Die richtige Schriftwahl und Satzbau in der Typografie

Von Texblock

Hallo Typografen,
die richtige Schrift zu finden, ist nicht immer einfach: Entweder es gibt keinen Anhaltspunkt zur Geschichte oder aber die Schriften selbst wurden nicht richtig ausgerichtet, verfeinert. Bevor mit einer Schrift gestaltet wird, sollte jeder einige Schritte durchgehen, um die richtige Wahl der Schrift zu treffen – dazu habe ich für euch einige Anhaltspunkte…
Aber wieso die richtige Schrift wählen? Ganz einfach, um es den LeserInnen leichter zu machen, den Text zu erfassen, zu lesen. Denn wenn die Schrift nicht richtig konfiguriert ist, ist sie meist unleserlich, zu eng und kaum ansprechend. So komisch das auch klingen mag: Texte müssen den Leser ansprechen, ihn zum lesen motivieren. Die Typografen unter euch wissen was ich meine.
Aber genug geplappert, ich möchte euch einige Hinweise geben, wie ihr die richtige Schrift findet, die makellos einsetzbar ist:

1. Der erste Punkt ist die Frage, ob sich die Schrift technisch überhaupt eignet?! E ist durchaus möglich, dass Schriftzeichen fehlen, sodass sie unvollständig oder sogar defekt sind. Ob das der Fall ist, lässt sich sehr schnell mit dem Computer prüfen. Ein Beispiel wäre das Programm »ATM Deluxe«, welches man sich kostenlos herunterladen kann. Einfach mal danach googlen.
2. Sind die Formen richtig ausgebaut und wurde die Schrift überhaupt digitalisiert? Jede Schrift sollte sauber vektorisiert werden. Es bringt niemanden etwas, wenn sie lieblos eingescannt und für den Gebrauch freigestellt wird. Ob eine Schrift digitalisiert wurde, lässt sich ganz leicht an folgenden Faktoren erkennen:
• Wie wirkt der Übergang von einer Rundung zu einer Geraden im Buchstaben? Ist sie sauber, harmonisch und klar oder eher hart, eckig, kantig?
• Auch ob die Rundungen gleichmäßig sind, ist von äußerster Wichtigkeit. Es sieht einfach schrecklich aus, wenn die Rundungen verschiedene Formen besitzen. Schaut euch als Beispiel mal die Buchstaben »O« und »C« an. Das C ist zwar nicht geschlossen, besitzt jedoch die exakt gleiche Rundung wie das O.
• Und wie steht es mit den Details? Auch hier solltet ihr die Schriften einfach mal vergrößern und genau betrachten. Beispielsweise die Übergänge zu den Serifen.
3. Sind alle notwendigen Zeichen und Schnitte in der Schrift enthalten? Manche Schriften besitzen nur einen Regular-Schnitt, andere dagegen Schnitte wie Leichte, Fette, Breite, Schmale, Kapitälchen. Es kommt auf den Gebrauch an, ob ihr einen bestimmten Schnitt benötigt. Auch ist es wichtig, nach den Zeichen zu schauen. Sonderzeichen, Akzente, Mediävalziffern wären einige Beispiele. Zum Schluss solltet ihr noch schauen, ob Ligaturen überhaupt existieren und wie sie aussehen, zum Beispiel »fi« oder »fl«.
4. Stimmen die Buchstabenabstände? Die so genannte »Zurichtung« spielt eine sehr wichtige Rolle, was die Lesbarkeit angeht. Wenn eine Schrift zu eng ist und der Weißraum zwischen den Buchstaben verschieden groß ist, stimmt die Zurichtung nicht. Ein Mittel dagegen wäre, einfach die Laufweite zu vergrößern, um dieses Problem zu beheben. Sollte auch das nicht wirklich weiterhelfen: Schrift einfach weglassen und nicht verwenden.
5. Auf das optimale Kerning kommt es an! Jede Schrift besitzt ihre Zeichenkombinationen, Buchstaben, die aneinander gereiht werden. Auch hier kann es vorkommen, dass zwischen zwei Buchstaben de Weißraum nicht stimmt, sodass die Buchstaben zu eng oder zu weit auseinander liegen. Auch bei Interpunktionen, sprich Satzzeichen, muss eine Ausgleichung stattfinden. Das Kerning lässt sich in InDesign & Co. einfach ein- und ausschalten.
