Die Qual der Wahl

Die Qual der Wahl

Heutzutage können wir viele Dinge frei entscheiden. Wo möchte ich leben? Welchen Beruf möchte ich ergreifen? Eigentlich ist diese Freiheit super — oder?

Doch so einfach ist das Ganze leider nicht. Denn für eine nahezu grenzenlose Wahlfreiheit sind wir Menschen nicht gemacht. Gut, dass wir einen kompetenten Ratgeber in uns tragen, der uns bei Entscheidungen zur Seite steht. Allerdings muss dieser Ratgeber auch geschult werden und Erfahrungen sammeln.

Reizüberflutung

Jeden Tag werden wir im Durchschnitt mit 10.000 Werbebotschaften bombardiert. Das sind 10.000 neue Informationen, mit denen unser Gehirn fertig werden muss. Da wir die schiere Flut mit unserer begrenzten Aufmerksamkeit gar nicht auswerten können, filtern wir automatisch die für uns unwichtigen Informationen aus diesem Strom heraus.

Dem gegenüber steht ein weiterer Mechanismus, der uns seit Urzeiten begleitet: Unser Verstand, der uns dabei hilft, die optimale Wahl zu treffen. Damit dies funktioniert, braucht er aber so viele Informationen wie möglich. Und schon haben wir eine paradoxe Situation.

Machen wir uns dieses Problem an einem alltäglichen Beispiel deutlich. Person A möchte sich für den Kauf eines Handys entscheiden. Schon hier fängt das Problem der Auswahl an: Soll es ein Smartphone sein?

Zwar hat dies Vorteile: Person A kann überall auf soziale Netzwerke zugreifen und von unterwegs E-Mails schreiben. Doch dieser vermeintliche Vorteil kann sich auch in einen Nachteil verkehren, wenn Person A nämlich nicht erreichbar sein will, es aber aufgrund der technischen Möglichkeiten trotzdem ist.

Gesetzt dem Fall, Person A hat sich trotzdem und nach gründlichem Abwägen für den Kauf eines Smartphones entschieden — welche Marke soll es dann sein? Soll das Handy über ein Metallgehäuse verfügen oder genügt Kunststoff? Welches Betriebssystem soll es haben? Person A fragt sich außerdem, ob ein langer Akku oder neueste Features wichtig sind.

Dieses einfache Beispiel soll demonstrieren, wie schnell wir in Entscheidungsschwierigkeiten geraten können. Unser Verstand versucht, alle Vor– und Nachteile gegeneinander aufzuwiegen und scheitert an der riesigen Auswahl. Er ist zwar ein wichtiges Werkzeug, doch anhand der Fülle an Informationen können wir uns nicht allein auf ihn verlassen.

Zu viele Alternativen

Was als Privileg der Moderne gefeiert wird, ist eigentlich ein klassischer Fall von „Zu viel des Guten“. Der Psychologe Barry Schwartz erklärt in seinem Buch Anleitung zur Unzufriedenheit: Warum weniger glücklicher macht, weshalb das so ist: Wenn wir über eine Summe von endlos scheinenden Alternativen verfügen, dann lähmt uns dies, anstatt uns zu befreien.

Wir treten in eine Art Schockstarre, die im allgemeinen Sprachgebrauch als „Vogel-Strauß-Prinzip“ bekannt ist. Je größer der Druck von außen ist, eine Wahl zu treffen, desto eher neigen wir in der Überforderung dazu, den Kopf in den Sand zu stecken. Der Grund hierfür ist ganz einfach: Entscheiden wir uns für das eine, wissen wir nie, ob das andere vielleicht doch besser gewesen wäre.

Schwartz führt als Beispiel die Einführung von Krankenversicherungen in US-Betrieben ein. So ergab eine Studie, dass, je mehr Versicherungsoptionen in den Firmen angeboten wurden, desto weniger Mitarbeiter tatsächlich eine der angebotenen Versicherungen abschlossen.

