Die neue Gesundheitskarte kommt

In den nächsten Tagen geht es los: Dann kommen die ersten neuen Versichertenkarten. Die 153 gesetzlichen Krankenkassen sind vom Gesetzgeber verpflichtet worden, bis zum Jahresende an 10 % ihrer Kunden die neue Karte auszustellen. Die gesetzlichen Krankenkassen haben rund 69 Millionen Mitglieder, also müssen bis zum Jahresende 2011 6,9 Millionen neue Karten fertig sein. Schafft eine Krankenkasse es nicht, die vorgeschriebene Zahl an Karten auszugeben, muss sie Strafe zahlen.

Von den 153 Krankenkassen haben bis jetzt 130 einen Antrag auf Zulassung ihrer Karte gestellt, erst 14 Kassen haben die Freigabe zur Produktion erhalten. Ob sich wohl die Reihe von Verzögerungen fortsetzt, die die Gesundheitskarte schon bisher begleitet hat? Die Einführung war immerhin schon für das Jahr 2006 eingeplant, eine ganze Reihe von Streitereien, technischen und organisatorischen Pannen hat die Einführung bis heute verzögert.

Die neue Gesundheitskarte kommt

Elektronische Gesundheitskarte © siehe Link unten


Was kann die neue Karte, was die alte nicht kann?

Zum jetzigen Zeitpunkt leistet die neue Gesundheitskarte nicht mehr als die alte Versichertenkarte. Auf ihrer Vorderseite klebt ein Foto des Versicherten, sonst ändert sich nichts. Ihre Krankenkasse fordert sie auf, das Foto einzusenden, prüft aber nicht, ob sie das auch wirklich sind auf dem Bild.

Bis jetzt hat die Einführung der neuen Karte 600 Millionen Euro gekostet. Das ist eine Schätzung, es können auch mehr sein. Alle Arztpraxen mussten sich neue Lesegeräte anschaffen. Diese Lesegeräte sollten die neue Karte lesen können – ob sie es wirklich können, wissen wir nicht. Wir konnten das bisher noch nicht testen, weil wir noch keine neue Karte zum Testen in der Praxis hatten.

Unsere Praxis geht nicht online

Hätten wir ein Gerät angeschafft, das die neue Gesundheitskarte und damit unsere Praxis-EDV mit dem Internet verbindet, dann hätten wir eine Förderung einstreichen können, die uns sogar einen kleinen Gewinn gebracht hätte. Bei klugem Einkauf des Geräts war die Förderung höher als der Einkaufspreis des Geräts.

Wir haben uns nach langem Abwägen dazu entschieden, ein Gerät zu kaufen, das nicht online gehen kann. Die Kosten für dieses Gerät mussten wir selber tragen (er war nicht sehr hoch), aber wir können unseren Patienten guten Gewissens versichern: Ihre Daten bleiben bei uns in der Praxis! Keiner außer uns, den Sprechstundenhilfen und dem Arzt, und Ihnen, den Patienten, kann sie einsehen.

Und wenn Sie möchten, dass gewisse Einträge gelöscht werden aus unserer elektronischen Akte, dann werden sie auch gelöscht und es schwirrt nicht irgendwo im Internet eine Kopie herum, die wir nicht mehr beeinflussen können.

Ja, so was ist geplant mit der neuen Gesundheitskarte: Eine Kopie der Patientenakte im Internet. Dort ist sie sicher gelagert, sagen alle Datenschützer, wie zum Beispiel der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar. Andere, wie der Chaos Computer Club behaupten: Stimmt nicht!

Sollen alle Ärzte alles wissen über Sie?

Geplant ist: Ihre Krankenakte lagert auf einem zentralen Computer außerhalb der Arztpraxis. Ein Zugang zu dieser Krankenakte ist nur möglich, wenn sie ihre Gesundheitskarte vorlegen, ihre PIN eingeben und der Arzt seinen elektronischen Ausweis ebenfalls einsteckt. Das hört sich sicher an. Aber: Sind nicht bisher auch schon vermeintlich sichere Daten durch Hacker ans Licht der Öffentlichkeit gekommen?

Möchten Sie wirklich jedem Arzt, jeder Ärztin ihre komplette Vorgeschichte offenbaren? Soll Ihr Augenarzt wirklich erfahren, dass sie vor 20 Jahren einen Selbstmordversuch unternahmen oder vor 30 Jahren an einem Tripper erkrankten? Gut, dann gebe ich meine PIN einfach nicht ab, sagen sie. Und was denkt jetzt ihr Augenarzt über Sie?

Ich bin kein Experte für Datensicherheit, aber mir leuchtet unmittelbar ein, dass jede Speicherung von sensiblen Daten aus dem ganz persönlichen Arzt-Patienten-Gespräch auf Rechnern außerhalb der Praxis Misstrauen bei den Patienten hervorruft. Trauen Sie sich noch, alles ehrlich Ihrem Arzt anzuvertrauen, wenn Sie wissen, dass es außerhalb der Praxis gespeichert wird? (Auch wenn die Experten sagen, dass es dort sicher lagert?)

Bei der Einführung der Praxis-EDV vor 19 Jahren in unserer Praxis habe ich allen Patienten versprochen, dass die Daten in unserer Praxis bleiben und von außen nicht einzusehen sind. Dieses Versprechen möchte ich gerne aufrecht erhalten. Und ich kann das auch: Auch wenn Sie die neue Gesundheitskarte haben – bei uns geht nichts von Ihren Daten „online“.

Bis jetzt: Alles sicher

Noch mal, damit keiner verunsichert wird: Bis jetzt zeigt die neue Karte nur ein Bild von Ihnen, sonst ändert sich nichts. Keine der neuen Funktionen ist bisher möglich: Kein elektronisches Rezept, keine Notfalldaten wie Blutgruppe oder Allergien, kein elektronischer Arztbrief und auch keine Akte im Netz.

Wenn Sie sich weiter über das Für und Wieder informieren, möchten, klicken Sie hier:

Gematik – Das ist die Gesellschaft, die die neue Karte entwickelt

Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen, begrüßt die neue Karte

Der Chaos Computer Club zur Gesundheitskarte

Deutsches Ärzteblatt aktuell zur Einführung der Gesundheitskarte

„Stoppt die e-card“ – Hier sprechen die Kritiker

Lizenz vom Foto oben auf wikimedia commons


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