Krieg, Verfolgung, Hunger – oft liegt die Ursache unserer Probleme im nationalstaatlichen Denken, das im 19. Jahrhundert entstanden ist. Jetzt leben wir im 21. Jahrhundert. Es ist an der Zeit, die Grenzen zu überwinden. Allerdings wissen wir, dass zu schnelle und radikale Änderungen von den Menschen nicht mitgetragen werden. Deshalb sollten wir kleine Schritte machen. Denkbar ist die Gründung eines neuen Staates – der im Gegensatz zu allen anderen Staaten kein Land aber ein Volk besitzt. Jeder Mensch auf der Welt kann sich selbst zum Einwohner des neuen Staates erklären. Vom ersten Moment an hat er Anspruch auf Unterhalt. Und zwar so viel, wie er zum Leben in seiner Heimat (!) benötigt. Er soll genügend Geld bekommen für Nahrung, Kleidung, Wohnen und Gesundheitsvorsorge. Niemand soll sich Sorgen um seine Zukunft machen – ob er morgen noch einen Arbeitsplatz besitzt, ob seine Wohnung sicher ist, oder ob er genügend Essen für die Familie auf den Tisch bringt. Jeder soll ein Höchstmaß an Freiheit und Sicherheit genießen.
Niemand müsste mehr hungern. Niemand müsste mehr stehlen oder sich prostituieren, um zu überleben. Niemand müsste seine Heimat verlassen und sich auf eine gefahrvolle Reise in ein fremdes Land begeben, in dem er nicht willkommen ist. Weniger Menschen würden Drogen nehmen, um ihren trostlosen Leben zu entfliehen. Politische und religiöse Extremisten hätten weniger Zulauf.
Im Gegenzug hätten die Menschen mehr freie Zeit, Muße und Kraft. Anstatt sich auf die reine Sicherung ihrer Existenz zu konzentrieren, könnten sie sich mit anderen Dingen beschäftigen. Mehr Kinder auf der Welt bekämen die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. An eine gute Schulbildung würde sich eine gründliche Berufsausbildung oder ein Studium anschließen. Das Potenzial von Millionen, vielleicht sogar Milliarden zusätzlicher Menschen ließe sich nutzen. Viele neue Ärzte, Ingenieure, Wissenschaftler und Künstler würden ihre Arbeit aufnehmen.
Gleichzeitig würden andere natürlich ihren Posten aufgeben. Etwa Arbeitssklaven, die in Fabriken oder auf Feldern schuften. Doch die werden demnächst ohnehin durch Roboter und Computer ersetzt. Für die freigestellten Arbeitskräfte sollten wir bessere, humanere Tätigkeiten suchen.
Wer zahlt die Rechnung?
Das Konzept vom „Staat ohne Land“ ist in ähnlicher Form bekannt unter dem Namen „Bedingungsloses Grundeinkommen.“ Bislang wurde es nie ernsthaft umgesetzt. Meist scheiterte es am fehlenden Geld. Doch Reichtum ist genug vorhanden auf der Welt. Es mangelt auch nicht an Spendenbereitschaft. Milliardäre wie Bill Gates, Warren Buffett und Hasso Plattner haben angekündigt, einen Großteil ihres Vermögens für soziale Zwecke hergeben zu wollen. Natürlich reicht es vorerst nicht für alle Menschen. Die ersten Staatsbürgerschaften sollten deshalb verlost werden. Jeder Weltbürger darf an der Lotterie teilnehmen. Über das Internet wäre die Abwicklung kein großes Problem. Je mehr gespendet wird, desto mehr Menschen können dem „Staat ohne Land“ beitreten. Das Konzept des Nationalstaates würde allmählich verschwinden, bis irgendwann – in 50, 100 oder 200 Jahren – nur noch eine große Weltgemeinschaft existiert.
Heute ist das ein Traum – aber wir können ihn verwirklichen.