Planen und Zweifeln während der Rauhnächte
Wie jedes Jahr zu Neujahr und den Tagen danach drängt es einem gerne, Pläne zu schmieden.
Das beginnt mit den sogenannten guten Vorsätzen. Der Drang zu Planen wurde zusätzlich unterstützt durch die Vorfreude und Vorbereitung auf die ruhige Weihnachtszeit. Diese ist nun vorbei, doch der innere Drang, die bedrohliche Leere nach den Festivitäten weiter zu füllen, ist geblieben. Man kennt auch den Begriff des Januarlochs, der gerne umgemünzt wird als leere Zeit und somit bedrohliche Zeit.
Es findet sich Ruhe und Musse, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Noch etwas vollgefressen kann man sich kaum vorstellen, dass der Alltag wieder einkehren soll. So schweifen unsere Gedanken gerne in Gefilden umher, die von Ideen, besseren Grundlagen, besseren Sicherheiten angefüllt sind. Das tönt erst einmal gut. Mit dem Planen lebt man zwar nicht im Jetzt, aber man legt Ordnungen für die kommende Zeit.
Verführerisch das Ganze.
Die Wirkung der Rauhnächte
Erinnern wir uns für einen Moment an die Rituale vor Yul. Die Kraft der Natur hat sich in sich hinein gezogen. Alles ist da und so stark zusammen gehalten, dass die Kraft fast schon regungslos erstarrt. Eingepappt in unsere Ordnungen. Setzen wir diesen Zustand in ein Bild um, so stehen wir mit den Armen um uns herum gewickelt da, in dicken Wintermänteln, zugeschnürt und den Kopf bedeckt.
Schützen wir uns vor etwas? - Aber natürlich, wir schützen uns vor der Kälte. Emotional fühlen wir uns recht wohl: wir spüren die Wärme, die wir uns selbst und mit unseren Feuern verschaffen. Gegen die Kälte draussen sind wir verschlossen. Ein natürlicher Reflex.
Wir schützen uns.
Wir schützen uns vor dem kalten Wind da draussen. Emotional vor kalten Gedanken, die sich als Bedrohungen herausstellen können, denen wir wohl begegnen werden, wenn wir die Arme wieder frei lassen müssen und uns dem Alltag zu stellen haben.
Die Geister des Zweifelns
Wir wiegen uns in einer warmen und behaglichen Sicherheit. Diese Sicherheit füllen wir bewusst mit etwas Angst über die kommende Leere, was unweigerlich zur Vorsicht führt. Diese Vorsicht regt den Zweifel an und wir schalten um ins Planen. Es muss vermieden werden, was schlecht werden könnte.
In der Natur hat sich fast alles Leben in sich hinein gezogen. Was jetzt noch draussen ist, sucht Nahrung. Es ist die schamanische Wahrnehmung, dass dieses Etwas, diese Rauhnachts-Geister sich an den Zweifeln nähren können. Das geschieht unmerklich, ja hinterrücks. Unser Denkapparat sucht sich Gefahren, Bedrohungen und will unweigerlich Vermeidungsstrategien entwickeln. Hier sehen wir den psychologischen Einfluss der Rauhnächte. Im Zweifel und im Planen.
Das Zweifeln agiert hier, als ob man Türen öffnet. Türen für die Kraft der Rauhnächte. Kalte Winde, eiserne Lüftchen wollen sich in unsere Köpfe drängen, um auf unserem Gefühlssee die Vorsicht zu wecken, damit wir zweifeln können.
Wellness statt Zweifel und Sorgen
Die Schamanenstube kehrt den Spiess um: wir deklarieren die Zeit der Rauhnächte als freie Zeit. Als Zeit, da Planungen sinnlos sind. Als Zeit, da ein Vorausdenken, ein Ausmalen der Zukunft keinen Sinn macht.
Wir hören Geschichten des letzten Jahres. Wir hören den Ahnen und ihren Weisheiten zu. Wir geniessen die Liebe in den wehmütigen Blicken zurück auf die guten Zeiten. Aber: wir planen nicht.
Wozu auch?
Um den Zweifeln Einlass zu verschaffen?
Nein. Es ist Wellness-Zeit. Gemütliche Zeit, selbst wenn die Arbeit wieder aufgenommen wird. Alles läuft seinen Gang, auch ohne neue Pläne.
Ab dem 7. Januar klingt diese Zeit ab. Es kann zuweilen auch danach noch Zweifels-Geister haben. Also beginnen wir langsam.
Die im Dezember eingeleitete Entschleunigung darf nachwirken. Unsere Kraft muss nicht rausploppen, sondern kann sich im natürlichen Fluss gemächlich, dafür umso stärker in uns bewegen.