“Wer noch nie in der Antarktis war,
kann sich nicht vorstellen,
wie es dort aussieht
und wer schon einmal dort war,
vermag es nicht mit Worten zu beschreiben”
Getreu diesem Motto habe ich lange gegrübelt, wie ich einen Bericht über das Unfassbare verfassen kann.
Und ich habe festgestellt: Egal wie ich es wende und drehe, es wird es doch nicht beschreiben können.
Bevor ich euch aber gar nichts schreibe, habe ich mich dazu entschieden die Highlights der Reise raus zu picken.
Aber zuerst einmal ein paar Fakten:
Reederei: Hurtigruten
Schiff: MS Fram
Name der Reise: Expedition Südpolarkreis
Anlandungen: Half Moon Island, Brown Bluff, Great Wall Station, Deception Island (Whalers Bay), Cuverville Island, Ronge Island (nur Camping), Neko Harbour, Damoy Point, Detaille Island, Petermann Island, Vernadsky Station, Port Lockroy
Nautische Meilen: 2351 nm
Südlichster Punkt: 66° 51′ 5s Süd / 66° 48′ 48s West
Aber kommen wir zu den Highlights:
Drake-Passage
Drake Passage – nicht ganz so wild
Jeder, der sich etwas mit der Seefahrt auskennt, kennt sie. Die gefürchtete Drake-Passage. Eine der schlimmsten Seestraßen der Welt.
Gehört hatte ich Geschichten wie: “Es war niemand beim Essen, das Schiff glich einem Geisterschiff” und “Alles flog durcheinander. Kein Teller blieb auf den Tischen stehen” und vieles mehr.
Nach diesen ganzen Geschichten war ich sehr verwundert als ich am ersten Morgen nach dem Aufbruch in Ushuaia aufwachte und es “gar nicht so schlimm” war.
Durch die ganzen Lektoren-Vorträge brachte ich dann auch in Erfahrung, dass wir wirklich Glück hatten und es sich um eine ruhige “Drake-Passage” handelte.
Ruhig heißt in diesem Sinne natürlich nicht, dass es nicht geschaukelt hat. Das hat es sehr wohl und jeder lief “Zick-Zack” durch die Gänge.
Auf der Rückfahrt in Richtung Norden hatten wir nicht ganz so viel Glück und die Drake zeigte uns endlich ihr wahres Gesicht. Auch wenn es definitiv nicht so schlimm war, wie es hätte sein können.
Draußen an Deck stehen gestaltete sich jedoch als “nasse Angelegenheit”, wenn Wellen bis rauf schlugen und im Restaurant herrschte gähnende Leere.
Ab jetzt werde ich wohl des öfteren meinen Kollegen bei unserer Reederei sagen müssen “Seegang? Welcher Seegang?”
Brown Bluff
Brown Bluff
Meine Lieblings-Anlandung war definitiv Brown-Bluff.
Nicht nur, dass dies unsere erste “Festland”-Anlandung in der Antarktis war an der äußersten Spitze der Antarktischen Halbinsel, nein, auch das Wetter spielte mit und wir durften den Tag mit strahlend blauen Himmel verbringen.
Die Felswand des Tafelbergs erhebt sich bis auf etwas 500m Höhe und sticht aus der Landschaft hervor.
Brown Bluff ist Teil eines größeren Schildvulkans der vor mehr als einer Millionen Jahre entstand.
Auch Pinguine gibt es hier in Hülle und Fülle. Letzte Zählungen ergaben etwa 20.000 Adélie- und etwa 1.000 Eselspinguine zu denen noch einmal ungefähr die gleiche Zahl an Jungtieren zu Brutzeiten hinzu kommt.
Was ich hier besonders fand? Ganz einfach die Atmosphäre im allgemeinen. Wir gehörten zur ersten Gruppe, die an Land gehen durfte und waren schon im 3. Boot mit dabei.
