Die Podiumsdiskussion der Innung für Orthopädie-Schuhtechnik Rheinland/Westfalen zur Zertifizierung: Wenn die Heissgeliebten zu Hurenkindern werden…

Erstellt am 8. Juli 2011 von Stscherer

© Gerd Altmann / pixelio.de

Nun hat sie also stattgefunden, die Podiumsdiskussion der Innung für Orthopädie-Schuhtechnik Rheinland/Westfalen zur Zertifizierung. Und man kann sich nicht den Eindrucks erwehren: Die doch erst so heissgeliebte Zertifizierung scheint inzwischen zum Hurenkind geworden zu sein, denn niemand will mehr die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie jetzt zur Last der Betriebe geworden ist.

Doch trotzdem wird sie verschämt weiter propagiert, auch wenn man versucht, sie ein wenig neu zu bemänteln. Und so verschenkt man die Chance, das Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen neu zu definieren und für alle Seiten akzeptable und wirtschaftliche Wege zu suchen.

So jedenfalls liest sich die Presseerklärung, die jetzt von Frau Christiane Mahnke für den Innungsverband für Orthopädie-Schuhtechnik Nordrhein-Westfalen abgegeben wurde und die nachfolgend komplett zum Nachlesen dokumentiert ist.

Doch zunächst möchte ich auf meine erste Einschätzung der Podiusmdiskussion hinweisen, die man an anderer Stelle lesen konnte: Innung für Orthopädie-Schuhtechnik Rheinland/Westfalen führt Podiumsdiskussion zur Zertifizierung durch – und die Argumente gegen die Zertifizierungspflicht sind vielfältig! « Rechtsanwaltssozietät Scherer & Körbes.

Und ich möchte es nicht versäumen, auch noch einmal auf die äusserst lesenswerten Ausführungen des Herrn H.-G. Ahrens zu verweisen: Sinn und Unsinn einer Zertifizierung im Gesundheitshandwerk – ein Gastbeitrag von Orthopädieschuhmachermeister Hans-Georg Ahrens, Brake « Rechtsanwaltssozietät Scherer & Körbes.

Und ich will voranstellen die Stellungnahme von Bernd Rosin-Lampertius, dem Geschäftsführer der GO GmbH:

Zum 02. Juli 2011 hatte der Innungsverband Rheinland/Westfalen zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Zertifizierung Ja, Nein – Was stattdessen“ eingeladen, bei der auch hochrangige Kassenvertreter auf dem Podium saßen. Dabei ist es äußerst kontrovers, aber wohl auch sachlich zugegangen. Das lässt sich zumindest aus einer Pressemitteilung des Innungsverbandes erkennen. Erkennbar wird darin aber auch, dass es insbesondere bei den Kleinbetrieben Widerstände gegen die Zertifizierungspflicht gibt, auch wenn diese bereits zertifiziert sind. Dieses Stimmungsbild in der Mitgliedschaft dürfte nicht untypisch für andere Innungen sein, die sich grundsätzlich auch für eine Zertifizierung aussprechen.

Dass hier wohl der Entscheidungsprozess bei allen Beteiligten noch einmal in Gang gekommen ist und auch die Notwendigkeit einer stärkeren Abstimmung der beteiligten Verbände gesehen wird, kann nur begrüßt werden.

Bei all dem muss jedoch einem Argument deutlich widersprechen, bzw. sozusagen in den historischen Kontext stellen. Es stimmt, der ZVOS musste in dem Vertrag mit der Barmer und der TK, über die PG 31 die „Kröte“ Zertifizierung schlucken. Jeder der aber ehrlich ist, wird aber zugeben müssen, dass man damals bereit war, im Zwei- felsfall jede „Kröte“ zu schlucken, die man noch halbwegs runter be- kommen konnte, nachdem sich die DAK geweigert hatte, einen Ver- trag zu schließen. Das bezog sich übrigens auch auf den Innungs- verband NRW, der damals noch Mitglied im ZVOS war.

Spätestens im September 2009 wurden dann aber die Karten neu gemischt. Nicht nur, dass eine große parlamentarische Mehrheit im Rahmen des GKV-OrgWG der vorherigen Allmacht der Kassen deutliche Grenzen gesetzt hatte, hatte sich auch das Bundesministerium für Gesundheit deutlich gegen einen Zertifizierungspflicht positioniert.