Ähnlich verhält es sich im Supermarkt – wie oft stehe ich vor einem Regal mit unzähligen Marken und Sorten desselben Produkts und bin ratlos. Oft entscheide ich mich in diesem Zusammenhang sogar, keines dieser Produkte zu kaufen. Ganz einfach, weil ich mit der Auswahl überfordert bin.

Die Intuition: Ein gutes Hilfsmittel

Wenn wir von vornherein nur ein paar Optionen zur Wahl haben, fällt es uns leichter, zu entscheiden. In Bezug auf die DDR-Vergangenheit habe ich von verschiedensten Leuten immer wieder diesen Satz gehört:

“Wir hatten wenig, aber damit sind wir gut klargekommen.”

Damals war die Auswahl an Lebensmitteln und Produkten viel geringer und die Menschen mussten kreativ denken, Rezepte erfinden, auf Waren warten. Sie erschufen sich die Vielfalt, anstatt sie nur vorgesetzt zu bekommen. Heute kriegen wir alles rund um die Uhr, doch macht uns dieser Luxus nicht glücklicher, im Gegenteil: Unser Verstand kommt unter dem Diktat der Vielfalt nicht zur Ruhe.

Insofern können wir nicht, sondern wir müssen vielmehr damit leben, sehr viele Wahlmöglichkeiten zu haben. Aber wir sollten lernen, mit dieser uferlosen Auswahl umzugehen. Was bringen uns tausend Wege, wenn wir nicht wissen, wohin wir gehen wollen?

Der beste Ratgeber neben dem Verstand ist die Intuition. Natürlich ist es sinnvoll und vernünftig, sich vor einer Entscheidung zu informieren. Alles andere wäre töricht. Doch wir dürfen beim Sammeln von Informationen nicht vergessen, was wir möchten und was uns gut tut. Wenn sich Ihnen ein besserer Job bietet, für den Sie jedoch umziehen müssten, dann können nur Sie allein wissen, welche Entscheidung die beste ist.

Wie gelange ich zu meiner Intuition?

Schön und gut, werden Sie jetzt denken. Wie aber gelange ich nun zu dieser nicht greifbaren, ominösen Intuition? In Paulo Coelhos berühmtem Buch Der Alchimist gibt es eine schöne Parabel auf die Entscheidungsfindung.

Der Hauptheld des Buches, Schäfer Santiago, bekommt vom König die beiden Steine Urim und Thummim geschenkt. Diese Steine, einer schwarz, der andere weiß, sollen ihm ähnlich einer Münze bei der Wahl helfen. Santiago bekommt den Hinweis, die Steine so selten wie möglich anzuwenden. Vielmehr solle er sich bei jeder Entscheidung auf seine eigene Intuition verlassen. Coelho spricht hier vom Kampf des Menschen mit der Wahlfreiheit: Manchmal müssen wir entscheiden, ohne zu wissen, wohin uns diese Entscheidung führt. Dafür ist natürlich ein gewisser Mut erforderlich.

Die Wahrheit ist: Wir können unsere Intuition nicht ohne Risiken pflegen und gedeihen lassen, wir müssen sie schulen. Learning by Doing lautet das ganze Geheimnis. Indem wir unabhängige Entscheidungen treffen und die Konsequenzen daraus tragen, gewinnen wir Selbstvertrauen und ganz nebenbei auch Charisma. Rückblickend können wir feststellen, welche Entscheidungen gut und welche nicht so gut bzw. schlecht waren. Wir lernen dadurch auch immer mehr, von den äußeren Einflüssen und unseren wahren Wünschen zu unterscheiden.

Fazit

Das Privileg unser Zeit, weitestgehend frei und ungezwungen entscheiden zu können, kann sich ins genaue Gegenteil verkehren: Den Zwang, stets die bestmögliche Entscheidung treffen zu müssen und sich in diesem Prozess selbst zu verlieren. Helfen kann uns dabei neben dem Verstand unsere Intuition, denn Sie zeigt uns, welche Wahl wirklich gut für uns ist. Am besten schulen wir sie, indem wir Entscheidungen treffen – auch, wenn wir nicht immer wissen, wohin diese tatsächlich führt.


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