6. Fremdsprachen ist auch ein kleiner Punkt, den man nicht außer Acht lassen sollte. Hier kommen die Sonderzeichen, spezifisch die Anführungszeichen ins Spiel. Dadurch, dass manche Schriften für mehrere Sprachen entwickelt wurden sind bzw. die nötigen Zeichen besitzen, herrschen hier andere Regeln. So ist die Ausrichtung nicht immer korrekt.
7. Ist die Laufweite optimal oder muss sie angepasst werden? Auf die Laufweite kamen wir bereits indirekt zu sprechen – sie regelt die Buchstabenabstände, den Weißraum, um die Lesbarkeit zu verschlechtern oder zu verbessern. Hierbei gibt es keine feste Regeln: Ihr müsst euren Text genauestens anschauen, um festzustellen, ob dieser leserlich ist oder ob das Auge irgendwo hängen bleibt. Kleiner Tipp: Ist der Text unter 15 Punkt groß, wird die Laufweite bei solch kleinen Größen vergrößert. Alles über 15 Punkt wird dagegen nicht verändert oder leicht in die Enge gezogen.
8. Voreinstellungen der Wortzwischenräume und Trennungen sollten stimmen. Das ist vor allem beim Blocksatz elementar, da hier vom Programm gerne Löcher in den Zeilen gesetzt werden. Die Absicht ist dabei nur, dass die Kanten am Anfang und Ende gleich sind und eben diesen Blocksatz-Charakter bekommen. Die Wortzwischenräume dürfen nicht löchrig oder zu eng wirken – das könnt ihr in den Einstellungen des jeweiligen Programm ändern.
9. Auch vorhin knapp erwähnt ist es wichtig, bei Headlines bzw. bei allgemein großen Schriften die Zwischenabstände der Wörter zu verringern. Dadurch sieht zusammengehöriger aus.
10. Der Mix zwischen Schriftgröße, Wortzwischenraum und natürlich Zeilenabstand muss perfekt sein. Wenn ihr die ersten zwei Bereiche ausbaut und gestaltet, den Zeilenabstand aber zu eng setzt, wird es so oder so nichts mit der Lesbarkeit. Setzt lieber eine etwas kleinere Schriftgröße ein und vergrößert den Zeilenabstand, um den Lesefluss nicht zu unterbrechen.
11. Werden Leerzeichen richtig gesetzt? Nichts ist nerviger als verschieden große Wortabstände. Diese feste Größe darf nicht zu eng oder weitläufig ausfallen. Für InDesign empfiehlt es sich ein Viertelgeviert und für QuarkXPress 25% zu verwenden.
12. Bei Abkürzungen, wie »Dr.« oder »Prof.« wird am Ende immer ein ».« gesetzt. Bei Abständen zwischen zwei Abkürzungen (wie beim Datum), wird kein Viertelgeviert wie bei normalen Leerzeichen gesetzt. Es wird etwas enger gestaltet, da der Weißraum sonst zu groß wird. Zwar nur eine kleine Detailarbeit, dennoch äußerst wichtig.
13. Gehört ein Leerzeichen vor einem Satzezeichen? Niemals, es lenkt zu sehr ab und verwirrt den Leser. Beispiel: »Ich liebe Typografie ! Ich liebe Typografie!« Der erste Satz wurde dabei falsch ausgeglichen, da ein Viertelgeviert zwischen dem Buchstaben und dem Satzzeichen steht.
14. Wie sieht es mit den horizontalen Strichen aus? Wurden sie richtig gesetzt? Leider ist es üblich, dass Striche falsch gesetzt oder vertauscht werden. So gibt es zum Beispiel den kurzen Strich »-«, der als Trenn- und Bindestrich gedacht ist. Der längere Strich dagegen »–« erfüllt gleich mehrere Zwecke. So wird er als Gedankenstrich zwischen zwei Wortzwischenräume, als Bis-, Strecken-, oder Auslassungsstrich, die jeweils zwischen Wörtern und Zahlen auftreten oder aber auch als Spiegelstrich für Aufzählungen. Je nach Verwendung entweder den kurzen oder langen Strich verwenden.
15. Stimmen die Index- und Exponenten Einstellungen nicht? Wenn das der Fall ist, müsst ihr sie umstellen oder notfalls manuell ausrichten. Bei Hochziffern und Bruchzahlen kann es daher leicht vorkommen, dass sie zu sehr an einem Wort kleben, ihr Abstand zu groß oder ihre eigentliche Größe nicht stimmt. Wie gesagt, einfach mal unter Voreinstellung nachschauen.