Spätestens hier hätte allen Beteiligten klar sein müssen, dass nun nach neuen Regeln gespielt wird und die Betriebe nunmehr über ein höheres Maß an Rechtssicherheit haben. Das inzwischen allseits bekannte und vielzitierte Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes, vom 28. Dezember 2011, ist davon letztlich nur der Ausdruck dieses politischen Willens.

Insofern erstaunen die Aussagen der Vertreter der AOK Rheinland/Hamburg in der Pressemitteilung, dass diese nach einer Übergangsfrist nichtzertifizierte Betriebe von der Versorgung ihrer Versicherten ausschließen wird. Wie die AOK dies angesichts des eindeutigen Willens der politischen Entscheidungsträger, der klaren Positionierung des Bundesversicherungsamtes, der Ablehnung der Zertifizierungspflicht durch die Innung Nord sowie der darüber hinaus noch bestehenden verfassungsrechtlichen Problematik abschließend durchsetzen bzw. durchhalten will, wird mit großem Interesse zu verfolgen sein.

Die Annahme, das Ganze gehe an der AOK vorbei, weil das Bundesversicherungsamt nicht die zuständige Aufsichtsbehörde sei, könnte sich schneller als erwartet als Illusion herausstellen.

So weit also diese Stellungnahme zum Einstieg. Doch schauen wir uns die Pressemitteilung des Innungsverbandes für Orthopädie-Schuhtechnik NRW nun noch ein wenig genauer – und vielleicht auch ein bisschen kritischer – an.

Gleich zu Beginn beschäftigt sich die dortigen AUsführungen mit dem Verhalten der TK, die ja unter ausdrücklicher Berufung auf die Rechtsauffassungen ihrer Aufsichtsbehörde, des Bundesversicherungsamtes, die Zertifizierung ausgesetzt hat.

Für die betroffenen Betriebe war dies ein grosser Fortschritt, sicherte es ihnen doch wieder die Lieferberechtigung – und die zertifizierten Betriebe dürfte es eigentlich nicht stören, denn angeblich soll die Zertifizierung ja ein grosser Gewinn für sie sein, völlig losgelöst von der Frage, ob sie die Voraussetzung zum Vertragsbeitritt ist oder nicht.

Doch die  Verantwortlichen beim Innungsverband in NRW sehen dies ganz anders: das Verhalten der TK sei…

„…ein Affront aus Sicht des Landesinnungsverbandes. Denn was seien Verträge wert, wenn sie nur von einem Vertragspartner und zudem ohne Vorankündigung geändert würden, fragen sich dort die Verantwortlichen. (…) Gerade diese, von der TK praktizierte, einseitige Aufkündigung käme nach Ansicht des Verbandes der vom BVA gerügten Vorgabe gleich. Solch eine Vorgehensweise – und nicht, wie immer wieder von Zertifizierungskritikern in den eigenen Reihen behauptet, das damit verbundene Ergebnis – rufe beim Verband große Verärgerung hervor. Dieses stellten die Vertreter jetzt unmissverständlich klar.

Also ist es nicht das Ergebnis, was stört, sondern die einseitige Aussetzung der Zertifizierung ohne vorherige Absprache mit dem LIV NRW?

Man mag es mir übelnehmen, aber diesen Ansatz verstehe ich nicht – in einem Vertrag befinden sich Regelungen, die einseitig Verpflichtungen für einen der beiden Vertragspartner (oder für die von ihm vertretenen Teilnehmer), dieseVerpflichtungen werden ausgesetzt, und die dadurch einseitig bevorteilte Seite ist böse, weil man sie nicht gefragt hat…

Was hätten die Verantwortlichen denn in einer Absprache über diesen Punkt sagen sollen? Nun, vielleicht, dass sie eine Abschaffung dieser Verpflichtung für die von ihnen vertretenen Betriebe gar nicht wünschen – aus welchen Gründen auch immer?

Das klingt nach einem bösen Verdacht, aber sehen wir doch einmal, was der TK von den Verantwortlichen in NRW tatsächlich geschrieben worden ist: im Schreiben vom 24.05.2011 wurde der Krankenkasse jedenfalls mitgeteilt, dass man einen Schutz derjenigen Betriebe verlange, die zertifiziert seien – man fragt sich, Schutz gegen wen? Und in einer Mail ebenfalls von diesem Tage werden diese zertifizierten Betriebe sogar die „Redlichen“ genannt – wer sind denn dann die „Unredlichen“?

