Die Krux mit der Quote – Brauchen wir sie, oder nicht?

Den folgenden Beitrag habe ich heute bei ohrfunk.de ausgestrahlt.

 

Auf ein Wort, liebe Hörerinnen und hörer: Was halten Sie von der festen Frauenquote für aufsichtsräte? Halten Sie das für ein wichtiges Thema? Sind Sie enttäuscht, dass der Bundestag diese feste Quote abgelehnt hat? Und was bitte hat das mit Ihrem Alltag zu tun?

In der Theorie ist es so, dass eine bestimmte kritische Masse von Frauen in festen Arbeits- oder Berufsgruppen das Gesamtverhalten der entsprechenden Gruppe nachhaltig verändert. Das ist eines der stärksten Argumente für eine Frauenquote in Aufsichtsräten der Privatwirtschaft. Frauen hoffen, dass die Konzerne dadurch frauen- und familienfreundlicher, ja ganz allgemein menschlicher und empatischer werden. Der Bundestag bot in der vergangenen Woche allerdings ein eindrucksvolles Gegenbeispiel. Obwohl dort eine dreißigprozentige Frauenquote bereits umgesetzt ist, fand im Parlament ein unwürdiges Geschacher statt, an dem Frauen sich genauso beteiligten wie ihre männlichen Kollegen. Teils noch schlimmer, denn die Kanzlerin war es immerhin, die dieses Geschacher anregte.

Da gab es eine mutige Bande von Unionsfrauen, allen voran Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen, die androhte, mit der Opposition für die Einführung einer zwanzigprozentigen Frauenquote in Aufsichtsräten ab dem Jahr 2018 zu stimmen. Die FDP, die das unter gar keinen Umständen wollte, hätte daraufhin möglicherweise die Koalition platzen lassen, und die Medien hätten, ganz nach ihrem verqueren Demokratieverständnis, von einer Krise des Parlamentarismus gesprochen, weil die Regierung eine Abstimmung verloren hätte. Ich hätte “Demokratie in Reinform” dazu gesagt, aber darüber wollen wir jetzt nicht streiten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sah ihre Fälle davonschwimmen, fürchtete den Machtverlust und bot einen sogenannten Kompromiss an. Die Union werde eine feste Frauenquote von dreißig Prozent ab 2020 in ihr Wahlprogramm aufnehmen und in der nächsten Legislaturperiode gesetzlich einführen, wenn die abtrünnigen Frauen jetzt auf Parteilinie zurückkehrten und die überparteiliche Initiative verließen, damit die Opposition nicht gewann. Zähneknirschend, sich aber den machtpolitischen Erwägungen beugend, stimmte Ursula von der Leine zu, und die Opposition verlor die Abstimmung. Dabei gibt es natürlich jetzt keine feste und bindende Zusage für eine Frauenquote nach der nächsten Bundestagswahl, selbst wenn die Union diese Forderung in ihr Wahlprogramm schreibt, und selbst wenn es im nächsten Koalitionsvertrag stehen sollte, was nicht unbedingt sein muss, jeder kann bei Verhandlungen Federn lassen. Für ein faules, unwirksames Versprechen ohne bindende Wirkung sind diese Frauen also eingeknickt, die sich vorher über ein Jahr bemüht haben, eine überparteiliche Initiative zustande zu bringen und die Regierung zum Handeln zu zwingen. Es ist ein echtes Trauerspiel.

Trotzdem kann man daraus etwas lernen. Erstens ist nun klar, wie Politikverdrossenheit entsteht. Wer will dieses machtpolitische Geschacher und geschiebe noch verstehen? Was hat es noch mit den Problemen der Menschen zu tun? Es geht nur noch um den Machterhalt einer verkommenen politischen Klasse. Aber wir wollen, wie der Kabarettist Georg Schramm sagt, nicht so viel über das Gesindel reden. Zum zweiten wissen wir jetzt ganz genau, dass Frauen die Politik auch nicht besser machen als Männer. Das ist nun wieder ein starkes Argument gegen eine Frauenquote. Oder zumindest ist es egal, wenn es ohnehin nichts ändert. Wenn intelligente Frauen wie Ursula von der Leyen und Angela Merkel so ein Schauspiel aufführen, dann können wir es gleich lassen. Dann hat Gleichberechtigung bereits Einzug gehalten, und zwar die Gleichberechtigung der Machtgier und des Unverstandes.


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