Ich kenne kaum jemand, der das Attribut Weisheit für sich selbst in Anspruch nimmt. Und wenn jemand das tatsächlich tut, ist er meistens nicht besonders beliebt.
Allerdings kenne ich einige weise Menschen und wundersamerweise hat keiner den Titel "Weiser" vor seinem Namen auf seiner Visitenkarte stehen.
Ich finde, in unserer Kultur gibt es wenige Weise, aber dafür sehr viele Experten. Und bis zum heutigen Tag ist mir noch kein einziger Experte aufgefallen, der tatsächlich auch noch weise wäre.
Vielmehr wetteifern viele Experten, um mit ihrem angelesenen und gelerntem Wissen zu punkten. So geschieht oft, dass hinter einer Anhäufung von Titeln oder abgeschossenen Ausbildungen ganz automatisch auch der Glanz der Weisheit vermutet wird.
Aus meiner eigenen Erfahrung bin ich aber davon überzeugt, dass viel Wissen möglicherweise sogar als Hindernis zur Erreichung von Weisheit darstellen kann.
Wie käme es sonst, dass mir eine alte Bäuerin aus dem Nachbardorf weiser erscheint, als der Universitätsprofessor von gegenüber?
Ganz einfach:
Die Bäuerin kennt und schätzt das Leben.
Sie hat Geburt und Tod viele Male in ihren Ställen erlebt und auch selbst einige Kinder zur Welt gebracht. Sie weiß, wie wichtig gutes Essen für Leib und Seele ist, weil sie es Tag für Tag in ihrem Betrieb für andere Menschen erzeugt.
Und im speziellen Fall diesr Bäuerin kann ich sehen, dass sie nicht einen Funken Energie dafür investiert, um der Aussenwelt in einem anderen Licht als ihrem ureigenen zu erscheinen.
Und sie ist ehrlich. Sie verschenkt lieber eine zu klein geratene Zwiebel, bevor sie versucht ihrem Kunden weiszumachen, dass kleine Zwiebeln viel schmackhafter als große wären.
Sie macht sich keine großen Gedanken um ihre Zukunft, weil sie ausschließlich hier und heute lebt.
Und der Professor?
Der eilt jeden Morgen zur S-Bahn kurz nach Sieben, weil er wichtige Wissensbrocken für seine vermutlich noch nicht weisen Studenten in verdauliche Häppchen aufbereiten muss.
Er sitzt dann oft bis weit nach 19.00 Uhr im fahlen Kunstlicht seines Büros, denn schließlich hat er auch noch einen Forschungsauftrag zu erledigen. Und wie man ja weiß bringt ein Forschungsauftrag viel Geld.
Sehr deutlich lässt sich die fehlende Weisheit des Professors beobachten, wenn es um alltägliche Verrichtungen, wie beispielsweise Brot kaufen geht.
Der unweise Professor kauft dann halt irgendein Brot, das er zwischen zwei Vorlesungen gedankenlos in sich hinein isst.
Da seine Gedankenwelt so voll von unverdaulichen Wissensbrocken ist, bleibt kein Raum für Gedanken wie beispielsweise, dass das Brot gut ist - und auch ebenso wenig für Dankbarkeit.
Vielleicht fragst Du Dich jetzt, was das werden soll.
Natürlich gibt es weise Menschen - vermutlich auch unter Professoren.
Und wenig weise Bauern, die ohne Rücksicht auf Natur und Gesundheit nach Profit streben, kenne ich genug.
Mir geht es ausschließlich darum, Dich für den Unterschied zwischen Wissen und Weisheit zu sensibilisieren.
Mit diesem Text möchte ich Dich aufrütteln und Dich auffordern Dein Dasein zu lieben - ganz gleich an welchen finsteren Ort auf dieser Erde es Dich derzeit verschlagen hat.
Denn eine weitere meiner Beobachtungen hat mir gezeigt, dass Weisheit universell und keineswegs elitär verteilt wird.
Und genau deswegen brauchst Du Dir um Deine Weisheit keine Sorgen machen, nur weil Dir noch ein Zertifikat oder Zeugnis zur Bestätigung fehlt.
Es gibt gar keine Urkunde für wahre Weisheit und häufig wir ein wahrhaft weises Wort eher belächelt und kritisiert, als erkannt oder gar belobigt.
Und bezahlt und honoriert wird Weisheit schon gar nicht.
Also? Wie es es mit Dir?
Bist Du möglicherweiser schon einer von den unbekannten Weisen, die im Verborgenen blühen?
Oder strebst Du nach Weisheit?
Für diesen Fall möchte ich Dich zur Aufmerksamkeit und Umsicht mahnen.
Weisheit lässt sich nicht in fremden Meinungen oder angepassten Ideologien finden, mögen sie auch noch so weise anmuten. Auch eigene Anpassung an fremde Glaubenssätze oder Regeln führt in keinem Fall zur ersehnten Erleuchtung, sondern sorgt nur dafür, dass das eigene Licht unter dem Scheffel verschwindet..
Der für seine spitze Feder bekannte Komponist und Musiker Erich Ferstl drückte seine Ansicht über die Weisheit so aus:
"Manche Leute glauben sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen, dabei war es doch nur Buchstabensuppe"
Ich meine:
Wahre Weisheit gibt es nur tief in Dir drin!
Über DEINE Meinung und Blickwinkel zum Thema würde ich mich sehr freuen.
Besser und besser!