Die Ökonomie des Krieges

Zerstörung als Geschäft

Die Ökonomie des Krieges

Von Florian Hauschild

Seit einiger Zeit rasseln die Säbel wieder besonders laut. Im Oktober bezichtigten Vertreter der US- Regierung den Iran eines angeblichen Mordkomplotts auf den saudischen Botschafter in Washington. In einer beeindruckenden Geschwindigkeit liefert spiegel online in diesen Tagen Details und Hintergründe des vermeintlichen Komplotts. Vier umfassende Artikel – einige gleichen einer Mischung aus Groschenroman und B-Movie-Drehbuch – Fotoserie, Videos. Ein regelrechtes Feuerwerk wird gezündet. Jedoch: Die Geschichte glaubt kaum Jemand, wird nicht wie wahrscheinlich beabsichtig rezipiert und verschwindet im Nachrichten-Nirvana –  der Skandal bleibt aus.

Kurze Zeit später rücken Angriffspläne Israels auf iranische Atomanlagen ins Zentrum der Aufmerksamkeit internationaler Beobachter.  Ende Dezember verkündet ein US-Bundesgericht, der Iran trage eine Mitschuld an 9/11. Viele eindeutige Nadelstiche – die iranische Seite reagiert kaum intelligenter: Anstatt die Provokationen zu ignorieren und versanden zu lassen, spielt Teheran das Spiel mit. Droht mit der Blockade wichtiger Handelsrouten für den Fall wirtschaftlicher Sanktionen und kündigt Raketentests an. Was die Mullahs bei diesen Machtspielchen zu vergessen scheinen: Die US-Wirtschaft hat ein genuines Interesse am Krieg, einem Krieg, aus dem Iran nur als Verlierer hervorgehen kann, einem Krieg, bei dem sich vermutlich auch Russland und China einmischen werden, und letztlich ein Krieg, der, wenn er nicht vollends eskaliert, das gescheiterte neoliberale System weiter stützen würde.

Um den letzten Punkt zu verstehen, ist es sinnvoll einen kleinen Blick hinter die Ökonomie des Krieges und die Logik der Kriegsfinanzierung zu werfen.

Finanzierung von Krieg

Oft wird die Mär verbreitet, die US-Regierung verfüge überhaupt nicht über ausreichend Geld, um einen Krieg zu führen. Zuletzt wurden Unwahrheiten dieser Art von spiegel online verbreitet. Auffällig in solch verklärenden Analysen ist stets, dass nicht oder nicht ausreichend zwischen Staatshaushalt, Realwirtschaftskreislauf und Geldsystem unterschieden wird. Es heißt meist schlicht „die USA“.

Zunächst gilt erst einmal: Geld muss für einen Krieg mitnichten als Haushaltsposten vorhanden oder als Budget angespart sein, Geld für Krieg wird für den Krieg erst geschöpft oder von so genannten „Investoren“ dem Staatshaushalt zur Verfügung gestellt. Das Militärbudget wird im Kriegsfall spontan erhöht. Durch den Druck, der, vermittelt über das Mediennetz, auf alle beteiligten Akteure ausgeübt wird, werden entsprechende Gesetzesvorlagen durch den Kongress gewunken.

Die Logistik dieser Kreditlinien übernimmt das Banken- und Finanzsystem („Die Märkte“). Der Staatshaushalt generiert für den Waffengang also eine zusätzliche Nachfrage an Kriegsgerät und gibt dafür Anleihen aus, sprich erzeugt diese (=Staatsverschuldung steigt). Trotz aller Kapriolen der vergangenen Jahre gelten Staatsanleihen immer noch als relativ sichere Anlage die stets Käufer finden, denn die Weigerung der Bürger den Schuldendienst zu leisten kann mit zahlreichen Mitteln der Repression und staatlichen Gewalt gebrochen werden.

Da sich im verzinsten Schuldgeldsystem Kaufkraft, also Geld, im Zeitverlauf immer stärker konzentriert, suchen Besitzer und Investoren dieser Gelder stetig nach Anlagemöglichkeiten. Nicht immer nur aus persönlicher Gier, sondern auch weil das ständige Re-Investieren nötig ist, um die globalen Geldkreisläufe aufrecht zu erhalten und vor dem Kollabieren zu bewahren.

