfiskatorische Steuererhebung, bzw. Enteignung, erfolgt - und das auch noch für einen völlig willkürlich 'ausgewählten' Personenkreis.
Die Aktionäre (nur!) der Finanzinstitute würden, soweit reich, gleich "doppelt" besteuert. Oder, bei anderer Betrachtungsweise, hinsichtlich ihres Aktienbesitzes enteignet.
Die größte (3.) Lüge des Aufsatzes von Frau Wagenknecht liegt also darin, dass sie den Leserinnen und Lesern vortäuscht, lediglich die Staatsfinanzen sanieren zu wollen. In Wahrheit will sie vor allem die Finanzintermediäre in Staatsbesitz (wohlklingender: Gemeineigentum) überführen.
Aber vielleicht stammt diese schlaue Idee (und besonders der listenreiche Schleichweg dorthin) ja auch vom Saar-Napoleon Oskar Lafontaine.
Denn in ihrem bereits zitierten Staatspleiten-Aufsatz vom 08.01.2011 hatte Sahra Wagenknecht noch gesagt:
"Initiativen wie die des Leiters des Baseler Instituts für Gemeingüter und Wirtschaftsforschung, Alexander Dill, weisen in die richtige Richtung. In Anbetracht der Tatsache, daß die privaten Vermögen der Deutschen seit 2000 um 83 Prozent auf 8,2 Billionen Euro gestiegen sind, sollen seiner Meinung nach die Vermögenden den staatlichen Schuldenberg von 1,8 Billionen Euro abtragen, und zwar durch eine Vermögensabgabe."
Allerdings dachte sie auch damals schon an eine Haarschnitt für die Staatsschulden:
"Eine europaweite Vermögensabgabe von 50 Prozent auf alle Vermögen oberhalb von einer Million Euro würde die Staaten auf einen Schlag von der Hälfte ihrer Schulden befreien. Ein »Hair cut« von 50 Prozent hätte bei richtiger Ausgestaltung eine ähnliche Wirkung."
Interessant ist in diesem Zusammenhang noch, welche Vorstellungen Sarah Wagenknecht in ihrer Pressemitteilung "Müssen wir die Inflation fürchten?" (im Druck veröffentlicht am 04.12.2011, auf ihrer Webseite am 06.12.2011) entwickelt (meine Hervorhebung):
"Die Staaten müssen vom Terror der Ratingagenturen und Investmentbanker befreit werden. Sonst wird die Eurozone auseinanderbrechen. Der Eurorettungsschirm (EFSF: European Financial Stability Facility) sollte eine Banklizenz erhalten, um sich zu niedrigen Zinsen direkt bei der Europäischen Zentralbank zu refinanzieren. Dieses Geld sollte er allerdings nicht nutzen, um Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zu kaufen und damit unkontrolliert Geld in den ohnehin schon überdimensionierten Finanzsektor zu pumpen. Vielmehr sollte er den Staaten zinsgünstige Kredite zur Finanzierung ihrer Neuverschuldung gewähren. Dadurch entstünde zugleich Luft für einen ernsthaften Schuldenschnitt. Während ein Totsparen der Wirtschaft wie in Griechenland das öffentliche Defizit infolge wegbrechender Einnahmen nur erhöht, würden niedrige Zinsen und eine Reduzierung der Altschulden den Kreditbedarf drastisch senken. Käme noch eine höhere Besteuerung von Konzernen und Reichen hinzu, wäre die Finanzierung der dann noch verbleibenden Defizite über die Notenbank inflationsneutral."
In diesem Zusammenhang wäre das "dadurch ... Luft für ... Schuldenschnitt" verständlich: Wenn man nämlich annimmt, dass sich der Staat auch weiterhin über eine Netto-Neuverschuldung finanzieren muss. Klar, dass ihm Private nach einem Schuldenschnitt nichts mehr leihen würden; da müsste die Notenbank ran. Aber wohin verschwinden die Zusatzsteuern, die unser Jenaer Cleverle doch von den Reichen erheben wollte? Ja, also: die werden halt verbraten. Konzerne und Reiche werden zwar besteuert, aber Defizite hat (wie nicht anders zu erwarten, wenn eine kommunistische Partei einen kapitalistischen Staat von innen heraus zu zerstören versucht) der Staat in ihrer Vorstellung nach wie vor.
Das einzige Geheimnis für mich ist, wie bei dieser Sachlage die Defizitfinanzierung durch die Notenbank inflationsneutral sein soll, wenn doch die Zusatzsteuern schon für andere Zwecke ausgegeben werden. Aber da stehen wir wahrscheinlich wieder vor einem dialektischen Sprung im Denken unserer kommunistischen Großökonomin. Hübsch auch, wie sie ihre Schuldenschnitt-Pläne hier verschleiernd als "Reduzierung der Altschulden" bezeichnet. Wer würde dabei unmittelbar an Zahlungsverweigerung durch die Staaten denken?
