Lion Feuchtwanger gehört zu den Großen der deutschen Literatur: Er ist einer der bekanntesten und meistgelesenen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. In Berlin und München studierte er Geschichte, Deutsche Philologie und Philosophie. Erste Erfolge verzeichnete er mit einer gegründeten Zeitung, sowie Artikeln und Theaterstücken. Später begann er, historische Romane zu schreiben, mit denen er ebenfalls sehr populär wurde. Seit 1971 wird der gleichnamige Preis für historische Prosa vergeben. Da ich mich immer mehr neben Gegenwartsliteratur für historische Romane begeistern kann, ist die Grund genug, sich einmal einem Roman von Lion Feuchtwanger anzunehmen.
In Die häßliche Herzogin steht Margarte, Herzogin von Tirol, im Mittelpunkt. Da ihr Vater Heinrich ohne männlichen Erben gestorben ist, liegt es nun an ihr, Nachfolgerin zu werden. Dazu braucht es natürlich einen Ehemann. Deswegen wird das zwölfjährige Mädchen mit dem noch jüngeren Johann von Luxemburg verheiratet. Um Liebe geht es keineswegs. Vielmehr ist Margarete, die nicht mit Schönheit gesegnet ist, den gehässigen Sticheleien ihres Ehemannes ausgesetzt. Auch mit fortschreitendem Alter, dem man meist eine weiterentwickelte Reife gleichsetzt, bessert Johann sich nicht, sein Verhalten wird gar noch abscheulicher. Damit noch nicht genug, bandelt Johann auch noch mit der engelsgleich schönen und Margarete so verhassten Agnes an.
„Sie sah älter aus als ihre zwölf Jahre. Über einem dicklichem Körper mit kurzen Gliedmaßen saß ein großer, unförmiger Kopf. Wohl war die Stirne klar und rein, und die Augen schauten klug, rasch, urteilend, spürend; aber unter einer kleinen, breiten, platten Nase sprang der Mund äffisch vor mit ungeheuren Kiefern, wulstiger Unterlippe. Das kupferfarbene Haar war hart, spröde, stumpf, ohne Glanz, die Haut kalkig grau, bläßlich, unrein, lappig.“
Margarete leidet unter Johanns tyrannischen Verhalten. Hinzu kommt das Gelächter des Volkes. Hinter vorgehaltenen Händen spotten die Menschen über Margaretes Aussehen, der Spitzname „Maultasch“ wird ihr zuteil. Niemand sieht unter Margaretes Hässlichkeit ihre Begabung für Politik. Je mehr ihre Mitmenschen sich über sie lustig machen, desto energischer treibt Margarete den Wohlstand ihrer Ländereien voran. Dennoch kann sie sich den Eheproblemen mit Johann nicht entziehen und zieht eine Reihe von Intrigen und Rebellionen mit sich, bis sie frustriert resigniert, abstumpft und sich an allen rächt.
Schlicht und ohne großen Pathos malt Feuchtwanger das Bild von Margarete, Herzogin von Tirol. Geschickt webt er historische Fakten in den Roman mit ein. Man lernt viel über politische Handlungsgründe der Wittelsbacher, Luxemburger und Habsburger. Besonders sein distanzierter, leicht ironischer Ton macht die Sprache im Roman zu etwas Besonderem. Nüchtern begleitet der Erzähler den Leser durch die Handlung, ohne sich aufzudrängen. Seine klare Sicht auf das Geschehen liest sich mitunter komisch, heiter oder gefühlslos. Hat man in einem Moment noch Mitleid mit Margarete, wird dieses Gefühl schnell wieder umgekippt, indem sie als berechnend, kaltblütig und grausam beschrieben wird.
Lion Feuchtwanger erzählt in Die häßliche Herzogin die Tragödie einer klugen und gutherzigen Frau, die sich jedoch aufgrund ihres Aussehens nicht in einer oberflächlichen Welt durchsetzen kann, und der Liebe oder gar Achtung verwehrt bleibt. Ein toller Roman, in dem man auch noch etwas Geschichte lernt.
Lion Feuchtwanger: Die häßliche Herzogin. Aufbau. Berlin 2013. 270 Seiten. 9,99 Euro.