Natürlich habe ich nicht beide Geräte gleichzeitig am Handgelenk. Das wäre dann doch ein wenig überdimensioniert. Dennoch habe ich sie einem echten Alltagstest unterzogen und auch verschiedene zusätzliche Apps installiert. Einige davon waren auch kostenpflichtige Apps. Der gesamte Bericht wird in verschiedene Bereiche eingeteilt, in denen sowohl die Hardware, die Features, Einsatzgebiete und Kompatibilität behandelt werden. Auch auf einen kleinen Trick, mit dem beliebige Android Apps aus dem Play Store auf der Galaxy Gear installiert werden können, werden wir eingehen.
Die Uhr in der Uhr
Neben der ganzen Technik und den vielen Spielereien soll eine Uhr natürlich auch die Uhrzeit anzeigen. Hier bieten beide Geräte verschiedene Versionen, die im Form von Widgets angezeigt werden. So hat man heute eine schicke Analoguhr und morgen eine Digitaluhr. Bei der Menge der Variationen liegt zunächst die SW2 von Sony vorn. Diese bietet nicht nur mehr Ansichten zum Download an, sondern auch die Möglichkeit sich eine eigene Uhr nach eigenen Vorstellungen zu basteln. Dafür ist jedoch eine kostenpflichtige App erforderlich.
Die Galaxy Gear bietet über Samsung Apps nur eine kleine Auswahl zusätzlicher Uhren und eine kostenlose App, mit der sich eine Uhr nach eigenen Vorstellungen erstellen lässt. Hier können einige wenige Zeigervarianten gewählt und mit einem Symbol für Bluetooth und Akkustand kombiniert werden. Zumindest beim Hintergrund ist man nicht auf Vorgaben angewiesen und kann beliebige eigene Bilder nutzen. Wird per Sideload ein Launcher wie der Nova Launcher installiert, dann können fast alle Uhrenwidgets aus dem Play Store verwendet werden. Allerdings ist es dafür erforderlich, die Launcher App in das Verzeichnis /system/apps zu verschieben und das erfordert eine gerootete Gear. Wie das genau funktioniert, erklären wir weiter unten im Artikel.
Der Tragekomfort einer SmartWatch
In diesem Bereich schlagen sich beide Uhren gleichermaßen gut. Das Armband der SW2 von Sony ist ein wenig weicher als das der Galaxy Gear. Deshalb fühlt sie sich aber nicht unbedingt angenehmer an. Auch das Gewicht ist kaum spürbar. Vergleicht man es mit einer normalen Uhr, die komplett aus Metall ist, dürfte es noch deutlich darunter liegen.
Installation und Bedienung
Die Koppelung beider Geräte erfolgt über NFC. Dabei wird die jeweilige SmartWatch nur kurz unter das Android Phone gehalten und den Rest übernimmt die Technik. Für die Galaxy Gear ist nun noch eine Verwaltungs-App erforderlich. Diesen Gear Manager findet man ausschließlich im Samsung App Shop, sodass man um eine dortige Registrierung nicht herum kommt. Auch für die SmartWatch 2 von Sony ist eine spezielle App erforderlich, die man wie gewohnt im Play Store laden kann. Sämtliche Apps werden dann über diese Manager installiert, verwaltet und auch wieder deinstalliert.
Die Bedienung beider SmartWatches erfolgt über kapazitive Touchscreens, die trotz ihrer kleinen Maße sehr genau reagieren. Während die SW2 von Sony das gewohnte Menü eines Android Phone besitzt, wird die Galaxy Gear vollständig über Gesten bedient. Ein Wisch von oben nach unten ersetzt dabei den Zurück Button. Durch die entgegengesetzte Richtung wird das Tastenfeld zum telefonieren geöffnet. Links und rechts vom Uhrenwidget befindet sich das eigentliche Menü und die im Gear Manager gewählten Favoriten. Leider lassen sich viele Dinge nicht direkt in der Uhr einstellen und müssen im Gear Manager Manager vorgenommen werden.
Der große Schwachpunkt: Der Akku
Bei normaler bzw. gelegentlicher Nutzung musste beide Geräte spätestens nach 2 Tagen aufgeladen werden. Wen man hier auf Nummer sicher gehen will, sollte stets über Nacht aufgeladen werden, um am nächsten Tag einen vollen Akku zur Verfügung zu haben.
Für beide Geräte wird ein Netzteil mit Micro USB Anschluss genutzt, dass natürlich im Lieferumfang dabei ist. Die Sony SmartWatch 2 lässt sich also auch problemlos mal im Auto aufladen, wenn dort ein entsprechendes Kfz Ladekabel vorhanden ist. Mit der Galaxy Gear funktioniert das leider nicht. Diese nutzt zwar ebenfalls einen Micro USB Stecker, welcher aber erst an eine Ladeschale gesteckt wird, in die man die SmartWatch klemmt. Ob das eine sinnvolle Erfindung ist, sei mal dahingestellt.
Telefonieren und SMS aus dem Handgelenk
Für SMS ließen sich beide Geräte nicht wirklich nutzen. Zwar werden eingehende Nachrichten als Ausschnitt angezeigt, aber ein Versenden direkt aus der Uhr heraus ist nicht möglich. Da hilft auch keine zugekaufte App.
