“Die Rechte” kommt. Eine neue rechtsradikale Partei hat sich formiert und die Presse fragt nach dem Warum

Es gab Zeiten, während denen das rechte Spektrum als zersplittert und nicht sehr gut organisiert galt. Das hat sich allerdings verändert. Über das Internet organisieren sich rechte Gruppierungen landesweit und machen erfolgreich Werbung für sich und ihre Sache. Das Imgage des brutalen, dummen Glatzkopfes, der alkoholbeseelt antisemitische Hetzparolen grölt, ist einem anderen Bild gewichen, nämlich den einer straff organisierten bürgernahen und sozial aktiven national-konservativen politischen Strömung, die sich harmlos und besonnen gibt. NPD und früher auch die DVU waren bislang die tonangebenden Parteien, die das ultra rechte Spektrum politisch vertraten.

“Die Rechte” kommt. Eine neue rechtsradikale Partei hat sich formiert und die Presse fragt nach dem Warum

Christian Worch ist eine der führenden Neonazikader in Deutschland Quelle: Nigel Treblin/ ddp

Christian Worch, einer der geistigen Väter des Konzeptes der “freien Kameradschaften”, hat mit “Die Rechte” eine neue rechtsradikale Partei gegründet und damit der NPD ernsthafte Konkurrenz beschert. Der 56 jährige Strassenaktivist, der bislang keinen Sinn in rechten Parteien gesehen hatte – auf einem Transparent, das auf einem Foto auf Worchs Homepage zu sehen ist, steht: “Die Bewegung braucht keine Parteien!” – hat nun den Bundesvorsitz seiner selbst gegründeten Partei inne. Im Mai registrierte der vorbestrafte Worch die Partei laut dem Blatt beim Bundeswahlleiter. Das Amt prüfe derzeit ihre Satzung, heißt es dort. 2013 soll dann der Bundeswahlausschuss entscheiden, ob die Partei an der Bundestagswahl teilnehmen darf oder nicht.

Namensanalogien zur Linkspartei sind übrigens gewollt: “Wenn es eine Linke gibt, sollte es folgerichtig auch eine Rechte geben”, sagte Worch.

Strategiewechsel und Parteigründung

Warum dieser Gesinnungswechsel? Er habe lange darauf gewartet, dass sich irgendeine Partei “in die Richtung entwickeln würde, die ich für richtig halte”, sagte Worch. Nun sei der Punkt gekommen, an dem ihm nichts anderes bleibe, “als es selbst zu machen”.

Die Gründung selbst ging lautlos vonstatten. Am Pfingstsonntag sollen sich rechtsextreme Gesinnungsgenossen in Hamburg zum ersten Parteitag getroffen haben, der, wie es heisst,  “in kleinem, geschlossenen Rahmen”, stattfand. Neben Worch zogen zwei ehemalige DVU-Kräfte in den Vorstand ein. Die DVU war 2011 mit der NPD fusioniert, und zwar gegen den erbitterten Widerstand einiger damaliger DVU-Führungsleute. Genau dieser ehemalige Führungskader scheint nun in der neuen “Rechten” eine politische Heimat gefunden zu haben.

Das Parteiprogramm

In einer Gründungserklärung ist die Rede davon, dass die Partei “nicht unwesentlich auf den Trümmern der DVU aufbaut”. Selbst das Programm sei von der alten DVU in grossen Teilen übernommen, räumt Worch ein, “in etlichen Punkten allerdings sprachlich wie inhaltlich modernisiert und ergänzt”.

Auf der ofiziellen Website der Partei mutet auf den ersten Blick alles sehr seriös und zurückgenommen an, offene neonazistische Standpunkte werden vermieden, und gleich zu Beginn des Parteiprogrammes gibt es sogar ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Man gibt sich also harmlos und demokratisch.

Anschließend aber finden sich die üblichen rechtsradikalen Forderungen. Es geht um die “Wahrung der deutschen Identität”, die “Aufhebung der Duldung von Ausländern”und den “Schutz des Volkes vor Übergriffen”.

Die wesentlichen Punkte dazu im Partei Programm.

N-tv Spekulationen zur Parteigründung

Bei N-tv spekulierte man über mögliche Ursachen der Parteigründung just zu diesem Zeitpunkt. Es kann kein Zufall sein, so der Schluss:

“Christian Worch ist ein Altstratege der Neonazis. Er ist nach wie vor einer der zentralen Organisatoren der neonazistischen, gewaltbereiten Szene”, sagte der Politikwissenschaftler Hajo Funke der Financial Times Deutschland. “Er ist nicht zu unterschätzen und hat schon bisher, je nach Situation, mit der NPD kooperiert.”

Funke glaubt, dass Worch die Partei gründet, “weil er die NPD in Schwierigkeiten sieht und weil er Kameradschaften und Anhängern der NSU ein Sammelbecken bieten will.”

Allerdings ist doch sehr fraglich, ob die neu gegründete Rechte als Zuflucht für NPD-Mitglieder überhaupt nötig ist. Denn die Affäre um die Aktenvernichtung beim Bundesamt für Verfassungsschutz gefährdet aus Sicht des Unionsinnenexperten Hans-Peter Uhl ein neues NPD-Verbotsverfahren. Das Material des Verfassungsschutzes sei nun “natürlich angreifbarer als früher”, sagte der CSU-Politiker. “Es hat sich so gut wie erledigt.” Aber nicht nur Uhl, sondern auch andere Politiker über alle Parteigrenzen hinweg sehen die Chancen eines NPD Verbotes sehr kritisch.

Es scheint eher so zu sein, dass sich die Rechte als Sammlungs- und Vereinigungspartei sieht, die auch NPD Mitgliedern eine breitere politische Basis bieten kann, und diese damit vielleicht anlockt. Für Deutschlands Demokratie  erwächst eine ernstere Gefahr, als es vielleicht zu Beginn aussieht. Zentrale gut organisiert Sammlungsbewegungen oder -Parteien können mehr potentielle Mitläufer aktivieren und sie unter einer einheitlichen “Heimat” ideologisch zusammen schweissen. Das weiß auch Worch, zumal er ja Erfahrungen aus der Kameradschaft hat.

Seid wachsam

wünscht euch, René Brandstädter – humanicum


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