Die “ich hab doch nix zu verbergen”-Mentalität


32 Flares


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Wöchentlich tauchen neue Dokumente und Vorwürfe gegen diverse Unternehmen wie Microsoft, Yahoo, Google, Facebook, PalTalk, AOL, Skype, YouTube oder Apple, gegen die NSA und den GCHQ in den Medien auf, die diplomatisch und aussenpolitisch kaum lösbar sein werden. Kein Geheimdienst dieser Welt lässt sich in ein gesetzliches Korsett zwängen, von Freihandels- oder No-Spy-Abkommen unter Druck setzen – das haben sie eindrucksvoll in den letzten Wochen bewiesen. So wird nicht nur die eigene Bevölkerung überwacht, sondern auch gleich der “Freund und Partner” in Form der UN-Zentrale und verschiedener EU-Einrichtungen auf amerikanischem und europäischem Boden.

Trotz all dieser Bemühungen – ein fader Beigeschmack bleibt. Die Europäer gefallen sich offensichtlich in der Opferrolle, nehmen die obligatorische Schonhaltung ein und ducken sich weg. Ist das Loyalität, Abhängigkeit oder geschichtliche Bückhaltung geschuldet? Hans-Peter Friedrich führt nach seinem USA Besuch das Supergrundrecht “Sicherheit” ein, Ronald Pofalla erklärt die Prism Debatte als beendet und für Angela Merkel ist das alles Neuland. Das wird wohl auch der Grund sein, warum sie sich bislang zurückgehalten hat. Es wird also gelogen, vertuscht, heruntergespielt oder einfach geschwiegen – klassische Schadensbegrenzung durch Aussitzen.
Echelon

Wir haben etwas zu verbergen, das ist gut so und soll auch so bleiben!
“Ich hab doch nix zu verbergen” oder “was wollen die schon mit meinen Daten” hört man sinngemäß in fast jeder Diskussion mit jenen, denen Privasphäre nicht viel bedeuten. Aber haben eben jene tatsächlich nichts zu verbergen? Oder sind damit Infos gemeint, die vermeintlich uninteressant für Geheimdienste sind? Es wäre ja auch Unsinn anzunehmen (Achtung Ironie!), dass es unwichtige Informationen gibt, dass der Kontakt zu “nichtchristlichen” Menschen während meines Urlaubs in Jordanien, mein Bart mit dem ich nach Hause kam, dass ein guter Freund aus Syrien stammt, ein anderer in Marokko aufgewachsen ist und dass sich mein Nachname durch die Hochzeit mit einer in Deutschland aufgewachsenen Halbirakerin ändert irgendeine Relevanz für Geheimdienste haben könnte.
Vielleicht stimmt es tatsächlich, dass wir nichts zu verbergen haben und trotzdem überwacht werden. Das aber hat jeder für sich zu entscheiden. Schließlich wurden auch Unschuldige schon Opfer von Hexenjagden.

Warum also sagen wir, dass wir nichts zu verbergen haben, wenn wir nach der Voratsdatenspeicherung, Prism oder dem verschwenderischen Umgang mit unseren Daten von Facebook gefragt werden?
Haben wir Angst davor zugeben zu müssen, dass wir tatsächlich Geheimnisse haben oder empfindet man sein eigenes Surfverhalten, den Einkaufszettel in Google Drive und Unterhaltungen via Whatsapp nicht als geheimniswürdig? Direkt auf “so wichtige Dinge hab ich da ja nicht drin” folgt “Ich kann doch nichts daran ändern”.

Der Denkfehler
Wo aber bleiben dabei Unschuldsvermutung und Verhältnismäßigkeit? wo ein ausgeglichenes Verhältnis von Sicherheit zu Privatsphäre?
Konventionen und Regeln bilden in einem demokratischen Staat die Basis für Sicherheit ohne die Freiheit zu stark einzuschränken. Diese Konventionen werden durch Kontrolle untermauert – doch Kontrolle bedeutet nicht Überwachung.
Projekte wie Indect, Prism, die elektronische Gesundheitskarte und Perso oder die Vorratsdatenspeicherung sehen eine flächendeckende, anlassunbezogene und dauerhafte Speicherung und Auswertung unserer Daten auf zu vielen Kanälen vor. Denn wenn Daten vorhanden sind, werden Sie früher oder später auch ausgewertet oder schlimmer noch mißbraucht.