Soziale Netzwerke im Handumdrehen
Hier macht Sonys Entwicklung einen ganz guten Eindruck. Mit den entsprechenden Apps, die schnell installiert sind, werden nicht nur Benachrichtigungen angezeigt, sondern auch alle Einträge der Facebook Wall und eingehende Nachrichten. Da kann die Galaxy Gear nicht mithalten. Die einzige App, die Samsung zu bieten hat, überträgt lediglich Benachrichtigungen auf die Gear. Will man auch mal aktuelle Posts lesen, kommt man nicht umhin, das Smartphone auszupacken.
Etwas anders sieht es da bei Twitter aus. Hier wird zumindest die Timeline auf beide Geräte übertragen. Dort angeklickte Links erfordern jedoch wieder das Smartphone.
Internet auf einer kleinen Uhr
Dieses Feature ist der größte Schwachpunkt der Galaxy Gear. Sollte Samsung hier nicht nachbessern, dürfte die Gear nichts weiter als ein überteuerter Rohrkrepierer sein. Für sämtliche Internetverbindungen wird eine App auf dem Smartphone benötigt, das die Daten an die Gear weiterleitet. Da fast kein Entwickler eine solche Zusatz-App für seine eigentliche App im Angebot hat, können diese keine Daten mit dem Internet austauschen. Mal eben einen Feed lesen, bei eBay stöbern oder eine Webseite ansehen, ist derzeit unmöglich.
Grundsätzlich ist dieser Punkt bei beiden Geräten eher ein Trauerspiel. Sonys Spielzeug kommt zwar ins Internet, verfügt aber nur über eine Handvoll angepasster Apps im Play Store. Auf die Galaxy Gear kann per Sideload jede beliebige App aus dem Play Store installiert werden, diese kommt dann aber nicht ins Internet.
Musiksteuerung für Sport und Outdoor
Dies scheint die einzige Funktion, die beide Geräte perfekt beherrschen. Während des Sports kann das Smartphone an eine sichere Stelle gelegt werden und der Musicplayer wird über die SmartWatch am Handgelenk ferngesteuert. Die aktuellen Titel werden angezeigt und man ist schnell zu einem gewünschten Song vorgesprungen. Für eine einfache Fernbedienung sind beide Geräte allerdings ein wenig zu teuer. Das kann auch ein gutes und deutlich günstigeres Bluetooth Headset.
Zusätzliche Apps: Vielfalt oder überschaubares Angebot
Sony hat hier schon eine stattliche Anzahl an Apps zu bieten. Das mag zum einen daran liegen, das es die Gear noch nicht so lange gibt. Ich vermute aber eher, das dies auch auf lange Sicht so bleiben wird. Samsung ist momentan für Entwickler eher uninteressant, da sich kaum Apps realisieren lassen, die auf das Internet angewiesen sind. Hierbei immer mit Schnittstellenapps zu arbeiten ist sicher nicht das Wahre.
Mittlerweile besitze ich die Galaxy Gear seit 2 Wochen und in der ganzen Zeit ist nur eine einzige App hinzugekommen. Derzeit befinden sich ganze 59 Apps in den 5 Kategorien und etliche davon sind sogar doppelt aufgeführt. Anscheinend haben einige Entwickler ihre Apps schon wieder entfernt, weil der Aufwand nicht lohnt. Ursprünglich sollen es laut Samsung bereits 70 Apps gewesen sein. Auch eBay hatte eine angepasste App für die Gear. Allerdings sucht man diese momentan vergeblich.
Die Technik im Vergleich
Neben der ganzen Software und Bedienung ist natürlich auch die Hardware interessant. In der nachfolgenden Tabelle können Daten und Funktionen direkt miteinander verglichen werden.
Display1,6 Zoll Super AMOLED1,6 Zoll LCD
Auflösung320 x 320 Pixel220 x 176 Pixel
CPU800 MHz Exynos Single CoreARM Cortex M3 bis 200 MHz
RAM512 MBn/a
Int. Speicher4 GBn/a
ErweiterbarNeinNein
MobilfunkNeinNein
WiFiNeinNein
Bluetooth4.0 LE3.0
NFCJaJa
GPSNeinNein
Kamera1,9 MegapixelKeine
Android Version4.2.2 Jelly Bean4.0 Ice Cream Sandwich
Akku315 mAh140 mAh
Standbymax. 2 Tage bei normaler Nutzungmax. 3 Tage bei normaler Nutzung
Gewicht73,8 Gramm122,5 Gramm
TelefonieJa (direktes telefonieren über Mikro)Nein (nur Rufannahme für Headset)
SMS anzeigenJaJa
SMS versendenNeinNein
FacebookNur BenachrichtgungenPosts und Benachrichtigungen
TwitterTimelineTimeline
EmailNein (keine Apps verfügbar)Ja (Apps für GMail, K9 und Aqua Mail verfügbar)
Sideload AppsJaNein
Root möglichJaNein
KompatibilitätNur Geräte aus der Samsung Galaxy Reihe ab Android 4.3Alle Android Geräte ab Android 4.0
Preisab 289 EURab 142 EUR
Einzelgänger oder unselbständiges Anhängsel
Einzelgänger sind beide Uhren wahrlich nicht. Sie sind voll und ganzen auf das gekoppelte Smartphone angewiesen. Aber selbst als Anhängsel macht die Galaxy Gear einen eher mäßigen Job. Viele Dinge, die man einfach erwartet, funktionieren nicht. Selbst ein einfacher Taschenrechner ist weder in der Grundausstattung vorhanden, noch gibt es einen, den man nachträglich installieren kann. Für die paar Funktionen ist das Gerät deutlich zu teuer.
