Wer meint, schon alles gesehen zu haben, kennt die Jöriseen bei Davos noch nicht.
Die Bergwelt rund um Davos im Schweizer Kanton Graubünden ist ein wahres Wanderparadies. Es gibt Wanderrouten für Jung und Alt, für Anfänger und Geübte. Es gibt Touren in den Bergen, die bequem mit der Bergbahn zu erreichen sind und solche, die ihren Reiz haben, weil eben keine Gondel zum Gipfel führt. Dann ist man zwar nicht unbedingt allein am Berg, aber die Anzahl der Wanderer minimiert sich, vor allem, wenn es hoch hinauf geht. Eine solche Wandertour führt zu den 2500 Meter hoch gelegenen Jöriseen, ganz in der Nähe von Davos, am Rande des Flüelatals. Das ist die schönste Tour, die ich in den Bergen rund um Davos gemacht habe.
Die Jöriseen bei Davos: Wanderung ohne Bergbahn
Das Schöne an Davos ist, daß man alle Täler der Umgebung bequem erreichen kann. Wer nicht mit dem eigenen Auto zum Einstieg seiner Wanderung anreisen möchte, setzt sich in den Bus. Zu den Jöriseen am Flüelapass nimmt man am besten ganz früh den PostAuto-Bus. Ganz früh, weil der Aufstieg zu den Seen dann noch viel Schatten hat und deshalb weniger anstrengend ist. Außerdem ist morgens das Licht am Berg schöner und klarer.
Die Busse der Flüelapass-Linie fahren im Sommer morgens um 07:45, 08:45 und 10:45 Uhr vom Bahnhof Davos-Platz über Davos-Dorf (jeweils 10 Minuten später) und den Flüelapass bis nach St. Moritz im Engadin. In einer der vielen Kurven der Strasse kurz vor Erreichen der Passhöhe steigt man nach einer guten Viertelstunde an der Haltestelle Wägerhus aus. Nachmittags um 16:41 und 17:41 Uhr kann man sich von hier aus wieder nach Davos zurückfahren lassen. Wer sich nicht an den Busfahrplan binden möchte, reist mit dem Auto an. Direkt neben der Bushaltestelle Wägerhus gibt es einen Parkplatz.
Der Einstieg neben der Bushaltestelle in 2.200 Metern Höhe ist gut ausgeschildert. Der Weg den Berg hinauf wird zunächst von sattgrünen Alpweiden begleitet, auf denen hier im Sommer das Kühe grasen. Nach und nach verstummen die Motorengeräusche der Autos und Motorräder unten auf der Passstrasse. Nach einer halben Stunde Aufstieg gelangt man in 2350 Metern Höhe zu einer Weggabelung, an der die eigentliche Rundtour der Jöriseen-Wanderung beginnt. Ich empfehle der Beschilderung nach rechts in Richtung "Winterlücke" zu folgen. Der Anstieg durch die nun immer karger werdende Felslandschaft bis auf 2787 Metern Höhe ist zwar steiler, der spätere Abstieg über den einfacheren Weg links aber wesentlich angenehmer.
Der steile Aufstieg zur "Winterlücke" lohnt: Rechts liegt das schneebedeckte Massiv des Flüela Wisshorns, auf dessen Gipfel sich die Gemeindegrenzen von Davos, Klosters-Serneus und Susch treffen und an dessen Nordflanke der Jörigletscher hängt. In der Ferne grüßen die imposanten Gipfel des Silvrettamassivs. Der Blick schweift durch eine surreale Landschaft mit kargen Felsen, Schneebrettern und ein paar eisblauen Seen, die keine Namen tragen. Noch ist man aber nicht am Ziel. Ein Schild am Wanderweg verrät: Zu den Jöriseen sind es noch 40 Minuten.
Die Jöriseen bei Davos: Atemberaubend
Folgt man dem ausgeschilderten Weg entlang der namenlosen Seen ist nach ein paar Minuten von einer Anhöhe links des Weges aus erstmals einer der Jöriseen zu sehen. Der Blick auf das türkis schimmernde Wasser ist atemberaubend. Wie ein mit Photoshop manipulierter großer Farbklecks liegt der See in der Landschaft. Durch eine steinige, hochalpine Landschaft aus Felsen und Geröll führt der Weg nun hinab zu weiteren Seen, die alle in unterschiedlichen Farben schimmern, mal tief blau, mal dunkel grün, mal milchig weiß, mal türkis, abhängig vom Wasserzufluß und seinem Mineraliengehalt, vom Lichteinfall und der Tiefe des Wassers. Ein See reiht sich an den anderen. An jedem Ufer lohnt sich eine Rast. Es fällt sehr schwer, sich von diesem wildromantischen Naturschauspiel zu lösen.
Vom letzten See am Rande des Rundwanderwegs führt der Weg noch einmal steil hinauf zur Jöriflüelafurgga, einem schmalen Paß in 2723 Metern Höhe, der zurück ins Flüelatal führt. Der Blick auf die farbenfroh leuchtenden Jöriseen inmitten der schneebedeckten Bündner Berggipfel belohnt den steilen, schweißtreibenden Aufstieg, der ganz oben auf einigen Metern mit Stahlseilen gesichert ist. Dann geht es auf der anderen Seite gemächlich über Alpweiden wieder hinab, vorbei an der Weggabelung, die auf dem Hinweg zur "Winterlücke" führte, und weiter zum Ausgangspunkt, der Bushaltestelle Wägerhus.
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