Der Tellerrand
Laut einer Studie vertraut nach PRISM jeder Fünfte staatlichen Stellen überhaupt nicht mehr, zwei Drittel halten ihre Daten im Netz für gefährdet und nutzt dennoch keine Verschlüsselung oder Anonymisierungsdienste. Zwei Drittel der Internetnutzer in Deutschland (66 %) denken, dass ihre Daten im Netz eher (39 %) oder völlig (27 %) unsicher sind. Nur zwei Prozent glauben, dass ihre Daten im Internet sehr sicher sind, 27 Prozent halten sie dort für sicher. Grund für den Verzicht auf Verschlüsselungssoftware ist vor allem fehlendes Wissen. Rund zwei Drittel (65 Prozent) geben an, sich mit solchen Programmen nicht auszukennen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbands Bitkom, die Ende Juli veröffentlicht wurde. Abhilfe könnte Tortilla schaffen. Tortilla bindet das Tor Netzwerk ohne Barieren in ein System ein und leitet den gesamten Verkehr über Tor. Die Webseite prism-break.org zeigt weitere kostenlose Alternativen zu üblicher Software auf.
Alternative Dienste, wie Webhosting, VPN uvm bietet auch ein Zusammenschluss aus privatsphäre-Liebenden Webworkern.
“Unser grundsätzliches Ziel ist es, freie Kommunikationsmittel auf einer breiten Basis zur Verfügung zu stellen, während es Leute ermöglicht wird, freie, nicht kommerzielle Nachrichtendienste zu nutzen.
Wir würden gern das Bewusstsein von den Leuten aufwecken, ihre Privatsphäre zu schützen und der Plünderung zu entkommen, die von Regierungen, Vereinigungen und weiteren Institutionen betrieben wird.” schreiben die Macher auf Ihrer Webseite http://www.autistici.org/de/about.html.

Wo führt das nur hin?
Wenn wir Webseiten aufrufen werden Anfragen rund um die Welt geschickt, um die passende Antwort des richtigen Servers zu erhalten – in unserem Fall beispielhaft die Webseite: bild.de (bild.de, weil es sich um eine deutsche “de”-Domain handelt.) Ergebnis: Die Daten nehmen einen Umweg über einen amerikanischen Server, obwohl es eigentlich nicht sein müsste. In unserem Fall über die IP 67.17.160.9, die zum Level 3 Netzwerk / GlobalCrossing gehört. NSA liest also selbst an Stellen mit, deren Quell- und Zielbahnhof gar nicht in den USA liegen. Selbst wenn es sich um eine Seite handelt, deren Aufruf keinen Umweg bedarf, sind oft amerikanische Dienste wie Google Analytics o.ä. eingebetten, was wiederum Tür und Tor öffnet. (Das ist auch der Grund, weshalb hier bald keine Google Werbung mehr zu sehen sein wird)

89.238.64.1 – Germany>>
89.238.127.46 – Germany>>
67.17.160.9 – United States>>
80.81.192.61 – Frankfurt Am Main, Germany>>
213.61.13.8 – Frankfurt Am Main, Germany>>

Diesen etwas anderen Whois-Dienst bietet die Seite opendatacity.de, die den “Weg” zu verschiedenen Webseiten grafisch darstellt.

Machen wir etwas daraus!

Quellen und Links:
http://www.golem.de/news/ueberwachung-nsa-hackt-un-zentrale-1308-101181.html
http://neusprech.org/supergrundrecht/
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/nsa-hat-wanzen-in-eu-gebaeuden-installiert-a-908515.html
http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_PK_Sicherheit_im_Netz_Charts_25_07_2013.pdf

Bild: «Echelon», Wikimedia Commons


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