Mal wieder ein Post aus der Kategorie „Training/Coaching“. Die Situation des deutschen Kurzdistanz-Triathlons ist desaströs. Ich glaube, da sind sich fast alle einig, die ein Minimum an Durchblick haben. Besonders schmerzhaft ist auch, dass uns unsere kleinen Nachbarländer im Süden – vor allem bei den Frauen – aber sowas von den Rang ablaufen (aktuell gleich zwei Mädels in den Top 10 und eine Podium-Platzierung beim WTS-Auftakt in Abu Dhabi … von Österreich!!).
Nehmen wir exemplarisch nur mal das aktuelle Rennen von gestern:
In den Top 10 finden wir jeweils zwei Athletinnen aus Österreich, Japan und Neuseeland. Der Rest wir aufgefüllt mit den üblichen Verdächtigen aus den USA, UK, Holland und Australien. Yolanda Annen aus den Schweiz verpasst mit Platz 11 die Top 10 nur knapp. Deutsche Starterinnen sind schon gar nicht erst am Start, aber man kann sich recht sicher sein, dass sie sonst auch nicht vorn dabei wären.
Und wo wir schon bei „nicht am Start“ sind, da sind wir beim Auslöser für diesen Artikel. Denn gerade wieder lese ich – wie so oft in den vergangenen Jahren – dass sich mal wieder eine Kaderathletin mit einer Stressfraktur (auch gern Ermüdungsbruch genannt) aus dem Rennen geschossen hat.
Was ist nochmal das Schlimmste, was einem Athleten passieren kann? Ach ja, da war doch was…lasst mich überlegen…GAR NICHT ERST AM START STEHEN ZU KÖNNEN! Was ergibt sich daraus als wichtigstes Ziel eines Trainers/Coaches, das alles andere überstrahlen sollte? Meine These: Die mir anvertrauten Athleten möglichst krankheits- und verletzungsfrei durch das gesamte Jahr zu bringen. Und das am besten über viele, viele Jahre, die eine erfolgreiche Karriere ausmachen können.
Wenn wir einmal von Unfällen aller Art absehen, bekommen das die Top-Coaches alle sehr gut hin. Und daraus ergibt sich meine These Nummer 2: Wenn mir allein nur gelingt, diese Verletzungsfreiheit hinzukriegen, bin ich schon ganz weit vorne (ich erspare mir hier die Beispiele, da sie so übermächtig sind).
Und nun ein kurzer Blick herüber zur DTU und ihrer absolut desaströsen Situation. Ich spare mir hier die Aufzählung der Ausfälle durch Krankheit oder Verletzung der letzten Jahre, da das eine lange Liste wäre und ich nicht einzelne Beispiele herausgreifen möchte. Aber gerade bei den langwierigen Sachen ist es schon auffällig, wie wenig „Verletzungspech“ Sportler aus Gruppen der Top-Coaches (Sutton & Co., Filliol etc.) haben und wie häufig solche Dinge in den DTU-Kadern vorkommen. Ermüdungsbrüche ohne Ende, Pfeiffersches Drüsenfieber und die gesamte Saison ist gelaufen.
Dabei sind sich die meisten Trainer doch einig: Höchstleistung wir vor allem dann erbracht, wenn wir in der Lage sind, kontinuierlich, Schritt für Schritt diese aufzubauen ohne größere Rückschläge. Was ist daran nun so schwer zu verstehen und warum setzen es so wenige wirklich gut um? Denn das Wort „Verletzungspech“ steht oben eben nicht zufällig in Anführungszeichen – das hat mit Pech in aller Regel nichts zu tun (außer eben bei Unfällen). Das ist SYSTEMATISCH! Das Ebstein-Barr-Virus ist ohnehin schon da – das Pfeiffersche Drüsenfieber bricht nur aus, da ungefähr 1000 Signale des Körpers missachtet wurden, die eine solch starke Überlastung des Immunsystems längst angezeigt haben. Ein guter Coach ist eben nah genug dran, dass er die ersten Symptome erkennt und entsprechend das Training runterreguliert. Immer vorausgesetzt, der Athlet macht, was der Coach sagt. Aber auch hier sehe ich es als eine der zentralen Aufgaben eines guten Trainers an, sich das Vertrauen des Athleten so zu erarbeiten, dass einerseits er/sie macht, was Coach sagt und andererseits der Athlet „alles“ zeitnah kommuniziert.
Und noch ein Detail am Rande: Aus dem Verbands-Umfeld höre ich dann gerne den Ruf nach acht (8!) Jahren des ungestörten Aufbaus. Was für ein Unsinn! Ernsthaft, Leute: Das ist, wie die Probezeit bei einer Festanstellung. Ob das Verhältnis Trainer-Athlet passt, sehe ich innerhalb kürzester Zeit. Da brauche ich noch nicht mal sechs Monate. Aber spätestens nach sechs Monaten der Zusammenarbeit reichen mir zwei Tage in einem Trainingslager, um zu sehen, wie gut das funktioniert. Analog einem gut funktionierenden Team in der freien Wirtschaft.
Und gerade in Kaderstrukturen sollte das doch vorzüglich funktionieren. Ich schaue mir die Athletin am Morgen genau an…und dann mache ich EBEN NICHT das geplante Standard-Programm, sondern nehme sie raus und lasse sie rein regenerativ arbeiten. Stattdessen sehe ich Kader-Trainingsgruppen, die alle das Gleiche trainieren. Da weiß ich doch schon bescheid! Denn dass alle Athleten ausgerechnet exakt den gleichen Trainingsreiz brauchen an dem Tag ist doch eher unwahrscheinlich.
Genau wie Frank Wechsel im Sport1-Interview gegen Ende analysiert, sehe ich da auch für die kommenden Jahre tief-schwarz. Allerdings glaube ich entgegen der herrschenden Kaste nicht, dass es uns an Talenten mangelt. Ich glaube eher, dass das – wie im individuellen Bereich – eine der klassischen Standard-Ausreden ist. Wenn ich eins und eins zusammenzähle, glaube ich vielmehr, dass im Kader-Umfeld der DTU junge Talente gnadenlos verheizt werden. Und das ist sehr traurig, vor allem für die Athleten selbst, aber eben auch für den Verband und unseren geliebten Triathlon-Sport.
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