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Nun ist es also so weit: Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Westerwelle versuchen zu retten, was so nicht mehr zu retten ist: soeben erschienen die beiden Politiker, die den Ausstieg aus dem Atomausstieg zu verantworten haben, vor der Presse, um ein „Atommoratorium“ zu verkünden: nun wird die Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke also doch ausgesetzt werden damit die Sicherheit der Anlagen neu bewertet werden kann.
Nun, gestern war dies Aussetzen zwar noch kategorisch ausgeschlossen worden, aber was kümmert mich mein Geschätz von gestern – und eigentlich ist dies ja auch eine riesige Mogelpackung, denn es ist die Fortsetzung der Politik, den Bürgern Sand in die Augen zu streuen und Beruhigungspillen zu verteilen, damit man seinen eingeschlagenen Weg fortsetzen kann. Denn letztendlich gilt dieses Moratorium nur für drei Monate, und dann wolle man neue Bewertungen vorgenommen haben – man kennt dies ja von den Hartz-IV-Sätzen.
Warum ich das so sehe: ganz einfach, es handelt sich nicht um eine endgültige Rückkehr auf den schon eingeschlagenen Weg, der auf einem gesellschaftlichen Konsens beruhte, sondern lediglich um eine zweitweise Unterbrechung des neuen, falschen Weges zurück in die Kernkraft. Man stellt die schlimmsten Schrottreaktoren – die schon längst vom Netz sein müssten – erst einmal ab, die anderen laufen unverändert weiter. Gleichzeitig versucht man, die anstehenden Wahlen einigermassen heil zu überstehen, und dann legt man hübsche Berichte vor, um das Moratorium wieder aufheben zu können. Ich höre jetzt schon eines der Argumente, die dann (neben beschönigenden Berichten über die angebliche Sicherheit der deutschen AKWs) wieder aus der Tasche gezogen werden: der einklagbare Rechtsanspruch, den ja jetzt – leider, leider – die Kraftwerksbetreiber auf die neue Laufzeiten haben und die man ja nun entschädigen müsse…
Aber ich hoffe, dass die Menschen auf dieses mehr durchsichtige taktische Manöver nicht hereinfallen: das Moratorium ist keine Abkehr vom falschen Weg, es ist ein kleiner Schachzug – oder sollte man es nicht gleich besser einen windigen Taschenspielertrick nennen? -, um wieder einmal kurzfristig politisch zu überleben, ohne seinen Lobbyisten aus der Atomindustrie zu sehr weh tun zu müssen. Man schaue sich nur die wichtigen Wahltermine und die zeitliche Befristung an…
Die Poltik muss gezwungen werden, die übelsten Kernkraftwerke sofort still zu legen – und zwar endgültig ohne jedes Wenn und Aber -, und sie muss weiterhin gezwungen werden, schnell und umfangreich die übrigen Kernkraftwerke überflüssig zu machen, um sie abschalten zu können – besser gestern als heute. Dazu gehört eine verlässliche Förderung von alternativen Energien, eine Benachteiligung des noch eingespeisten Atomstroms mit allen rechtlich zulässigen Möglichkeiten und eine umfangreiche Erinnerung der Stromkonzerne an ihren gesellschaftlichen Auftrag, der auch eine zügige Modernisierung des Leitungsnetzes ohne Rücksicht auf ihre Gewinnerwartungen umfasst. Und dazu gehört auch ein zügiger Dialog mit den Betroffenen: den Anrainern der AKWs, aber auch denjenigen in Gorleben oder der Asse und denjenigen, die von den Aus- und Umbauten des Leitungsnetzes tangiert werden. Letztendlich muss es auch eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit geben, wie wir Energie einsparen können – die Mehrheit der Bevölkerung wird insoweit auch höhere Stromkosten akzeptieren, wenn diese dann tatsächlich nicht zur Gewinnmaximierung der Konzerne führt, sondern zur Abschaltung dieser strahlenden zeitbomben.
All dies ist eine zentrale Frage dieser Gesellschaft, und um diese angemessen zu beginnen, zu begleiten und umzusetzen, bedarf es wirklicher Anstrengungen der Politiker und keine Beruhigungspillen gegen die Atomangst wie dieses Moratorium.
Wir Bürger dürfen nur noch Politiker akzeptieren, die nachhaltig und ernsthaft an diesem Weg mitarbeiten. Die übrigen gehören aus den Entscheidungspositionen herausgewählt – und zwar sehr, sehr schnell. Und als Erstes gilt dies für Politiker, die erst andere Entscheidungsträger aus ihren Positionen jagen wollen, weil diese nicht umfangreich genug die alten Schrottmeiler wieder ans Netz lassen, und nun zu Oberabschaltern mutieren, nur weil sie sich Sorgen um ihren Posten machen – ist übrigens nicht zum ersten Mal, dass Herr Ministerpräsident Stefan Mappus erst die Wirtschaftsinteressen in den Vordergrund stellt, um dann halbherzig und einzig und allein aus taktischen Erwägungen zurück zu rudern. Mit solchen Politikern ist weder Staat noch ein Umbau unserer Energieversorgung zu machen.