Von Einer, die auszog, den nicht zertifizierten Betrieben das Fürchten zu lehren! « Rechtsanwaltssozietät Scherer & Körbes

Es scheinen also schon ein paar andere Interessen in NRW betroffen zu sein als nur die Einhaltung eines formellen Weges zur Abschaffung einer zusätzlichen Belastung der Betriebe.

Aber welches Ergebnis sieht Frau Mahnke als Verfasserin der Presseerklärung am Ende der Podiumsdiskussion?

„(Die Teilnehmer) mussten am Ende feststellen, dass die handwerkliche Qualität ihrer Produkte und das Herstellungsverfahren auch zukünftig für die Kassen nachprüfbar sein müssen, vielleicht nach dann wohl unterschiedlichen Maßgaben.“

Doch ist die vorgreifliche Frage eigentlich, ob eine Zertifizierung überhaupt eine solche Nachprüfungsmöglichkeit schafft; Herr H.-G. Ahrens ist da jedenfalls deutlich anderer Meinung Sinn und Unsinn einer Zertifizierung im Gesundheitshandwerk – ein Gastbeitrag von Orthopädieschuhmachermeister Hans-Georg Ahrens, Brake « Rechtsanwaltssozietät Scherer & Körbes.

Und auch bei den Betrieben und sogar bei den  Kassenvertretern scheint inzwischen die Zertifizierung nicht mehr der einzige Weg zu sein, der zu einem angemessenen Ergebnis führt. Selbst aus der Presseerklärung lässt sich entnehmen, dass dies vor Ort mehr als deutlich wurde:

„Klaus Vick von der TK verteidigte die dazu konträre Position seines Arbeitgebers, räumte jedoch ein, dass er die Zertifizierung persönlich nach wie vor für nicht schlecht halte.

Orthopädieschuhmachermeister Wolfgang Hillmann bezog schon auf der Innungsversammlung Anfang April in Lünen klar Position gegen die Zertifizierung, obwohl sein Betrieb dieses Procedere bereits durchlaufen hat. „Dieses Thema soll, wenn nicht morgen, dann übermorgen aus der Welt kommen“, lautete der Tenor seines Statements auch in Ratingen. Gespräche mit seinen Kollegen bestärkten ihn immer wieder in dieser Ansicht, so Hillmann. Denn schließlich seien nicht Prozessabläufe der Gradmesser für gutes Arbeiten, sondern die Zufriedenheit der Kunden, die letztendlich im Mittelpunkt stehen müssen.“

Und bei Herrn Hillman sollte man schon erwähnen, dass sein Betrieb zertifiziert ist – er also genau weiss, wovon er redet. Dies zeigte er übrigens auch, als er Möglichkeiten zur Prüfung der Qualität jenseits der Zertifizierung  aufzeigte:

„Hillmann machte den Vorstoß in dieser Diskussion. Seine Forderung nach einem „abgespeckten Qualitätsmanagement“ erntete vom Publikum viel Beifall. „Bei den Zahnärzten gibt es ein Handbuch mit zehn Din-A4- Seiten. Das reicht völlig aus“, sagte er. Aber was und wie viel macht dabei Sinn und ab wann stecken sich Dritte wegen zuviel an Bürokratie die Taschen voll, fragten sich die Teilnehmer anschließend.“

Also ein eigenes Qualitätsmanagement für die Leistungserbringer in der Orthopädieschuhtechnik – Herrn Ahrens wird es freuen, endlich Unterstützung zu erhalten, und vielleicht erinnert man sich in NRW irgendwann daran, dass man auf Bundesebene vor dem eigenen Aussteigen aus dem ZVOS als der bundesweiten Interessenvertretung des Handwerks schon sehr weit war auf dem Weg zu einem eigenen Qualitätsmangement – besser als die Zertifizierung, abgestimmt auf das Handwerk und mit wesentlich geringeren Kosten.

Man sollte sich also schnellstens vorbereiten in der OST:

„Dass auch die TK – trotz der Absage an die Zertifizierung – künftig nicht auf geprüfte Qualität verzichten wird, machte deren Vertreter unmissverständlich klar. „Wie sich unser Qualitätsmanagement darstellen wird, kann ich noch nicht sagen“, meinte Klaus Vick. Die TK arbeitet derzeit seinen Aussagen zufolge an einem entsprechenden Projekt. So fänden Anfang August erste Gespräche mit verschiedenen Vertretern der Verbände statt. Allerdings möchte die Krankenkasse nichts Fertiges von Dritten präsentiert bekommen, verschließe sich aber deren Vorschlägen nicht, so Vick weiter.“

Doch wer ist schuld an der misslichen Situation für etwa 20% der Betriebe – denn nur 80% sollen zertifiziert sein, wie man auf der Podiumsdiskussion ebenfalls hören konnte. Da gehen die Meinungen auseinander, und jeder versucht, die Vergangenheit in seinem Sinne darzustellen und die Verantwortung der anderen Seite zu zu schieben.

