Die Multi-Channel-Maßschneider: 10 Fragen an tailorjack

Nachdem wir im Blog uns schon intensiv mit Youtailor auseinandergesetzt haben, stellt sich nun der nächste Geschäftsführer eines Online-Maßschneiders den Fragen von stenographique: tailorjack-Chef Heiko Krajewski über die Erfolgsfaktoren der Mass-Customization, verunsicherte Kunden und Strategien in einem Wettbewerb, der mit harten Bandagen kämpft.

 

stenographique (S): Herr Krajewski, gehen wir gleich in die Vollen: Ist es nicht der blanke Wahnsinn, ein Start-Up in einem Markt hochzuziehen, der durch den Branchen-Primus so massiv durchgeschüttelt wurde?

Heiko Krajewski (HK):  Ja, das Stimmt. Wir betrachten dies jedoch auch als Chance. Der Markt für Mass-Customization bietet große Potenziale, wenn die Umsetzung stimmt. Wir haben daher von Anfang an viel Wert auf die Qualität unserer Ware und unserer internen Prozesse gelegt und können unsere Kunden so überzeugen.

S: Die Verunsicherung der Kunden dürften Sie bei Ihren Akquisebemühungen aber in jedem Fall merken. Konkret: Wie wollen Sie verloren gegangenes Vertrauen aufbauen?

HK: Für unsere Kunden ist die Stoff- und Verarbeitungsqualität unserer Ware entscheidend und dass bei der Produktion korrekte Körpermaße verwendet werden. Hier setzt unser Konzept an. Viele Interessenten treffen uns auf unseren kostenlosen Vermessungsevents.  Jeder Besucher hat dort die Möglichkeit, sich vor Ort von der Stoff- und Verarbeitungsqualität zu überzeugen, sich von unserem Team vermessen und beraten zu lassen und uns persönlich kennenzulernen. Unsere Kunden können sich außerdem bei unseren bundesweiten Vermessungspartnern vermessen lassen, ein gut sitzendes Hemd als Vorlage einsenden oder sich anhand unserer Maßanleitung selbst vermessen.

Nach der Akquise überzeugen wir unsere Kunden durch exzellente Performance. Wichtig ist auch, dass wir immer wieder neue Stoffe und Accessoires  in unser Sortiment aufnehmen. Vor wenigen Wochen haben wir z.B. Casual-Stoffe eingeführt für legere Hemden und Blusen.

S: Und, wie läuft’s?

HK: Sehr gut. Wir haben in den letzten 2 Jahren sehr viele Kunden gewonnen. Die sind zu großen Teilen Stammkunden geworden und haben Spaß daran, sich immer wieder neue Hemden und Anzüge zusammenzustellen. Wir sind außerdem sehr glücklich über unsere eigene Entwicklung. Das schließt ein tolles Team ein und die permanente Weiterentwicklung unseres Angebotes. read on…

S: Glaubt man den Foren, Bewertungsplattformen und Blogkommentaren, kann man den Eindruck gewinnen, dass Ihre Konkurrent Youtailor im vergangenen Jahr kaum ein Hemd produzieren konnte, ohne dabei nachzubessern oder neu zu produzieren. Wie hoch ist der Anteil derer, die die Zufriedenheitsgarantie bei tailorjack in Anspruch nehmen?

Macht im Anzug eine gute Figur und sich mit einem Online-Schneider selbständig: Tailorjack-GF Heiko Krajewski

Macht im Anzug eine gute Figur und sich mit einem Online-Schneider selbständig: Tailorjack-GF Heiko Krajewski

HK: Unsere Zufriedenheitsgarantie nehmen in etwa 5% unserer Kunden in Anspruch. Das ist ein sehr guter Wert für Maßschneiderei, auf den wir stolz sind. Für uns ist wichtig, dass unsere Kunden ein perfektes Endprodukt haben, dafür nehmen wir sehr gern eine nachträgliche Änderung in Kauf.

S: Und all das soll für 38,90 EUR machbar sein? Fast zu schön, um wahr zu sein – da drängt sich die Frage nach den Produktionsbedingungen ja geradezu auf: Wie stellen Sie sicher, dass ein tailorjack-Hemd tatsächlich unter fairen Bedingungen hergestellt wird?

HK: Alle unsere Produkte werden unter Einhaltung der internationalen Fair Trade-Prinzipien hergestellt. Dies garantiert, dass keine minderjährigen Arbeitskräfte eingesetzt werden, faire Löhne gezahlt werden und die Mitarbeiter in den Nähereien nicht länger als 8 Stunden pro Tag arbeiten.

Um Maßkleidung zu fairen Preisen anbieten zu können, haben wir uns darauf konzentriert, schlanke Prozesse und Strukturen aufzubauen, die den günstigen Preis ermöglichen.

S: Beliebte Frage aus einem Vorstellungsgespräch: Wo sehen Sie tailorjack in 5 Jahren?

HK: In 5 Jahren kommen Kunden, die Wert auf maßgeschneiderte Kleidung und auf dazu passende Produkte legen, nicht mehr an tailorjack vorbei. Hierfür werden wir weiter daran arbeiten, unseren Kunden perfekten Service und eine große Auswahl an Produkten zu bieten, die wir stetig erweitern werden. Darüber hinaus sind auch lokale Geschäfte eine Option, die wir aktuell prüfen.

S: Gutes Stichwort: Eine wichtige Säule in Ihrer Entwicklungsstrategie dürften die stationären Vermessungspartner sein, bei denen Kunden professionell Maß nehmen können. Wie überzeugen Sie eigentlich  Nähereien und Änderungsschneidereien, Ihre Kunden kostenlos zu vermessen?

HK: Das ist leicht, unsere Vermessungspartner werden für jeden Kunden, den sie vermessen bezahlt. Das ist für unsere Partner eine attraktive Möglichkeit Zusatzeinnahmen und neue Kunden zu generieren.

S: Mit einem ähnlichen Ansatz hat sich Mister Spex zum Platzhirschen der Online-Optiker gemausert. Ein Vorbild für Sie?

HK: Für uns sind alle jungen Unternehmen, die ein kreatives und intelligentes Geschäftsmodell umsetzen, ein Vorbild. Mister Spex gehört definitiv dazu.

S: Warum sind Ihrer Meinung nach die großen Hemdenhersteller wie Seidensticker, Eterna oder Olymp eigentlich noch nicht in das Geschäft mit Maßhemden eingestiegen?

HK: Ich denke, weil dies im Prinzip ein völlig anderes Geschäftsmodell ist. Klar, es ist eine ähnliche Ware, doch jedes Maßhemd ist ein Einzelstück, das individuelle Beratung und einen völlig anderen Produktionsprozess erfordert. Wir haben uns darauf spezialisiert die Menschen glücklich zu machen, denen Individualität und perfekte Passform wichtig ist. Das lässt sich mit Konfektionsware schwer vereinbaren.

S: Abschließend noch eine persönliche Frage: Sie haben sich nach vielen Jahren als Finanzmanager zum Greenfield-Start entschieden. Was hat sich seit dem geändert?

HK: Etwas Neues zu erschaffen und durch die damit verbundenen Höhen und Tiefen zu gehen, verändert die Persönlichkeit nachhaltig. Ich bin heute  viel fokussierter als früher und habe einen sehr weiten Blick für das Unternehmen und seine Kunden bekommen. Fast zeitgleich mit der Gründung von tailorjack bin ich Vater geworden. Das prägt natürlich auch und sorgt für eine gute Balance zwischen Arbeit und Privatleben.

S: Herr Krajewski, vielen Dank für das Gespräch!



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