Die heimliche Perle von Brigittenau

Der Zwischenbrückenwirt also. Man kann ehrlicherweise nicht behaupten, dass man als Bewohner der Stadt Wien dieses von außen eher unscheinbare Lokal im 20. Bezirk unbedingt kennen muss. Schade wär das aber allemal…

Inhaber, Geschäftsführer und Koch zugleich ist Günther Szigeti, der in Wien ja wirklich kein Unbekannter mehr ist. Mit seinem Lokal „Zur schwarzen Katze“ brachte er schon früher große Küche zum guten Preis unters Volk. Seit Mai 2013 kocht er nun in der Brigittenauer Vorstadt in seinem „Zwischenbrückenwirt“. Der Name stammt übrigens vom ehemaligen Grätzl „Zwischenbrücke“ in Brigittenau.

Man nehme also ein urtümliches Beisl, bis vor kurzem noch mit einer typisch rustikalen Einrichtung aus den 90er-Jahren versehen, doch nach einmonatiger Renovierungsphase nun mit neuem, modernerem Interieur auf Vordermann gebracht und koche dort auf hohem Niveau typisch heimische Speisen. Szigeti wollte vom schnell-schnell-Mittagsmenü-kantinenähnlichen Dasein Abschied nehmen und sich auf das Wesentliche konzentrieren: gehobene österreichische Küche in Wohlfühlatmosphäre anbieten. Zu dieser Athmosphäre zählt halt leider kein Wagenradluster oder gefleckte Stoffsitzbankbezüge mehr. Bei der Renovierung wurde zum Glück auf mächtig viel Styling verzichtet, nun speist man umringt von hellem Leder, Holz und roten Akzenten bei der Beleuchtung – wie würde ein bekanntes Möbelhaus sagen: „Sieht doch gleich besser aus!“

Das Service ist sehr freundlich, ganz und gar nicht aufdringlich aber dafür aufmerksam. Man hört wohl kaum ein „Was willst denn trinken?“, doch das ist gut so, authentisch eben.

Am 21. September wird offiziell wiedereröffnet, diese Woche hatte man jedoch im Zuge der Wiener Restaurantwoche schon die Möglichkeit vier Gänge des Meisters zu verkosten: da hätten wir erstmal ein wunderbar zart faschiertes Beef Tartar, von bestem Fleisch, perfekt gewürzt, mit Senfrahm kombiniert. Eine zwar köstlich klingende Eierschwammerlcremesuppe mit geräucherter Gänsebrust, welche geschmacklich zwar in Ordnung war, mich jedoch ob der Konsistenz und der eher lieblosen Einlage nicht sonderlich begeistert hat. Dafür ein „Aber Hallo!“ bei der Hauptspeise: ein – von diesem exzellenten süßlichen Jus zum Niederknien – umhülltes fein geschmortes Ragout und eine auf den Punkt gebrachte rosa Keule vom Reh, serviert mit Erdäpfel-Maronigratin und cremigem Wirsing-Gemüse. Wirklich grandios! Als Dessert gab es noch im Rexglas serviertes Schoko-Triffle mit Beeren: ebenfalls fantastisch, obwohl es das meiner Meinung nach auch ohne dem leichten Orangengeschmack der untergemischten Kekse wäre.

Weiters wird es neben einem täglich wechselndem Mittagsmenü (um € 8,90 – bestehend aus Suppe und Hauptspeise) ausschließlich feine österreichische Gerichte zu moderaten Preisen geben: ob nun die kräftige Rindsuppe mit hausgemachten Einlagen (€ 3,60) – eine Suppe unter vier Euro ist heutzutage schon selten zu finden – ein Fasanenfilet im Speckmantel mit Balsamicolinsen und hausgemachten Gnocchi (€ 17), auf der Haut gebratenem Seesaibling mit Kressepüree (€ 18) oder auch gebackene Steinpilze mit Schnittlauchrahm (€14) – man muss schon extrem wählerisch sein um auf dieser Speisekarte nichts Ansprechendes für sich zu finden. Erwähnt werden muss auch, dass das klassische Wiener Schnitzel vom Kalb (im Butterschmalz gebacken) mit typischen Beilagen um relativ günstige € 15,90 daherkommt. Auch bei den Desserts hat sich Günther Szigeti was überlegt: ein paar Klassiker sind dabei, ebenfalls extravagantere Süßigkeiten wie karamellisierter Ziegenfrischkäse mit Erdbeersalat oder gebrannte Rosmarincreme mit Hollerkoch – muss ich unbedingt noch probieren.

Die Getränkeliste ist auch nicht zu verachten: der süße Marillennektar aus dem Burgenland ist ein genauso guter Speisenbegleiter wie so mancher edle Tropfen aus ganz Österreich.

Mein Fazit:

Talent ist Talent – da spielt es keine Rolle ob man in Hernals, Gersthof oder Brigittenau kocht. Kochen kann er, der Herr Szigeti! Geboten wird wirklich hervorragende Küche, das Lokal kommt definitiv auch auf meine „Wohin-wenn-Besuch-Liste“. Schwierig nur, dass es am Wochenende geschlossen hat. Sehr gutes Essen, ohne Unmengen dafür zu bezahlen – fein!

Zwischenbrückenwirt

Treustraße 27

1200 Wien

Tel.: 01/333 10 62

Mo–Fr 11:30 – 14:30 & 18:00 – 23:00

www.zwischenbrueckenwirt.at


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