Die Rückkehr des verlorenen Sohnes: Spider-Man ist wieder Teil des Marvel Cinematic Universe

Es gibt Verlautbarungen, die förmlich daran rufen, dass man sie kommentiert. Was Marvel Studios zusammen mit Sony Pictures heute zu vermelden hatte, ist genau so eine Nachricht. Und es ist eine, bei der ich den Impuls unterdrücken musste, hier zu schreiben: " Ich habe es euch ja vorher gesagt!". Da ihr diese Worte aber gerade gelesen habt, ist es mir wohl nicht recht gelungen.

Mitte November 2014 beschäftigte ich mich in einem Beitrag Comicverfilmungen: Alles eine Frage derPerspektive? hier im Blog mit den Planungen der Hollywood-Studios für weitere Projekte dieser Art in den kommenden Jahren Jahren. Im Bezug auf Sony Pictures und seine Spider-Man-Reihe prognostizierte ich seinerzeit:

„Sony wird zwar die Rechte an Spider-Man nicht an Marvel zurückgeben, doch eine weitgehende Kooperation eingehen. Spidey könnte in den Marvel-Filmen auftauchen und Sony die Figur weiterhin in eigenen Filmen auswerten. So wären auch Auftritte von Figuren aus dem restlichen Marvel-Universum in Spidey-Filmen nicht ausgeschlossen und beide Studios würden maximal profitieren."

Und weil es nun genau so gekommen ist, wie ich es vorausgesagt hatte, schoss mit beim Lesen der Meldung ein spontanes " I told you so!" durch den Kopf. Euch wäre es wahrscheinlich an meiner Stelle ähnlich ergangen. Hollywood ist teilweise ja so berechenbar.

Die Rückkehr des verlorenen Sohnes: Spider-Man ist wieder Teil des Marvel Cinematic Universe

Was wird also nun genau geschehen? Gemäß der Vereinbarung zwischen Sony und Marvel wird Spider-Man zunächst in einem Streifen des offiziellen MCU (Marvel Cinematic Universe) auftauchen, ehe er 2017 in einem eigenen Film auf die Leinwand zurückkehrt. Dieser Film wird von Kevin Feige (für Marvel) und Amy Pascal (für Sony) produziert. Sony wird den nächsten Spidey-Film finanzieren, vertreiben und das letzte Wort in kreativen Belangen behalten. Außerdem besitzt das Studio weiterhin die Filmrechte an der Figur, die man in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre von Marvel erworben hatte. In gewisser Hinsicht stellt sich damit die kuriose Situation ein, dass Marvel eine Art Auftragsarbeit für Sony abliefert, obwohl Spider-Man eine Comicfigur aus dem eigenen Hause ist. So ist das eben mit den Rechten. Gleichzeitig prüfen die Partner Möglichkeiten, Figuren aus dem Marvel-Universum in zukünftigen Spider-Man-Filmen auftreten zu lassen.

Die Übereinkunft zwischen den Partnern hat nicht nur Auswirkungen auf das Spidey-Verse, sondern natürlich auch auf das MCU. Allein die Ankündigung des nächsten Films des Netzschwingers für den 28. Juli 2017 (US-Release) hat Konsequenzen, über die Entertainment Weekly mehr weiß. So muss Thor: Ragnarok seinen Starttermin für Spider-Man räumen und läuft erst am 3. November 2017 an. An diesem Tag sollte eigentlich Black Panther sein Solo-Debüt erleben. Doch dieses verschiebt sich um neun Monate auf den 6. Juli 2018 - jenen Termin, an dem ursprünglich Captain Marvel kommen sollte. Wer hier ein Schema auszumachen glaubt, liegt völlig richtig, denn der erste Solo-Film eines weiblichen Superhelden aus dem MCU wird genau auf den Termin verschoben, an dem Marvel bislang die Inhumans präsentieren wollte. Captain Marvel geht also nun am 2. November 2018 ins Rennen, die Inhumans jetzt erst am 12. Juli 2019. Von der Rochade nicht betroffen ist demnach der Zweiteiler Avengers: Infinity War.

