Heute nachmittag habe ich spontan meine Schwester besucht, ihr wisst schon, die mit den zwei hinreißenden Kindern. Viktoria, 16, bildhübsch, intelligent, smart und Nikolas, 11, bildhübsch, sauintelligent, witzig. (Jaaaaa, ich bin WIRKLICH mit denen verwandt!).
Nikolas war total enttäuscht, dass seine Verabredung mit Finn, einem Klassenkameraden von ihm, geplatzt ist und schluffte mit hängenden Ohren durchs Haus. Als er mich sah, erhellte sich sein Gesicht und er verpflichtete mich nicht mehr gehen zu dürfen, bis er ins Bett müsse (wer sich vielleicht noch erinnert: Nikolas und ich haben ein ganz besonderes Verhältnis zueinander – siehe auch Liebeserklärung an N.). Er schrieb eilig einen Satz auf ein Stück Papier und zeigte ihn mir. Mein Kommentar: „Mein Freund, dein S sieht aus wie ein J mit einem Schlaganfall.“ Niko kringelte sich vor Lachen und ich beschloss spontan ihn ins Kino zu entführen. Seine Augen leuchteten auf, wir zogen uns schnell an und ab ins Auto.
Gesagt, getan. Wir kaufen uns Karten für „Kokowääh“ und haben noch eine halbe Stunde Zeit bis der Film beginnt. Also setzen wir uns in Osnabrück ins Garbo (jeder der es kennt weiß wie toll die Aussicht ist) und fangen an uns zu unterhalten.
Nikolas ist ein sehr begabter und hochintelligenter junger Mann. Er wurde in den Fächern Physik und Mathematik auch schon für Hochbegabte gefördert. Uns zeichnet ein sehr erwachsener Unterhaltungsstil aus. Viele sind verwundert, wenn sie mitbekommen, was dort für Worte aus dem Mund eines 11-jährigen kommen, doch heute hat es selbst mir die Schuhe ausgezogen.
Niko: „Ich bewundere, Teta, dass du so viel Phantasie hast. Ich bin ein Logiker. Für mich ergibt etwas Sinn, wenn es errechenbar ist.“ Ich denke: du süßer, kleiner Muck. Toll, wie du dich ausdrückst. Ich sage: „Aber dafür kannst du toll rechnen und begreifst die Physik wie kein anderer.“
Niko: „Ja, das ist auch der Grund, warum ich mal Physik studieren möchte. Ich meine, ich habe ja die bestmöglichen Startchancen in eine erfolgreiche Hochschullaufbahn. Mama und Papa halten mir da alle Türen offen.“ Ich denke: holla, da macht sich aber jemand Gedanken! Ich sage: „Das stimmt, deine Eltern würden jeden Studienwunsch von dir oder Viktoria fördern.“
Niko: „Ich muss jetzt auch kein Dr. Dr. werden. Es reicht mir, wenn ich einmal promoviere!“ Ich denke: ok, wer zur Hölle ist das, der mir hier gegenüber sitzt. Ist das mein 11-jähriger Neffe, der noch über Achselfürze lacht? Ich sage: „Ein Ziel vor Augen ist wichtig.“
Niko: „Ich meine, die Physik ist ein Fach mit Struktur. Das ist was mit Zukunftsperspektive. Ich will ja irgendwann auch mal meine Kinder ernähren können und ihnen eine Zukunft bieten, die ihnen nach oben alles offen lässt.“ Ich denke: samma, bin ich besoffen? Träume ich das hier? Ich sage: „Du denkst aber schon sehr erwachsen, mein junger Freund.“
Niko: „Weißt du, Teta, nur weil ich jung bin, heißt das ja nicht, dass ich mir keine Gedanken über meine Zukunft mache.“ Ich denke: Touché! Ich habe damit mit Anfang 20 nachgedacht. Ich sage: „Da stimme ich mit dir überein. Wie konkret ist dein Vorhaben?“
Niko: „Es ergibt für mich einfach alles Sinn. Die Physik hat Regeln und Formeln. Das ist meine Welt. Ich brauche feste Vorgaben, ich bin da nicht so wie andere und kann in den Tag hineinleben.“ Ich denke: wann, mein kleiner Liebling, bist du so erwachsen geworden? Ich sage: „Das ergibt Sinn. Vielleicht haben wir hier ja den nächsten Einstein sitzen.“
Niko, lächelt, sagt: „Quatsch, Einstein war ein Genie, ein Visionär.“ Ich denke: Niko, DU BIST 11!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ich sage: „Aber Einstein hat auch irgendwann mal mit seiner Tante mit einer Tüte Popcorn vorm Kino gesessen.“
Niko: „Teti, du bist so herrlich unlogisch.“ Und lacht sich kaputt.
Mein wundervoller, kleiner Mann. Ich bin jetzt schon stolz auf das Reich, das du erbaust. Egal ob als Dr. Nikolas oder nur Niko. Du bist mein ganz persönlicher, von Herzen geliebter kleiner Held. Für immer.