Fast hätte ich sie schon vergessen. Sie gehören zu den Altlasten meines Lebens, das sich vor 25 Jahren abgespielt hat. Damals traf man sie überall, egal, wo man sich gerade aufhielt: In der Stammkneipe, auf dem Klo dort, in allen Restaurants und Kneipen, und natürlich dort auf den Toiletten (oft standen sie neben mir beim Pissen und konnten es selbst dann nicht lassen, sie selbst zu sein), auf Plätzen, in Parks, in Bussen und Bahnen, in Flugzeugen erst recht und sowieso überall im Urlaub. Besonders aber in Südeuropa, in der Karibik und ganz besonders im Urlaub an der Ostsee. Man konnte sie einfach nicht umgehen. Das ließ dann irgendwann mal nach. Irgendwann waren sie ganz weg. Dachte ich. Gut, mit Ausnahmen vielleicht.
Aber nun habe ich sie wieder gesehen: Die arroganten Wessis. Wie sie sich im Hotel in Binz aufführten – als würde ihnen die Welt gehören. Widerlich. Wie sie damit prahlten, wieder mal den und die und den über den Tisch gezogen zu haben. Puh, das war finster (an dieser Stelle eine Entschuldigung an einen Freund gleichen Spitznamens, Du warst nicht gemeint, Finster!). Das war ganz schlechtes Kino, meine Damen und Herren. Auf Näheres möchte ich hier nicht eingehen. Interessiert eh kein Schwein. Man sollte sich eben nie zu früh freuen und glücklicherweise war es nur ein kleiner Moment (dafür aber um so intensiver). Wie hatte das HRK damals schon geschrieben? Auf seinem wunderbaren Album “Eine Form von Gewalt”: Die kommen immer wieder, die sind alle noch da. Die kommen alle immer schlimmer wieder, die sind ganz ganz nah.
Damit jetzt hier nicht der große Aufschrei losgeht: Ja, ich kenne auch Arschlöcher im Osten. Und auch jene Arroganz ist einigen hier nicht fremd. Wenn sie auch – immer noch – seltener zu finden ist. Jedenfalls für mich.
Natürlich gab es auch Erfreuliches an der Küste. Neben wunderschönen Strandwanderungen und Ausflügen zu den Kreidefelsen und zum Baumwipfelpfad in Prora, fand da noch das ungeplante imaginäre Bloggertreffen zwischen dem kiezneurotiker und mir statt. Beide Blogger zur gleichen Zeit am gleichen Ort – das kennen wir von Berlin. Dort wohnen wir, das ist normal. Aber ausgerechnet dieses eine Wochenende gemeinsam in Binz? Das war schon etwas beängstigend und gleichzeitig doch sehr schön. Vor allem deshalb, weil wir uns ja nicht kennen. Der eine kennt des anderen Blog, aber persönlich hat man sich noch nie getroffen. Ob das gut oder schlecht ist, man weiß es nicht.Bisher sind wir jedenfalls ganz gut damit gefahren.
Ich hatte jetzt die (Wein)Idee, dem kiezneurotiker meine Rügen-Fotos zu schicken, auf denen ich “aus Versehen ” andere Leute in Binz und anderswo geknipst habe. Er kann dann entscheiden, ob er sich, wenn er sich entdeckt, mir mitteilt, ob er sich entdeckt hat, oder nicht, aber verschweigt, welches Foto es ist, damit ich nicht wirklich weiß, ob er es ist, oder nicht, oder so. So bleibt die Privatsphäre erhalten und ich kann selbst einschätzen, welcher Neurotiker auf den Fotos der kiezneurotiker ist. Oder so ähnlich. Oder wir lassen alles, wie es ist. Auch nicht schlecht.
Am Strand von Binz, Ende Februar 2015 (Foto: berlinpankowblogger)