Sonys SW2 kostet weniger als die Hälfte und hat dennoch einiges mehr zu bieten. Abgesehen von mehr Apps haben diese Dank der Internetverbindung auch mehr Möglichkeiten. Das ermöglicht auch ein echtes Nutzen verschiedener Soziale Netzwerke, die auf der Gear komplett zu kurz kommen.
Besondere Stärken
Bei Sonys SmartWatch lässt sich das Internet besonders hervorheben. Dafür besitzt die Gear eine Kamera, die schnell mal einen Schnappschuss aus dem Handgelenk erlaubt. Das ist immer noch besser als gar kein Foto, wenn es mal sehr schnell gehen muss.
Es fällt allgemein sehr schwer, bei den wenigen Basisfunktionen etwas zu finden, das als Stärke ausgelegt werden könnte.
Besondere Schwächen
Hier geht die Galaxy Gear direkt in Führung. Das Bluetooth ist so schwach, das man nur einen Raum weitergehen muss, um laufend die Verbindung zu verlieren. Die SW2 hat einen weitaus größeren Radius und lässt sich auch nicht gleich von der erstbesten Wand abschrecken.
Galaxy Gear: Sideload Apps und Root
Trotz der insgesamt schwachen Leistung der Galaxy Gear lässt sich diese noch ein wenig aufbohren, indem per Sideload beliebige Apps aus dem Play Store installiert werden. Natürlich ist man dabei durch das kleine Display und die fehlende Internetverbindung deutlich eingeschränkt. Recht interessant sind jedoch verschiedene verschiedene Widgets, die auf Systemdaten zugreifen und diese anzeigen können. Dafür ist es jedoch erforderlich, das die Gear gerootet wird.
Apps aus dem Play Store per Sideload
Will man zum Beispiel einen Taschenrechner installieren, der unverständlicherweise in der Grundausstattung fehlt, dann benötigt man neben der entsprechenden APK noch ein paar weitere Dateien aus dem Android SDK. Alles, was hier benötigt wird, befindet sich im Verzeichnis platform-tools. Zuvor muss jedoch noch eine kleine Einstellung am der Gear vorgenommen werden. Dazu geht man in die Einstellungen, wählt Gear-Info und aktiviert dort das USB-Debugging.
Nachdem die Galaxy Gear per USB Kabel mit dem Rechner verbunden wurde, dauert es einen kurzen Moment, bis die Gear erkannt wurde. Dann erscheint auf dem kleinen Display eine Abfrage zur Verbindung mit dem Rechner, die noch bestätigt werden muss. Erst dann können Apps mittels ADB aus dem SDK installiert werden. Der entsprechende Befehl in der Konsole auf dem Rechner lautet:
adb install meinappname.apk
Für Mac und Linux sieht es minimal anders aus:
./adb install meinappname.apk
Galaxy Gear rooten
Mittlerweile ist es auch möglich, die Gear zu rooten. Derzeit wird sogar an einem ROM gearbeitet, das auch eine Internetverbindung ermöglicht. Bis dahin ist es zumindest ganz nützlich, einen Launcher zur System-App zu machen, damit auch Widgets funktionieren.
Das eigentliche Rooten geht wirklich super schnell und ist zudem sogar deutlich einfacher als bei den meisten Smartphones. Eine detaillierte Beschreibung und alle erforderlichen Dateien findet man im Forum von XDA-Developers. Dort wird auch die Rückkehr zur Stock ROM beschrieben, falls das mal erforderlich sein sollte.
Wichtiges Update
Nachdem dieser Artikel fertiggestellt wurde, gab es ein Firmware-Update von Samsung, das eine elementare Änderung mit sich brachte. Ich war nach der Installation wirklich gespannt, ob man der ansonsten recht nutzlosen Uhr einige Funktionen verpasst hat, mit der sie etwas freier agieren konnte. Schnell musste ich aber feststellen, das genau das Gegenteil der Fall war. Das USB-Debugging wurde entfernt und der Smartwatch damit die Möglichkeit für den Sideload von Apps genommen. Damit ist für mich jetzt leider klar, das ich vom Widerrufsrecht gebraucht machen und die Galaxy Gear zurückgeben werde. In der nächsten Woche bekomme ich eine echte Smartwatch mit WiFi, UMTS und einer 1,2 GHz Dual-Core CPU, mit der sich all das machen lässt, von dem die Gear nur träumen kann. Darüber gibt es hier natürlich einen umfassenden Testbericht.