Immer wenn ich aus einem fernen Land nach Hause komme, fallen mir die Ränder auf. Alles ist sauber abgegrenzt: der Acker vom Weg, der Bach vom Land, der Gehsteig von der Strasse, das Gemüsebeet vom Rosenbeet. Oft werden die Abgrenzungen noch betont: der Fensterrahmen ist anders gestrichen als die Hauswand, die Anrichte ist anders als der Schüttstein oder das Kissen anders als das Leintuch.
Wenn man ein wenig blinzelt, fällt es einem auf: zuhause, auf der Strasse im gezähmten Wald. Aber wir sind uns diese Fülle an Grenzen so gewohnt, dass wir sie nicht mehr wahrnehmen. Und möglicherweise hat sie manche Vorteile, diese exzessive Ordnung. Aber als wir bei den Aymara Indianern lebten, fand ich es wohltuend, dass es überhaupt keine Ränder, Zäune oder Grenzen gab.
Heute freu ich mich immer, wenn ich in der wilderen Natur bin und eine Zeit lang keinen einzigen Rand sehe. Alles geht dann ineinander über. Und ich selber versuche auch, meinen Körper-Rand etwas undeutlicher zu machen…
Wer hat Angst vor dem grenzenlosen Leben?