Es gab 2 Möglichkeiten. Die eine war ganz klar nach rechts zu laufen am Strand entlang, immer etwa 5m oberhalb der “Pinguin-Straße” bis zu einer großen Pinguin-Kolonie um diese zu beobachten. Die andere war nach links einen steilen, mit Geröll übersäten Hang hinauf zu kraxeln.
Da alle anderen Gäste nach rechts gingen war für mich klar: Ich gehe links den Hügel rauf.
Es war eine typische “2 Schritte rauf, einen wieder runter”-Situation während dem Aufstieg, aber dieser lohnte sich und wurde mit einer fantastischen Aussicht von oben bezahlt. Die einzigen 2 anderen Menschen oben waren Mitglieder des Expedition-Teams.
Tolle Aussichten auf Brown Bluff
Nachdem ich die Ruhe und die Natur genossen hatte, begab ich mich an den Abstieg und wusste, dass ich alles richtig gemacht hatte, denn jetzt kamen die anderen Gäste in großen Scharen hinauf gelaufen.
Weiter ging es für mich also zur Pinguin-Kolonie. Hier setze ich mich hin und beobachtete meine Lieblings-Tiere, wie die kleinen ihre Eltern jagen um Futter zu bekommen.
Bevor ich wusste, wie mir geschah, lief ein Pinguin direkt auf mich zu und blieb letztendlich keinen Meter von mir entfernt stehen um ihr Junges zu füttern. Absolut faszinierend.
“Bitte, geb mir endlich Futter”
Deception Island – Ein Abend am Strand
Ein aktiver Vulkan in der Antarktis. Sogar einer der aktivsten der Welt. Das genau ist Deception Island. Noch dazu ein recht junger, geologisch betrachtet, mit ca. 750.00 Jahren. Zum letzten Mal ausgebrochen ist der im Jahre 1970.
Bis 1969 befand sich in “Whalers Bay” eine Walfangstation, die jedoch von einem großen Ausbruch verschüttet wurde und nie wieder aufgebaut wurde.
Alles sieht sehr “unwirklich” aus. Wie aus einem Horrorfilm. Dass wir dazu noch dichten Nebel hatten, machte das Bild perfekt.
Deception Island – Whalers Bay
Doch etwas anderes machte diese Anlandung besonders. Hier gibt es, getreu dem vulkanischen Ursprung, natürlich schwarzen Sandstrand. Wie auf den Kanaren – und da kann man schwimmen gehen. In der Antarktis natürlich auch.
2 Grad Außentemperatur, 2 Grad Wassertemperatur. Was kann es besseres geben als ein Bad in der Antarktis?
Auch das ließ ich mir natürlich nicht nehmen. “Baden” kann man das zwar nicht unbedingt nennen, aber ich kann euch sagen: Es tat sehr, sehr gut! Der ganze Körper kribbelte und ich merkte, wie meine Durchblutung richtig angeregt wurde.
Ein Erlebnis, welches ewig in Erinnerung bleiben wird.
Neko Harbour – Schlittenfahren einmal anders
Neko Harbour – Schnee passte gut ins Bild
Den Namen hat die Bucht von der Neko, einem norwegischen Schiff welches in dieser Bucht Anfang des 20. Jahrhunderts einen geschützten Ankerplatz fand.
Besonders faszinierend sind an dieser Anlandung die Gletscher rings herum von denen immer wieder große Brocken abbrechen. Ein faszinierendes Naturschauspiel.
Der abgesteckte Weg führte rauf auf einen Aussichtspunkt. Teilweise recht steil hinauf.
Runter ging das ganze dann spaßiger. Nämlich rodelnd auf dem Hosenboden für alle, die diese Erfahrung gerne einmal machen wollten.
Das ließ ich mir natürlich nicht nehmen. Nach anfänglichen “Start-Schwierigkeiten” gelang es dann auch und die “Fahrt” ging los. Ein absolutes Highlight der Reise.
Cuverville Island – Mit dem Kajak einmal um die Insel
Anlandungen sind schön und gut – aber auch vom Wasser aus hat die Antarktis einiges zu bieten. Vor allem aktiv vom Kajak aus.
Kajak um Cuverville Island
Für mich ging es einmal um Cuverville Island herum. Die kleine Insel gehört zu den “Top Five” der meistbesuchten Touristenziele in der Antarktis. Natürlich gibt es hier auch wieder Pinguine. Hier handelt es sich um ca. 10.000 Eselspinguine.
An Land hatte ich bis dahin natürlich schon einige gesehen, aber zu sehen wie sie unter dem Kajak im kristallklaren Wasser umher schwimmen, Schwung nehmen und an Land springen – das war mir bis dahin verborgen geblieben.
Mit dem Kajak kommt man einfach noch einmal näher dran. So sahen wir einige Weddelrobben, die sich auf den Eisschollen regten und sich so gar nicht von uns beeindrucken ließen. Auch der erste See-Elefant zeigte sich uns. Was für große, bequeme Geschöpfe. Einfach wunderbar!
Ronge Island – Camping auf dem Eis
Für mich stand eins fest: Camping – das MUSSTE sein. Seit ich auf den Reiseunterlagen gelesen hatte, dass dies eventuell möglich sein würde, stellte ich mir vor, wie toll es sein müsste.
Dann kam erst einmal die ernüchternde Nachricht an Bord: Wir können allerhöchsten 2x campen und von allen, die teilnehmen möchten, wird ausgelost, wer letztendlich mit kommen darf.
Die Losung startete und ich war direkt die zweite die gezogen wurde. Und zwar für die erste Durchführung.
Was für ein Glück! Und dann noch am selben Tag an dem ich auch Kajak fahren durfte.
Für uns ging es auf die Nachbarinsel von Cuverville Island – nach Rongé Island. Hier bauten wir unsere Zelte selber auf. Das komplette Equipment wurde natürlich von Hurtigruten gestellt.
Nach einer Einweisung und ein paar Regeln, sowie der Anleitung zur “Toiletten-Benutzung” bekamen wir erst einmal eine heiße Schokolade zu trinken.
Zwei Mitglieder des Expeditionsteams waren mit dabei und eine schlug vor eine kleine Wanderung auf den Gletscher zu machen. Natürlich nur wer wollte.
Das ließ ich mir natürlich nicht nehmen und ging mit. Oben genossen wir alle erst einmal die Antarktische Stille und redeten dann leise über Gott und die Welt.
Eine tolle Aussicht vom Gletscher auf das Camp
Wieder am Camp unten angekommen gingen die meisten schlafen. Ich nicht. Ich setze mich zu ein paar Pinguinen an die Küste und beobachtete die kleinen süßen Fratzen, wie sie sich eine bequeme Schlafposition suchten.
Als Vorletzte kletterte auch ich ins Zelt und schlief erstaunlich gut. Eine Nacht in der Antarktis campen – dass können nicht so viele von sich behaupten aber ich empfehle es wirklich jedem. Es war einfach schön mal diese vollkommene Ruhe zu genießen, wie ich sie bis jetzt nur aus Finnland und Schweden kannte.
Einfach nur die Ruhe genießen
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Ich könnte jetzt ewig so weiter machen, denn eigentlich gab es noch viel mehr Highlights. Ja, die ganze Reise war ein einziges Highlight.
Die Fahrt durch den Neumayer Kanal zum Beispiel ist ebenfalls nicht mit Worten zu beschreiben – oder zu sehen wie Orcas einen Pinguin jagen, Wale die keine 2m von unserem Polarcircleboot abtauchten.
Ach, ihr seht: Es ist einfach nicht zu beschreiben. Trotzdem hoffe ich, dass ich euch einen kleinen Einblick in meine Reise geben konnte.
Wer von euch war schon einmal in der Antarktis? Habt ihr eure persönlichen Highlights?