Aus NRW hört sich das so an:

„Habe das Handwerk hier etwa geschlafen, stichelte Rechtsanwalt Goßens und ließ TK-Vertreter Vick antworten? „Jein. Im Rahmen der Verhandlungen des Vertrages über die ISO-Zertifizierung habe ich mit ihren Vertretern ausschließlich über die Verlängerung der Übergangsfrist und der Altersregelung diskutiert. Alles andere ist nicht an die TK herangetragen worden“, sagte Vick. Letztendlich sind immerhin 80 Prozent der Betriebe bei der Produktgruppe PG 31 zertifiziert. Die Kostenproblematik der Ein-Mann-Betriebe stellt sich für Vick bei diesen Zahlen wohl nicht. Aber hätte er im Vorfeld der Verhandlungen davon gewusst, hätte er reagieren können, so sein Resümee. Ein Seitenhieb in Richtung ZVOS. Denn den Vertrag mit der TK hat seinerzeit der Bundesverband abgeschlossen. Und wegen des Austritts des Landesinnungsverbandes aus dem ZVOS im Jahr 2009 blieb den Vertretern aus Nordrhein-Westfalen nichts anderes übrig, wie Vick während der Diskussion auch bestätigte, als dem Vertrag beizutreten – Verhandlungen über Inhalt und Konditionen waren damit jedoch ausgeschlossen.“

Doch da regt sich nun wirklich Einspruch!

Wenn nun von der Innung in NRW Seiten Hiebe gegen den ZVOS verteilt werden, man habe den Vertrag mit der TK einschliesslich der Zertifizierung ohne weitere Verhandlungen beitreten müssen, weil der Bundesverband ihn vorab abgeschlossen habe, so muss diesem wirklich deutlich widersprochen werden: zunächst einmal vergisst die Innung dabei, dass es ihre Geschäftsführerin es war, die zusammen mit den Vertretern der Landesinnung Bayern die gesamten Verhandlungen mit der Barmer und der TK für den ZVOS geführt hat – denn zu diesem Zeitpunkt war die Innung NRW ja nicht nur Mitglied des ZVOS, sondern die Geschäftsführerin beriet den Verband auch juristisch und vertrat ihn in Vertragsvehandlungen -, und sie wird – wie von Herrn Rosin-Lampertis völlig richtig dargestellt – zugeben müssen, dass man damals bereit war, im Zweifelsfall jede „Kröte“ zu schlucken, die man noch halbwegs runter bekommen konnte, nachdem sich die DAK in parallelen Verhandlungen geweigert hatte, einen Vertrag zu schließen.

Die damalige Entwicklung hin zu einer Zertifizierung als vertragliche Voraussetzung zur Versorgungsmöglichkeit für die Leistungserbringer wurde also von den Vertretern aus NRW aktiv und intensiv begleitet, und so waren sie mitnichten die armen Opfer, die anschliessend nur noch einem ohne ihre Mitarbeit entstandenen Vertragswerk beitreten konnten. Dieser nun beginnenden Legendenbildung sollte man schon deutlich entgegen treten.

Gleiches gilt auch für eine andere Legendenbildung, nämlich diejenige, man habe bei Abschluss des Vertrages mit der AOK Rheinland/Hamburg keine Kenntnis von der Rechtsauffassung des BVA gehabt und könne sich nun nicht mehr aus dem Vertrag lösen:

„Obermeister Ludwig Vorholt stellte eingangs der Diskussion nochmals klar: „Von dem Schreiben des BVA hat unsere Geschäftsführerin erst am 27. Januar 2011, um 9.18 Uhr, Kenntnis erhalten und den Vorstand danach umgehend informiert.“ Anderslautende Aussagen seien falsch. Grund für diese deutlichen Worte war der im Vorfeld von einigen Mitgliedern immer wieder geäußerte Vorwurf, der Vorstand und die Geschäftsführerin hätten von dem viel diskutierten BVA-Schreiben schon Kenntnis erlangt, bevor sie den mit der Zertifizierungspflicht versehenen Vertrag mit der AOK Rheinland/Hamburg am 18. Januar dieses Jahres unterschrieben haben– und die Betriebe, so der Vorwurf, einmal mehr in Sachen Zertifizierung unnötig unter Druck setzten. „Ich betone es deutlich: Diesen AOK-Vertrag haben wir bereits vor der Kenntnisnahme des Schreibens unterzeichnet“, sagte Vorholt.“