In ihrer Pressemitteilung "Demokratie darf nicht ausgehebelt werden" schrieb sie am 20.10.2011 u. a.:
"Es ist höchste Zeit für einen grundlegenden Kurs- und Systemwechsel: Die Demokratie muss aus der Geiselhaft der Finanzmärkte befreit, alle private Banken müssen dauerhaft in öffentliche Hand überführt und die Verursacher der Krise müssen zur Kasse gebeten werden. Dafür braucht es den Druck der Straße. DIE LINKE ist aufgerufen, diesen Druck zu verstärken und die Bewegung gegen die Diktatur der Finanzmärkte noch engagierter zu unterstützen."
Aus Pressemitteilung "Merkel erpresst die griechische Bevölkerung" vom 03.11.2011:
"Eine konstruktive und erfolgreiche Lösung der Krise ist nur noch auf der Basis der Vorschläge der LINKEN möglich: Die öffentlichen Haushalte sind sofort aus ihrer Abhängigkeit von den Kapitalmärkten zu befreien. Dazu müssen die Staaten die Möglichkeit bekommen, ohne Spardiktate über eine öffentliche Bank zinsgünstige Kredite bei der EZB aufzunehmen. Die Staatsschulden sind durch einen Schuldenschnitt sowie durch eine europaweite Vermögensabgabe für Millionäre auf ein tragfähiges Niveau zu senken. Der Bankensektor ist öffentlich-rechtlich zu gestalten und streng zu regulieren."
Frau Wagenknecht will also die zukünftig auflaufenden Schulden über die Notenpresse vergemeinschaften. Und die Altschulden ebenso, denn die können die Staaten schließlich "mit links" bezahlen, wenn sie von der EZB (ggf. leicht verhüllt durch einen zwischengeschalteten "Rettungs"fonds) auf Abruf Geld abholen können.
Aber bei jenem Maß an Inflation, dass sich dann aus dem Druckoffizin Wagenknecht&Konsorten über uns ergießen wird, werden die Altschulden ohnehin sehr schnell nur noch Erdnüsse sein.
Greenspan, Bernanke, Hans de Witte, Karl von Liechtenstein, oder Jacob Bassevi? Sämtlich geldpolitische Nullen, blutige Dilettanten im Vergleich zum kommenden Realsozialistischen Münzkonsortium der Sahra Wagenknecht!
Die weiß eben, dass Hummer nicht zum Nulltarif zu haben sind.
ceterum censeo
Der Wundbrand zerfrisst das alte Europa, weil es zu feige ist ein krankes Glied zu amputieren!
POPULISTISCHES MANIFEST(für die Rettung von ? Billionen Steuereuronen!):Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst einer europäischen Transferunion und Haftungsunion.Im Herzland des alten Europa haben sich die Finanzinteressen mit sämtlichen Parteien des Bundestages zu einer unheiligen Hatz auf die Geldbörsen des Volkes verbündet: · Die Schwarzen Wendehälse (die unserem Bundesadler den Hals zum Pleitegeier wenden werden),· Die Roten Schafsnasen (vertrauensvoll-gutgläubig, wie wir Proletarier halt sind), · Die Grünen Postmaterialisten (Entmaterialisierer unserer Steuergelder wie unserer Wirtschaftskraft),· Die machtbesoffenen Blauen (gelb vor Feigheit und griechisch vor Klientelismus), und selbstverständlich auch· Die Blutroten (welch letztere die Steuergroschen unserer Witwen, Waisen und Arbeiter gerne auflagenlos, also in noch größerer Menge, gen Süden senden möchten).Wo ist die Opposition im Volke, die nicht von unseren Regierenden wie von deren scheinoppositionellen Komplizen als Stammtischschwätzer verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, welche sich der Verschleuderung der dem Volke abgepressten Tribute an die europäischen Verschwendungsbrüder wie an die unersättlichen Finanzmärkte widersetzt hätte?Zweierlei geht aus dieser Tatsache hervor:Das Volk wird von fast keinem einzigen Politiker als Macht anerkannt.Es ist hohe Zeit, dass wir, das Volk, unsere Anschauungsweise, den Zweck unserer Besteuerung und unsere Tendenzen gegen die fortgesetzte Ausplünderung durch das Finanzkapital bzw. durch die Bewohner anderer Länder und durch seine/deren politische Helfershelfer vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen von dem grenzenlosen Langmut der Deutschen den Zorn des Volkes selbst entgegenstellen.
Textstand vom 10.12.2011. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm. Soweit die Blotts Bilder enthalten, können diese durch Anklicken vergrößert werden.