Die Konjunktur – eine getürkte Freude

Haben Sie Sigmar Gabriel schon mal richtig besoffen gesehen und lachen gehört. Ich ja.

Vor ein paar Tagen haben Sigmar, der Wirtschaftsminister, und Angela, unsere Königin, dem Ministerpräsidenten von Frankreich so richtig die Meinung gesagt. Die Franzosen müssten allesamt mehr zupacken und die Konjunktur so ganz richtig anschieben und sich ein Beispiel an Deutschland und dem Deutschen nehmen. Denn Deutschland hätte das auch getan, als vor fünf Monaten bekannt wurde, die Konjunktur würde stocken. Wir hätten dann im Frühjahr und Sommer kräftig angepackt, rein gehaun und ständig getan, was getan werden muss.

Nun hat in dieser Woche dann der Sigmar noch einen drauf gelegt und stolz erzählt, überall würde die Konjunktur schwächeln, nur in Deutschland nicht. Hier würde es flott voran gehen. Sogar flotter als erwartet und dann auch noch auf ganzer Front. Weil wir – wie gesagt – so anpacken und reinhauen, haben wir den Exportüberschussrekord aller Zeiten hingelegt. Und jetzt würden auch die Prognosen mächtig nach oben gestellt.

Da scheint der kleine Dicke aber nicht so richtig informiert zu sein. In Spanien geht es auch besser als erwartet voran. Und in Portugal und Irland auch. Spanien hat ebenfalls seinen Export mächtig steigern können.

Nun hat dieser renitente Ralf Stegner aus Schleswig-Holstein gemeint, dass der Trick doch wirklich alt wäre. Erst würden die Jahresprognosen kräftig nach unten gedrückt, um dann von einem ungebremsten Wachstum reden zu können. Es wäre schon vor fünf Monaten allen klar gewesen, dass die Prognosen künstlich gesenkt worden sind.

Gerade der Bundesverband Deutscher Banken, der kräftig in das Depressionshorn geblasen hat, dürfte doch wohl gewusst haben, wie die Auftragslage ausgesehen hat. Als dieser Verband nämlich so dunkle Wolken heraufziehen sah, waren insbesondere die Auftragsbücher im Schiffsbau schon prall gefüllt, was ja langfristige Wirkung hat. Und anderswo auch.

Nun frage ich mich, warum das gemacht wird. Die Antwort habe ich gestern Abend bekommen, als sich der Sigmar nach sieben Gläsern Wein nicht mehr halten konnte. Es wäre doch klar, dass die Freude viel größer sei, wenn etwas Unerwartetes und besonders Schönes geschehen würde. Und außerdem wären alle Deutschen doch stolzer als stolz, wenn sie glauben würden, wir seien die größten Reinhauer und Malocher und die anderen eben nicht. Und außerdem könnte man dann auch besser den Franzosen zeigen, wie es geht, aus dem Tal heraus zu kommen. Egal, ob es überhaupt ein Tal gibt oder gegeben hat oder jemals geben wird. Oder so ähnlich.

Den Rest konnte ich nicht mehr verstehen. Jedenfalls hat er sich kräftig auf seine noch kräftigeren Schenkel geklopft. Und sein lautes Gelächter tut meinem sensiblen Katzenohr wirklich mächtig weh. Ich bin dann leise aus der Kneipe verschwunden und habe mich unter Angelas Schreibtisch gemütlich eingerollt.

HerbertPrangeÜber den Autor:
Herbert Prange, Jahrgang 1951, hat zwei Studiengänge absolviert. Sport und Kunst sowie Psychologie, Pädagogik, Soziologie. Er arbeitet erfolgreich als Psychologie-Referent und Management-Berater vor allem für Mediziner. Unter anderem ist er auch als Mentaltrainer tätig. Er ist Autor von Ratgebern und Publikationen im Management-Bereich.

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