Das Schreiben des BVA trägt das Datum 28.12.2010, MTD instant meldete den Inhalt schon sehr früh im Januar, und in meinem Blog konnte man schon am 25.01.2011 davon lesen. Meine ausführliche Besprechung des Schreibens stamm vom 27.01.2011 – allerdings ist sie erst um 12:42 veröffentlicht, sodass ich (leider) nicht die Quelle sein kann, die Frau RAin Zamponi um 09:18 Uhr informiert hat…

Allerdings bin ich schon ein bisschen verwundert, dass jemand, der doch wesentlich besser vernetzt sein dürfte als ich, erst so spät Kenntnis von diesem wichtigen Schreiben gehabt hat.

Aber selbst dann, wenn es so war, was hätte die Verantwortlichen in NRW gehindert, sofort in neue Verhandlungen mit der AOK Rheinland/Hamburg einzutreten, als sie Kenntnis von der Auffassung des Bundesversicherungsamtes hatten – und schon länger wussten, dass die ebenfalls betroffene Landesinnung Nord, mit der man keinerlei Absprachen im Vorfeld getroffen hat, eine erklärte Gegnerin der vertraglich vorgeschriebenen Zertifizierung ist?

Und man rede sich bitte nicht damit heraus, hierfür gäbe es keine rechtlichen Ansatzmöglichkeiten: jedem Laien ist klar, dass eine solche eindeutige Äusserung zur Rechtslage durch das BVA die Möglichkeit gibt, neu zu verhandeln – notfalls nach Kündigung des Vertragsverhältnisses.

Aber nichts ist geschehen, und ernüchternd ist das eigentliche Fazit der Podiumsdiskussion: die nicht zertifizierten Betriebe bleiben weiterhin massiv in ihrer Existenz gefährdet, denn die AOK Rheinland/Hamburg als wohl wichtigste Krankenkasse in NRW bleibt weiterhin bei ihrer harten Linie (und wird dabei durchaus wohlwollend vom LIV NRW unterstützt):

„(Die Vertreter der AOK) Schmitz und Ortmann ließen allerdings keinen Zweifel daran aufkommen, dass die AOK nicht zertifizierte Betriebe von der Versorgung ihrer Versicherten ausschließen wird. Wann die Übergangsfrist hierfür endet, wird die Kasse laut Ortmann zu gegebener Zeit mitteilen. Außerdem sicherte er zu, dass dann diejenigen Mitglieder, die bis dato noch nicht zertifiziert sind, gleichwohl am neuen Vertrag teilnehmen dürfen, wenn sie sich zur Zertifizierung entschließen, sich verbindlich angemeldet haben und dies der Innung nachweisen.“

Da ist der Druck also klar und deutlich benannt: rein in die Zertifizierung, sonst werdet ihr von der Versorgung der grössten Versichertengruppe ausgeschlossen – mit den sich daraus ergebenden katastrophalen wirtschaftlichen Folgen. Und Hilfe von dem Interessenverband des Landes ist nicht zu erwarten:

„Obermeister Vorholt hofft, das Thema auf „eine möglichst große Fläche gestellt“ zu bekommen, und setzt dabei auf eine Zusammenarbeit mit der Orthopädietechnik und den gewerblichen Leistungserbringergruppen. In der Innung gebe es seit Anfang dieses Jahres bereits einen Kreis, der die Zertifizierung durchleuchtet, insbesondere im Hinblick auf die Kosten und den notwendigen Zeitaufwand für Klein- und Ein-Mann-Betriebe. Vorholt sprach sich jedoch mit Blick in Richtung Krankenkassen gegen einseitige Vertragsaufkündigungen und gegen künftig unterschiedliche Anforderungen beim Qualitätsmanagement aus.“

Das ist das eigentliche – und durchaus bittere Fazit – dieser Podiumsdiskussion; und dies selbst nach der euphemistischen Presseerklärung des Innungsverbandes für Orthopädie-Schuhtechnik Nordrhein-Westfalen.

Im Westen nichts Neues!

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