16. Bei Apostrophen gibt es auch einige Probleme. So werden diese gerne falsch gesetzt und durch andere Zeichen ersetzt. Denkt daran, dass sie immer wie eine hochgestellte »9«, also genau so »’« aussehen. Beim Mac einfach Shift+Alt+# drücken.
17. Kommen wir nun nochmals zu den Ligaturen. Bei »fi«, »fl«, »ff«, »ffi« und »ffl« ist es aufgrund des großen Weißraums zwischen den Buchstaben enorm notwendig, sie einzusetzen. Daher sollten sich diese Buchstabenkombinationen förmlich »verschmelzen«. Bei vielen Programmen lassen sich Ligaturen automatisch setzen, was aber nicht heißen soll, dass es immer stimmt. Daher solltet ihr unbedingt per Suchfunktion in die einzelnen Ligaturen eingreifen.
18. Sonderzeichen sollten nicht verwechselt und korrekt gesetzt werden. Beispielsweise das Paragraphzeichen »§«. Es ersetzt niemals im Copytext das Wort selbst, sondern steht immer in Verbindung mit einer Zahl. Oder beim Gradzeichen »°« – auch hier kommen die absurdesten Ideen heraus, beispielsweise ein hochgestelltes »o«. Kleiner und größer als sind niemals Anführungszeichen. Und zum Schluss wird das Mal-Zeichen als »×« und nicht als Buchstabe »x« dargestellt.
19. Geregelte Auszeichnungen sind im Copytext sehr wichtig. Als Auszeichnung bezeichnet man Hervorhebungen im Text, wie zum Beispiel »fett« oder »kursiv«. Achtet dabei darauf, dass die Interpunktion auch ausgezeichnet wird und nicht einfach ausfällt, zum Beispiel: Typografie! Das Ausrufezeichen wird im dem Fall also auch fett gesetzt. Stehen zwei Interpunktionen dagegen zwischen einem Wort, ist beides möglich: (Typography) oder (Typography).
20. Veränderungen der Auszeichnungen dürfen niemals elektronisch durchgeführt werden, da es zunehmend als Hässlich bezeichnet wird. Das bedeutet also, dass ihr Schriften nicht einfach kursiv setzen sollt. Vielmehr sollte die Schrift über ihre eigenen Schriftschnitte eingestellt werden, zum Beispiel von Regular auf Italic.
21. Ein kleine und sehr gemeine Falle bietet die Ziffer »1«. Durch ihre Anwendung in Fließtexten erhöht sich der Weißraum zu stark, da die schmäler als alle anderen ist. Hier kann lediglich manuell nachgebessert werden.
22. Wie sieht es mit der Satzkante bei unterschiedlich großen Schriften aus? Stellt euch mal vor, ihr habt eine 36 Punkt große Headline und genau drunter befindet sich eine Schrift in der Größe 12 Punkt. Diese wollt ihr genau an der gleichen Kante platzieren, damit es blockartig wirkt. Bei serifenlosen Schriften ist das kein Hexenwerk… aber wo peile ich sie bei Antiqua-Schriften an? Das wird nämlich nicht an der Serife oder Grundstrich des Buchstaben angepasst… sondern vielmehr dazwischen. Euer Auge muss da mitspielen und beurteilen, ob es sich optisch auf einer Linie befindet.
23. Zum Schluss muss man sich auch die Frage stellen, wie die Schrift gedruckt wird, wie wird es am Ende produziert? Im Offsetdruck solltet ihr keine Probleme haben, da die meisten Schriften danach ausgelegt sind. Der Rastertiefdruck frisst die Konturen der Schrift, weswegen hauchdünne Schriften sehr darunter leiden. Ein Laserausdruck sieht sehr gut aus, kann die Schrift aber durch den Farbauftrag etwas fetter machen. Beim Tintenstrahldrucker wird die Kontur äußerst schwammig, was meist am saugstarkem Papier liegt. Und bei Schriften, die gefaxt werden, sollt die Schriftgröße und Laufweite beachtet werden, hier erst recht! Die Schriften kommen sehr ausgefranst rüber.
Letztendlich hängt das natürlich auch vom Papier ab. Wenn ihr die Möglichkeit habt, rate ich euch einen Testausdruck zu machen. Je nach Auflage wählt ihr dann euren Drucker, um es so günstig wie möglich zu gestalten.
Das war es auch erstmal zur Schriftwahl und Satzbau. Ich hoffe ihr konntet einige Tipps und Tricks entnehmen und eure Gestaltung ab sofort noch feiner gestalten wenn nicht sogar perfektionieren