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Es ist heiß in Dortmund. Kommissar Kossik (Bart steht ihm nicht: Stefan Konarske) legt sein Hemd zum Kühlen in den Kühlschrank und sein Vorgesetzter Faber (Bart steht ihm sehr wohl: Jörg Hartmann) springt zur Abkühlung ins kühle Gewässer, um dort zwei Personen zu retten. Vorher fielen Schüsse. Für Max Dehlens kommt jegliche Hilfe zu spät, er stirbt. Judith Stiehler (der schönste Name: Anna Ratte-Polle) hingegen überlebt und landet im Krankenhaus. Was da los war?
Gute Frage. Eine sehr gut Frage. Kossik und Faber ermitteln. Auch die Kollegen Bönisch (hat keinen Bart: Anna Schudt) und Nora Dalay (Aylin Tezel) sind dabei. Bönisch hat ein Problem: Sie ist frisch getrennt, und ihr Sohn? Der ist quasi unerreichbar. Sie besäuft sich, auch zur Abkühlung und ein wenig zur Abwechslung. Will dabei Faber küssen, der ebenfalls besoffen ist. Doch der will nicht. Ist halt ein Ehrenmann. Und auch er wird geplagt von einem Kind, dem er nicht mehr nahe sein kann. Seine Tochter ist tot, doch in der Dortmunder Bullenhitze hört er sie plötzlich wieder reden. „Mein Papa ist Polizist“, sagt das kleine Mädel in seinen Vorstellungen. Chaos im Kopf.
Das hat auch Dalay zu verkraften. Sie trieb in einer der vorherigen Folgen ab, war mit Kossik zusammen. Das belastete die Beziehung zuletzt ja ziemlich, sie will sich aber wieder mit Kossik versöhnen. Doch der nimmt zur Abkühlung ebenfalls ein paar Bier zu viel zu sich – auch abends, allerdings alleine in der Kneipe. Redet dort mit Kronkorken. Dalay merkt das, er sagt, er hätte kein Problem. Stimmt, tu' ich auch immer, mit Kronkorken reden. Das Problem kommt meistens dann aber immer am nächsten Tag. Egal, ich schweife ab.
Ein Hoch auf uns oder doch eher Saufgelage aus Frust? ©WDR/Wolfgang Ennenbach
Christian Jeltsch hat sich das alles ausgedacht, er vertritt den Faber-Erfinder Jürgen Werner. Stephan Wagner inszenierte „Hundstage“. Und was soll man sagen? Ohne Werners hervorragende Oneliner ist der aktuelle Dortmunder Tatort leider (mal wieder) nur halb so viel wert. Jeltsch schreibt zwar munter an den Kommissar-Schicksalen und spinnt den horizontalen Erzählfaden gekonnt weiter. Leider probiert er es im Gegensatz zu Werner weniger mit dem Momentum und setzt auf die Kraft der Geschichte. Er probiert, dabei einen roten Faden durch diesen Fall zu ziehen – das klappt zwar, denn auch in den Ermittlungen der Woche geht es um ein verloren geglaubtes Kind, aber irgendwie fehlt es an der gewissen Dortmundhaftigkeit.
Immer mitten in die Fresse rein...©WDR/Wolfgang Ennenbach
Wie immer bei den Ruhrpott-Tatorten spielt der Hauptfall zwar auch eine Rolle, aber letztlich bloß eine sekundäre. Dort geht es um Dehlens' Witwe (bleibt einfach Frieda Jung aus Kiel: Maren Eggert), die in Jonas Stiehler (gut rasiert: Patrick Mölleken) ihren vor Jahren verschwundenen Sohn Max wieder erkannt haben möchte. Stiehler ist der Sohn von Judith und vom Soldaten a.D. Paul (Dirk Borchardt). Es ging ums Geld oder so. Nicht immer gänzlich logisch ist die Geschichte, sie lässt auch viele Fragezeichen offen. Und natürlich: Der Fall „Max“ war Bönisch' Premieren-Fall seinerzeit. Darf nie fehlen, dieser Krimi-Kniff. Hmm.Was bleibt also übrig? Vielleicht die Klopperei zwischen Kossik und Faber. Der Alki vom Dienst Kossik und der Elefant im Porzellanladen Faber schlagen sich die Rübe ein, da war ja schließlich was. Kossik verpasste Faber ein „Diszi“ (Disziplinarverfahren) am Ende der letzten Folge. Läuft halt echt rund in der Stadt des Borsigplatzes.
Daher wird Faber jetzt notgedrungen beim Polizei-Psychologen (Ronald Kukulies) vorstellig. „Wollen Sie immer noch wissen, warum ich Polizist geworden bin?“, fragt er am Schluss. Ja, wir wollen. Unbedingt. Nur: Dann bitte auf etwas niedrigerer Betriebs-Temperatur. Mit mehr Fall und mit weniger Bier.
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BEWERTUNG: 6,5/10Titel: Tatort: HundstageErstausstrahlung: 31.01.2016Genre: KrimiRegisseur: Stephan Wagner
Darsteller: u.a. Jörg Hartmann, Stefan Konarske, Aylin Tezel, Anna Schudt