Die Psychologie des Spendens (Teil 1)

Von Cubemag

Der Monat Ramadan birgt viele Möglichkeiten uns unser Verhalten bewusst zu machen, es gegebenenfalls anzupassen und damit positiven Einfluss auf unser Ego zu nehmen. Gott sei Dank gibt es diesen Monat. Genauso wie wir unseren Tagesablauf fünf Mal am Tag unterbrechen und im Gedenken Gottes innehalten, so unterbrechen wir unser Jahr ein Mal, um uns bewusst zu werden, wer wir sind bzw. wer wir geworden sind, was der Sinn unseres Seins ist, was im letzten Jahr gut gelaufen ist und wie wir unseren Charakter und unser Verhalten in gottesdienlicher Weise verbessern, ja sogar erweitern können.

Eines der vielen essentiellen Aspekte dieses besonderen Monats und aller Handlungen, die wir im Namen Gottes vollziehen, ist der Einfluss und die Unterstützung der Gemeinschaft und die Unterstützung des Einzelnen durch die Gemeinschaft. Warum ist Gemeinschaft so wichtig? Sowohl im Koran als auch in der Sunna des Propheten finden wir viele Hinweise auf die Wichtigkeit einer funktionierenden Gesellschaft.

Und es soll aus euch eine Gemeinschaft werden, die zum Guten aufruft, das Rechte gebietet und das Verwerfliche verbietet. Jene sind es, denen es wohl ergeht. [3:104]

Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist Kooperation. Was bedeutet Kooperation? Das Wort wird vom lateinischen cooperari abgeleitet und besteht aus dem Präfix co- (zusammen) und dem Verb operari (arbeiten). Oftmals wird der Begriff im wirtschaftlichen und politischen Zusammenhang verwendet, doch es steckt mehr in diesem Wort als die bloße Zusammenarbeit im Sinne politischer oder wirtschaftlicher Interessen.

Zu kooperieren ist ein ganz grundlegendes Bedürfnis aller Lebewesen, die Gott erschaffen hat. Robert Axelrod, ein bekannter Politikwissenschaftler und Mathematiker, wies darauf hin, dass die reziproke Kooperation, also die gegenseitige Unterstützung und gemeinsame Zusammenarbeit, ein häufig auftretendes Phänomen unter allen Organismen ist, in der die Mechanismen des Zusammenwirkens einfach und überschaubar scheinen, wobei die Kooperation vorteilhaft für die Beteiligten ist und das Ausbleiben von Kooperation hemmend, wenn nicht sogar schädigend für den Einzelnen und die Gemeinschaft sein kann (Axelrod, 1987).

Diesem Grundbedürfnis gehen wir in unserer tagtäglichen islamischen Lebensweise nach, beispielsweise im gemeinsamen Gebet oder eben  in diesem gesegneten Monat, an jedem Abend beim gemeinsamen Fastenbrechen. Menschen überlebten unter anderem, weil sie ihre spontane Egozentrik, also die Fixierung auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse, aufgaben (Voland, 2010). Weiterhin schreibt Voland (2010), dass Religion schon immer eine wichtige Rolle spielte, indem sie mit Hilfe von Ritualen zur Synchronisation, d.h. Abstimmung auf die gemeinsamen Bedürfnisse,  unter den Praktizierenden führte. Die mit der Religion häufig einhergehenden spirituellen, mystischen und kollektiven Elemente im täglichen Leben, können sowohl das körperliche wie geistige Wohlbefinden verbessern und selbst Furcht, Stress und Schmerz abwehren, wenn man sich ihnen widmet (Voland, 2010).

Merken wir das nicht tagtäglich, wenn wir den Werten und Praktiken des Islam folgen? Ist es nicht ein wunderbares Gefühl, anderen Menschen zur Seite zu stehen und sie zu unterstützen, sei es nur ein Gebet, das wir für sie an Gott richten? In dieser Artikelserie möchte ich einen Einblick in die Psychologie des Spendens vermitteln, sei es das Spenden von materiellen Gütern oder beispielsweise das Spenden von Hilfe in Zeiten der Not. Was steckt hinter dem Gedanken des Spendens und was macht eine solche Tat mit uns? Warum fühlen wir uns danach besser und wie können wir dieses Gefühl aufrechterhalten?

Diese und andere Fragen, werde ich versuchen, während dieses wunderbaren Monats, mit Hilfe von wissenschaftlichen Studien und mit Hinweisen aus Koran und Sunna für mich aber auch für Euch zu beantworten.

In diesem Sinne, wünsche ich uns allen einen gesegneten Monat Ramadan.

Wassalamu Alaikum, Aaroun