Am liebsten würde ich an dieser Stelle einfach nur schreiben: Schmeißt eure derzeitge Lektüre weg, egal um welches Buch es sich handeln sollte, und fangt an Die Königin der Schatten zu lesen! Wenn ihr erst einmal den ersten Band verschlungen habt, gibt es sowieso kein Zurück mehr. Da jedoch meine Rezension bereits hier beendet wäre, versuche ich es mal mit konstruktiver Argumentation, die euch hoffentlich überzeugen wird, einen Blick auf diese Trilogie zu werfen.
Es ist allgemein bekannt, dass zweite Teile einer dreibändigen Reihe oftmals die schwächsten sind und meist nur die Aufgabe einer Überbrückung vom Anfang bis zum Finale übernehmen. Mit Verflucht bietet uns die Autorin allerdings einen Nachfolger, der sich gewaschen hat und mit pausenloser - ja wirklich lückenloser - Spannung brilliert. Die Geschichte wird wie gewohnt aus mehreren Perspektiven erzählt, bei denen die ein oder andere unter ihnen auf den ersten Blick vielleicht etwas langweiliger als ihre Kollegen erscheint, doch kaum ist die erste Seite des Kapitels geschafft, schon sehnt man sich nach der nächsten. Frau Johansen verteilt dabei Schläge in Form von plötzlichen Wendungen, erdrückender Aussichtslosigkeit und Brutalität, dass man sich ihrer Handlung auch dann nicht entreißen kann, wenn die Buchdeckel geschlossen sind.
Allein die vielschichtigen Figuren, die trotz ihrer Vielzahl greifbar undsympathisch bleiben, überschatten die packende Story noch. Allein Kelsea überragt mit ihrer einnehmenden Stärke, bleibt durch innere Schwächen aber selbst dann greifbar, wenn sie übermenschlich machtvoll erscheint. Mithilfe ihrer aufkommenden Verbindung zur Vergangenheit erfahren wir in diesem zweiten Teil auch endlich mehr über die Geschichte und die Welt vor Tearling und lüften somit viele Geheimnisse, deren Lösung uns im Vorgänger noch verwehrt blieben. Dennoch sehnt man sich am Ende nach mehr: mehr Tearling, mehr Kelsea, mehr Aufklärung. Und obwohl das letzte Kapitel durch viele vereinzelte Hinweise während der Handlung nicht ganz mit dem erhofften Knall endet - einige Dinge doch einfach zu offensichtlich wurden - kann ich das Erscheinen des großen Finales nicht abwarten. Die Zeit bis dahin wird sehr qualvoll.
Lange Rezi, kurzer Sinn...
+Eine starke, sich entwickelnde Protagonistin, Spannung an jeder Ecke, Politik, Religionskritik, eine Dystopie mit Ideen und Fantasyanteil, das alles hat mich dermaßen gut unterhalten, dass ich Verflucht sogar noch besser finde als den ersten Band.
- Kelseas aufkeimenden Lustempfinden fand ich einerseits authentisch, andererseits auch etwas albern umschrieben, weshalb ich es nicht ganz so toll fand, obwohl ich die Entwicklung zwischen ihr und *Namen nenne ich natürlich nicht* im ersten Teil noch erhofft hatte. Das Ende des Buches war teilweise zu erahnen, weshalb die Enthüllungen zum Schluss nicht ganz den Effekt hatten, den sich die Autorin wohl gewünscht hat. Trotzdem waren die positiven Punkte so stark, dass ich nicht weniger als fünf Kirschen geben möchte...