Dass Spider-Man vor seinem nächsten eigenen Abenteuer einen Auftritt in einem Film des MCU absolvieren wird, läd zu Spekulationen darüber ein, um welchen Streifen es sich wohl handelt. Grundsätzlich stehen Captain America: Civil War, Doctor Strange und Guardians of the Galaxy 2 zu Auswahl. Sehr viel spricht dafür, dass die Wahl wohl auf den dritten Cap-Film fallen wird, denn in der Comic-Story, die dem Film als Basis dient, spielt Spider-Man eine gewichtige Rolle. Schon alleine deshalb, würde es Sinn ergeben, Spidey dort zu integrieren. Zudem käme er gleich bei seinem ersten Erscheinen direkt in Kontakt mit einer ganzen Reihe anderer prominenter Helden, da neben Captain America ja auch noch Iron Man, Black Widow, The Falcon und (so darf man annehmen) auch Black Panther mit von der Partie sind. Angesichts der Fülle an Superhelden, die in dem Streifen vorkommen, wäre das Studio übrigens langsam gut beraten, den Titel des Films von Captain America: Civil War in Marvel's Civil War zu ändern. Immerhin heißt es ja auch Avengers: Age of Ultron und nicht Iron Man: Age of Ultron. Aber bekanntlich sind Namen eh nur Schall und Rauch. Spannend wird natürlich auch die Frage sein, wer Spider-Man eigentlich in Zukunft spielen wird. Denn zu der "neuen künstlerischen Richtung", in die man die Figur lenken will, wäre eine weitere Verpflichtung von Andrew Garfield für den Part definitiv ein Widerspruch. Darum dürfen wir uns wohl demnächst auf den dritten Schauspieler im rot-blauen Kostüm einstellen. Casting-Vorschläge nimmt Marvel ab sofort während der offiziellen Bürozeiten entgegen.

Der Deal zwischen Marvel und Sony wird von den Fans selbstredend begrüßt, stellt für 20 th Century Fox jedoch durchaus ein Problem dar. Das Studio, dass die Filmrechte an Franchises wie X-Men oder Fantastic Four hält, darf sich schon einmal darauf einstellen, dass gewisse Teile des Fandoms dazu aufrufen werden, kommende Produktionen wie das Reboot von Fantastic Four oder X-Men: Apocalypse zu boykottieren, um Fox auf diese Weise dazu zu nötigen, aus wirtschaftlichen Gründen eine Vereinbarung mit Marvel zu treffen, wie Sony sie nun eingegangen ist. Gegen die FF-Neuauflage läuft immerhin seit einiger Zeit schon eine Kampagne im Netz mit dem Ziel, den Film floppen zu lassen, damit das Studio sich mangels Erfolg dafür entscheidet, die Rechte an Marvel zurückzugeben. Der neue Sony-Marvel-Deal dürfte noch einmal Wasser auf die Mühlen sein.

Spider-Man wird also nun Bestandteil des MCU, womit das Studio seinem Ziel, die Kontrolle über seine Charaktere wieder zurückzugewinnen, wieder ein Stück näher gekommen ist. Dass Sony formal die Rechte weiter hält, kann Marvel nicht zuletzt deshalb gut verschmerzen, da auf diese Weise Millionen an Dollars für die Produktion der Spidey-Filme zur Verfügung stehen, die der zum Disney-Konzern gehörende Comic-Riese nicht selbst aufzubringen braucht. Und Sony kommt aus der Bredouille heraus, auf Rechten zu sitzen, die man aber nicht zur vollen Größe entwickeln kann, da sie nur einen isolierten Teil des Marvel-Comicuniversums abdecken. Aus diesem Grunde war es absehbar, dass es früher oder später eine Einigung zwischen beiden Seiten geben würde. Und die, die man nun gefunden hat, ist eine gute.


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