Geld fließt im System so wie das Blut in einem Organismus, allerdings nimmt die Geldmenge stetig zu – und zwar exponentiell. Immer extremere Investitionen sind somit von Nöten. Auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln ist eine indirekte Auswirkung dieser systemischen Fehler. Hinzu kommt: Banken schöpfen durch finanzsysteminterne Kreditvergaben selbst neues Geld und tauschen dieses dann gegen die neuen Staatsanleihen ein. Der Staatshaushalt hat fortan ausreichend Kaufkraft zur Verfügung um einen Krieg zu führen, gleichzeitig gerät dieser aber auch immer weiter in die Verschuldung und Abhängigkeit der Finanzinvestoren und Banken.  Für all dies gibt es aber keine absoluten Grenzen. Staatliche Strukturen, wie etwa soziale Absicherung, Bildungssystem, Gesundheitswesen werden schlicht immer dünner während die autoritären Maßnahmen des Staatsapparates immer weiter zunehmen. Der Weg in die Diktatur wird schleichend begangen.

Kommt es zum Krieg, fließt das frische Geld des Staatshaushalts zu großen Teilen an die Rüstungsindustrie, aber auch an Soldaten, Zulieferer, die Stahlindustrie, in laufende Posten und so durch alle Verästelungen des Realwirtschaftskreislaufes. Für die US-Wirtschaft selbst ist ein Krieg gegen ein anderes Land somit auch ein gigantisches Konjunkturprogramm.

Krieg als Konjunkturprogramm

Der US-amerikanische Militärhaushalt liegt für 2012 bei  rund 1,4 Billionen Dollar. Bereits 2003 fielen 55% des BIP-Wachstums der USA auf den Bereich der Rüstung, was die herausragende Stellung der Kriegsindustrie in der US-amerikanischen Wirtschaft belegt.

Auch deutsche Rüstungskonzerne spielen bei diesem Geschäft eine große Rolle wie Jacob Jung hier trefflich analysiert. Nach einem Krieg profitieren zudem Infrastruktur-Konzerne vom Wiederaufbau, auch fließen wieder Kredite, sprich wird neues Geld geschöpft. Wie schon immer gilt: Der Krieg ernährt sich selbst. Im „Experten“-Jargon wird diese grenzenlose Idiotie auch gerne als „Wachstum“ bezeichnet.

Ein Krieg stützt im bestehenden System also die heimische Wirtschaft und sichert durch neue Kreditlinien und somit durch ein weiteres Aufblähen der Geldmengen, dass das globale Finanz- und Wirtschaftssystem mit dem Charakter eines Schneeballsystems weiterhin nicht kollabiert, während der Polizei- und Überwachungsstaat weiter ausgebaut werden kann, um so Aufstände zu unterdrücken, welche meist Folge immer weiter zunehmender, systemischer Ungerechtigkeiten sind.

Unabhängig von politischen Differenzen, und unabhängig von den von Konzernmedien geschürten Vorurteilen, Konflikten und Bedrohungsszenarien gilt es zu erkennen, dass die Logik des Krieges im Kern des bestehenden Wirtschafts- und Geldsystems verankert ist und umgekehrt. Für eine Welt ohne Kriege bedarf es eines neuen Gesellschaftssystems, welches neue Geldsysteme, Wirtschaftssysteme, Bildungssysteme, politische Systeme und Mediensysteme beinhalten muss.

Das bestehende Konkurrenzsystem ist Krieg und provoziert eine ständige Eskalation der systemimmanenten Konflikte.

So gab Henry Ford, neben seinem weit berühmteren Zitat zum Zusammenhang vom Geldsystemverständnis und Revolutionen auch zu Protokoll:

„Niemand kann leugnen, dass Kriege ein gutes Geschäft für Diejenigen bedeuten, die diese Art von Geld lieben. Kriege sind eine Orgie von Geld nicht minder als eine Orgie von Blut.“ – Henry Ford

Zum Thema:

- Vielleicht ist der Krieg gegen den Iran bereits beschlossene Sache

- “Occupy”-Erklärung gegen Krieg

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