Hallo liebe Freundinnen und Freunde der Regenbogenkombüse!
Mit Landschaften ist es ja mitunter so wie mit Menschen – man trifft auf sie und spürt gleich, dass es einen “erwischt” hat. Früher hat es mich in Frankreich oft ins Vaucluse gezogen – und das, bevor Peter Mayle die Region durch seine Bücher auf der ganzen Welt bekannt gemacht hat. Lange träumte ich davon, einmal, ganz wie Peter Mayle und viele andere Schriftsteller und Künstler vor ihm, in die Provence “auszuwandern”. Mich dort heimisch zu machen. Weil das natürlich leichter gesagt als getan ist und ich leider, leider noch keinen Bestseller gelandet habe, musste ich mich mit unseren Campingurlauben in der Provence zufriedengeben.
Die Bretagne zieht mich magisch an
Dann passierte etwas Komisches. Oder war es etwa Bestimmung? Unsere damaligen Hunde Wuschel und Paulchen
Ich erinnere mich, dass wir spät abends in der Nähe des Cap Fréhels ankamen. Da alle Campingplätze bereits für die Nacht geschlossen hatten, übernachteten wir mit anderen Wohnmobilen auf einem Parkplatz direkt an der Küste. Morgens öffnete ich die Wohnwagentür, um mit den Hunden zum Morgenspaziergang aufzubrechen. Was ich sah, verschlug mir erst einmal den Atem. Ich blickte auf ein tiefblaues Meer, das sich in sanften Wellen in einer kleinen, mit schneeweißem Sand gesäumten Bucht brach. Rechts und links fielen zerklüftete Felsen steil zum Wasser hinab. Einzelne Felsbrocken sonnten sich wie von spielenden Riesen zurückgelassene Hinkelsteine im Sand. Zwischen ihnen hatte die Flut kleine Planschbecken für Krabben und anderes Meeresgetier zurückgelassen, in denen sich die Sonne spiegelte. Möwen kreischten und der Wind blies mir frisch, aber freundlich um die Nase. Genau in dem Moment ist es passiert. Seitdem hat es für mich, die ich vom Virus Britannicus infiziert bin, keine Heilung gegeben. Ich liebe die Bretagne zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter.
Magische Lesemomente über die Bretagne
Deshalb lese ich vor und nach meinen Urlauben gern ein paar Geschichten über oder aus der Bretagne. Als Flohmarktfund ist mir das Buch “Die keltische Schwester” in die Hände gefallen. Die von mir erworbenen Ausgabe (2001) schrieb die Autorin Andrea Schacht noch unter ihrem Pseudonym Ansha Sagin. Inzwischen ist das Buch jedoch von Rütten & Loening mit dem richtigen Namen der Autorin neu aufgelegt worden und (natürlich) u.a. bei Amazon (hier) zu kaufen.
Worum geht es in dem Buch?
Die Betriebswirtin und Netzplanspezialistin Lindis hat einen Job bei der Firma KoenigConuslt angeommen, die den Auftrag zur Errichtung einer Ferienanlage in der Bretagne übernommen hat. Lindis stürzt sich mit Feuereifer in ihre neue Aufgabe. Nicht so sehr, weil sie sich mit der Bretagne verbunden fühlt, sondern weil dieser Job sie ein ganzes Stück die Karriereleiter hinauf bringen wird. Ganz nebenbei geht sie noch ein Techtelmechtel mit ihrem Kollegen Wulf ein. Der schafft es allerdings nicht, die wehmütigen Gedanken an Lindis verflossene Liebe, an den Geschichtsprofessor Robert Caspary, zu vertreiben. Dennoch hätte Lindis allen Grund glücklich und zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. Wenn da nachts nicht diese seltsamen Träume wären, die sie plagen. Sie führen sie zurück in die Zeit, als die Kelten in der Bretagne siedelten. Im Mittelpunkt der Träume steht die keltische Seherin Danu, die mit ihrem Volk genau dort lebt, wo jetzt die Ferienanlage errichtet werden soll. Danus und das Leben ihres Volkes ist gefährdet – verheerende Krankheiten brechen aus, schwere Stürme zerstören den Küstenstrich und ein fremdes Volk will sich Danus Territorium bemächtigen. Danu muss Danu eine schwere Entscheidung treffen, die ihr Leben für immer verändert.
Die Steinreihen von Lagatjar bei Camaret-sur-Mer.
Lindis, die die Geschehnisse um Danu in ihren Träumen und Visionen hervorruft, sträubt sich lange Zeit gegen die Gefühle und Gedanken, die durch die Geschehnisse in ihr hochkommen. Weil das Ferienanlagenprojekt ins Stocken gerät, muss sie selber in die Bretagne fahren. Dort trifft sie ihre große Liebe, Robert Caspary, wieder, mit dem sie im bitteren Streit auseinandergegangen war. Auch heute stehen die beiden wieder auf gegensetzlichen Seiten. Denn Robert gehört zu denen, die das Projekt auf jeden Fall verhindern wollen. Lindis gerrät zunehmend unter Druck, auch durch ihren Kollegen Wulf, der die Ferienanlage um jeden Preis dort errichten will. Lindis Träume werden immer drängender, bedrohlicher. Schließlich vertraut sie sich Robert an, der ihr das schier Unmögliche bestätigt: Die keltische Seherin Danu hat es wirklich gegeben! Von da an ist das Schicksal von Danu und Lindis unlösbar miteinander verknotet. Lindis trifft die einzig mögliche Entscheidung.
Wie liest sich das Buch?
Das Buch ist gekonnt und mit einem gehörigen Schuss Humor geschrieben. Vor allem Beni, Lindis jüngere Schwester, bringt der Story die eine oder andere unterhaltsame Wendung. Manche Passagen in der “Neuzeit” sind allerdings etwas schleppend, bringen die Handlung zum Stocken. Richtig gut gelungen ist die Parallelhandlung, in der es um Danu, die keltische Seherin geht. Hier findet man sich schnell tatsächlich in eine Zeit vor unserer Zeit versetzt.
Der Hafen von Camaret-sur-Mer
Fazit: Für alle Leserratten, die die Bretagne und historische Romane mit einem Hauch von Fantasy lieben, eignet sich “Die keltische Schwester” als unterhaltsame Lektüre. Wer allerdings atemlose Spannung und gekonnte Verflechtungen wie in den historischen Romanen von Barbara Erskine erwartet, wird ein wening enttäuscht sein. Da plätschert “Die keltische Schwester” doch deutlich seichter daher. Trotzdem eine schöne Ferienlektüre, wenn es einen gerade im Kopf mal wieder in die Bretagne zieht.
Viel Spaß beim Lesen und à bientôt.
Heike Kügler-Anger