WEIMAR. (fgw) Es ist sehr erfreulich, daß der sich immer um die Menschenrechte in anderen Ländern bemühte bundesdeutsche Staat beginnt, mit den Rechten der Kinder auf die grundgesetzlich verbriefte Religions-und Weltanschauungsfreiheit zu beschäftigen. Ging es vor einigen Jahren noch um die Frage von Verfolgung von „Ehrenmorden“ und Zwangsverheiratung, sind nun endlich die Verbote der Genitalverstümmelung auf der Tagesordnung deutscher Gerichte angekommen.
von Ingolf Tabbert
(Bildquelle: buskampagne.at)
Daß sich dabei die Verteidiger dieser frühmittelalterlichen Riten der Genitalverstümmelung auf die Religionsfreiheit berufen, ist so geradezu hanebüchen. Gerade durch die Beschneidung sind die Jungen ihr Leben lang ob ihrer Herkunft gezeichnet, ob sie später wollen oder nicht. Diese angeblich religiöse Zwangsbindung erscheint heute auch als ein Grund für die Bildung von „Parallelgesellschaften” moslemischer Jugendlicher. Übrigens, und das ist sehr makaber, machte die Beschneidung schon den deutschen „Nationalsozialisten” eine Selektion der jüdischen Mitbürger für den Massenmord einfacher.
Daß hier, wie in den Nachrichten gehört, auch die christlichen Amtskirchen sich auf die Seite der „Verteidiger der Religionsfreiheit” stellen, hat wohl ebenso geschichtliche wie gegenwärtige Gründe. Hat zwar die europäische Aufklärung im 18. und 19. Jahrhundert für die Beendigung von Hexenverbrennung und Inquisitionsfolter gesorgt, gibt es heute immer noch sogenannte „Teufelsaustreibungen” in der katholischen Kirche, in der das Opfer körperlich malträtiert wird.
Auch können in allen christlichen Religionen die Eltern ihre Kinder zur Teilnahme an Gottesdienst und Religionsunterricht zwingen ohne Beachtung der Rechte der Kinder auf weltanschauliche Selbstbestimmung.
Die von den selbsternannten „Verteidigern der Religionsfreiheit” beschworene Religionsfreiheit, wie im Grundgesetz der BRD beschrieben, bedeutet nicht das freie Schalten und Walten von Kirchen und Religionsgemeinschaften, sondern die freie Entscheidung einer Bürgerin und jeden Bürgers, auch eines Kindes über ihre/seine Weltanschauung.
Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar