Support: Persona
Unter Deck, München, 14. September 2016
Das nennt man dann wohl unfreiwillige Komik: Als Sängerin Stella Sommer in gewohnt feierlich tiefer Stimmlage den ersten Song mit der Zeile anstimmt „Hier kommt die Kälte“, da hatte es im ausverkauften Hinterzimmer des Clubs schon gefühlte vierzig Grad plus und das Publikum hätte wohl nichts gegen eine Abkühlung einzuwenden gehabt. Daß die Band ein ähnliches Temperierungsproblem hatte, ließ sich unschwer am Schlagzeuger Philipp Wulf erkennen, den man am Ende des Vortrags hätte auswringen können – „Schön warm habt ihr’s hier“ kommentierte Sommer treffend und ließ sich, abgesehen vom hinweis, man könne jetzt die Klimaanlage getrost wieder einschalten, ansonsten vom Münchner Namenspendant und seinen Folgen nicht groß irritieren. Die Hamburger Band hatte ja nach zwei Alben eine fast komplette Neubesetzung erfahren, Hanitra Wagner am Bass und Sonja Deffner an den Tasten komplettieren nun das Outfit und mit diesem änderte sich auch die Ausrichtung des Quartetts – „Pop und Tod II“, das opulente, dritte Album spannt sich nun zwischen düsterer, morbider Bildhaftigkeit und der Lakonie früher Tage, ruppigen Mädchenrock sucht man hier vergebens. Gelegenheit genug also, das Gemüt der Zuhörer unter Frostniveau zu dimmen, allein: Es wurde doch ein ganz unterhaltsamer Abend.
Was auch daran lag, dass sich aus dem neuen Material gegen Ende doch noch einige Takte extrahieren ließen, die auch für die Bühne ordentlichen Schwung hergaben – „Komm mich besuchen“ wäre eines dieser Stücke, „Halt mich zurück“ ein zweites, beide dezent aufgepeppt und angenehm noisy gespielt und schon wippte er, der Laden. Den ordentlich zu beschallen ohnehin ein gehöriges Problem sein dürfte, der Mann an den Reglern war nicht zu beneiden. Auch andere Schlauchkammern wie etwa das Milla im Glockenbachviertel haben eine ähnlich gewöhnungsbedürftige Akustik und fordern geschicktes Gepegel, im Zusammenspiel mit reichlich Hitze und Schwitzwasser eine Herausforderung besonderen Grades. Dennoch konnten sich Band und Publikum mit den Widrigkeiten ganz gut arrangieren: Keine Stimme auf dem Monitor? Auch schön. Einsatz verpaßt? Weggelächelt. Trotz kühler Beleuchtung und nachschattiger Themen stellte sich nach und nach so etwas wie Vertraulichkeit ein, wirkte Sommer nicht mehr ganz so unnahbar wie zu Beginn und klangen auch die Songs der neuen Platte etwas organischer als auf Konserve. Was für das Gesamterlebnis „Letzte offizielle Sommernacht 2016“ von Vorteil war. Damit dem Rezensenten aber nicht noch mehr platte Wortspiele einfallen, wäre für das nächste Konzert der Spätherbst dringend anzuraten.
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