Die große Heuchelei
Kurz vor Weihnachten gab es ein dickes Geschenk für die FDP: 75.000 Euro spendete Südwestmetall – der baden-württembergische Verband der Metall- und Elektroindustrie – an die Liberalen. Nur drei Monate später begann der Abstieg der Partei, sie flog aus den Landtagen in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Im nächsten halben Jahr verpasste sie den Einzug in drei weitere Länderparlamente.
75.000 Euro an eine
Partei, die in immer mehr Bundesländern nichts mehr zu sagen hat. War das Präsent eine Fehlinvestition? Bei Südwestmetall gibt man sich diplomatisch: «Eine Bewertung einzelner Parteien oder ob das Geld bei einer einzelnen Partei gut investiert ist, nehmen wir nicht öffentlich vor», sagt Verbandssprecher Jochen Mayer auf News.de-Anfrage. Man spende an demokratische Parteien. Wie viel es gibt, orientiere sich «unter anderem an der Frage, in welchem Maße sich diese Parteien die soziale Marktwirtschaft auf die Fahnen geschrieben haben».
Südwestmetall ist nicht der einzige Großspender an die Liberalen. 50.001 Euro erhielten sie im Juli von der Allianz, im März 50.050 Euro vom IT-Personaldienstleister Reutax AG, im April 2010 spendete der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (Metall NRW) 60.000 Euro. Auch hier bereut man die Geldgeschenke nicht.
Entscheiden politische Ziele oder Wahlerfolg?
«Wir spenden an demokratische Parteien, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und die sich der sozialen Marktwirtschaft verschrieben haben und diese politisch vertreten», erklärt Eberhard Vietinghoff von Metall NRW die Regeln, nach denen der Verband das Geld verteilt. «Da die FDP sich auf diesem Gebiet nicht verändert hat, können wir auch nicht enttäuscht sein. Das machen wir nicht vom Wahlerfolg abhängig.»
Nicht der Wahlerfolg also ist entscheidend, sondern die Ideale? Noch glühender verteidigt die Deutsche Vermögensberatung ihre Spenden an die FDP: «Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung», sagt Sprecherin Sylvia Herbrich zu news.de. Das Unternehmen spende «im Rahmen der gesellschaftlichen Verantwortung».
Während sich die Unternehmen als Retter der Demokratie gerieren, sieht Parteispendenexperte Martin Morlok von der Universität Düsseldorf handfeste Interessen hinter den Zuwendungen. «Unternehmen spenden, um sich Wohlwollen einzukaufen», sagt der Rechtswissenschaftler im Gespräch mit news.de. «Der Zugang zu den Mächtigen ist ein knappes Gut. Wenn man den wahrscheinlicher machen kann, hat man damit schon etwas erreicht.»
Besser auf mehrere Pferde setzen
Schaut man sich die Liste der Spenden genauer an, fällt tatsächlich auf, dass die meisten Unternehmen nicht nur auf eine Partei setzen. Im Fall des FDP-Debakels kommt ihnen das nun zugute. Im August spendete Metall NRW ebenfalls 60.000 Euro an die CDU, Südwestmetall machte nicht nur den Liberalen, sondern auch den Christdemokraten ein Weihnachtsgeschenk – immerhin 200.000 Euro -, Daimler spendete an die Konkurrenten CDU und SPD im August dieses Jahres je 150.000 Euro und die Allianz bedachte mit Ausnahme der Linken sogar alle im Bundestag vertretenen Parteien mit einer Zuwendung.
Auch der Versicherungskonzern begründet die Parteispenden mit der «Verantwortung als unternehmerischer Staatsbürger». Man unterstütze damit «die seit über sechs Jahrzehnten in Deutschland bewährte parlamentarische Demokratie», sagt Wolfang Ischinger, Leiter des Bereich Public Policy bei der Allianz. Der Konzern spende an alle Parteien den gleichen Betrag, um die Gleichbehandlung zu gewährleisten.
Für weniger nobel hält Parteispendenexperte Morlok die flexible Spendenpraxis der Unternehmen. «Man weiß nicht genau, wer die nächsten Wahlen gewinnt. Im Bund sind außerdem teilweise andere an der Macht als auf Landesebene – insofern ist es nicht falsch, wenn man die einen und die anderen bedient.» Die großen Firmen würden weniger konkrete Einzelanliegen verfolgen, sondern: «Sie wollen generell, dass wenn man ein Problem hat, auch mal kommen und seine Sorgen vortragen darf.»
Welche Parteien am meisten profitieren, sehen Sie in unserer Fotostrecke der größten Spender Deutschlands.
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Parteispenden – Die große Heuchelei
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