Die Gleichgültigkeit von Frauen, wenn es um die gemeinsame Sache geht

Über die Gleichgültigkeit von Frauen, wenn es um die gemeinsame Sache geht – und was ich aus einer erfolglosen Crowdfunding-Kampagne lernte. Manchmal ist meine Mutter ein ganz guter Indikator für Stimmungen. Als ich ihr vom BUSINESS SALON erzähle, zieht sie ihre Unterlippe zurück, die Augenbrauen runter und verharrt so einen Moment zu lang. Ich kenne diesen Blick. Er ist nicht die Art von Reaktion, die ich erhofft habe. Diese Mimik schreit: Skepsis!

Es folgen geräuschvolles Einatmen und ein gemächliches Kopfwiegen. „Ich glaub, den Frauen hängt das Thema zum Hals raus.“ Mama spricht von der Frauenquote. „Frauen haben keine Lust diese ständige Sonderstellung einzunehmen.“ Ja doch! Genau darum geht es im BUSINESS SALON. Obwohl ich es erklärt habe, missversteht sie die Idee. Wir fordern keine Frauenquote, wir fordern mehr Erfahrungsaustausch unter Frauen! Zwischen arbeitenden Frauen aller möglichen Branchen. Man könnte es auch Miteinander nennen, Solidarität! Im BUSINESS SALON sollen Frauen gemütlich zusammensitzen, miteinander über ihre Karrieren reden (das können wir theoretisch gut) und voneinander lernen (das können wir praktisch noch besser)! Die Zuschauerinnen bekommen so die wunderbare Möglichkeit an den persönlichen Erfahrungen anderer Frauen teilzuhaben, die eigenen Fähigkeiten abzuklopfen und sich so zu verbessern, wenn sie wollen. Erfahrungsaustausch kann große Inspiration sein und Mut machen. Der BUSINESS SALON möchte eine Gemeinschaft fördern, die Seilschaft der Herzen, wie ich sie nenne. Männer machen das seit eh und je.

Meine Mutter hat noch nicht angebissen. Sie findet es blöd, wenn permanent darüber geredet wird, was man Frauen alles zutrauen sollte. Sie findet, die Frauen sollen nicht fordern klug, witzig und erfolgreich sein zu dürfen – die Frauen sollen das einfach sein! Recht hat sie. Deshalb werden die Gespräche im BUSINESS SALON auch praxisbezogen; ein schreckliches Wort praxisbezogen (wie so viele Vokabeln in der Arbeitswelt, darauf komme ich später noch mal). Ich betone es noch mal: Die Frauen sollen ja machen, aber vorher und währenddessen miteinander reden, das macht doch Sinn! Und Vergnügen. Ich bin darüber erstaunt, dass meine Mutter so negativ reagiert. Sie ist in der DDR sozialisiert worden, in der Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt gleich wert waren, jeder Genosse und jede Genossin waren kostbar – jedenfalls auf den ersten Blick, so ganz stimmte das am Ende natürlich auch nicht. In diesem Sinne hat Mama mich jedenfalls trotzdem erzogen. Ich weiß aber, dass sie sich wahnsinnig darüber ärgerte, wenn ihr in ihrem Berufsleben nicht zugehört wurde, wenn sie etwas zu sagen hatte. Das kam häufiger vor. Vor allem über die Männer in Ihrem Umfeld ärgerte sie sich, weil sie sich von denen unterbuttern ließ. Meine Mama ist eine kleine Person, die eigentlich versteht, sich durchzusetzen. Aber gegen „die“ Männer kam sie nicht an. Und trotzdem jetzt dieses Gesicht…

Ich persönlich habe verschiedene Theorien, warum wir nach fast 4 Wochen Crowdfunding Kampagne so wenig Unterstützer für unserem BUSINESS SALON bekommen. Unser Aufruf-Video wurde inzwischen zwar fast 2000 Mal angesehen. Immerhin 150 Leute haben dem Projekt einen Daumen hoch gegeben, aber nur etwa ein Sechstel von denen haben uns durch eine Geldspende aktiv unterstützt. Es liegt nicht an der Idee, das bestätigen uns viele Menschen, die medial, gesellschaftspolitisch oder journalistisch auf Zack sind. Aber tatsächlich ist das Thema „Frau & Karriere“ leider jetzt schon so was von wundgekratz an allen Enden und Ecken, dass der BUSINESS SALON eine Art Rundumreibefläche ist. Im 360°-Prinzip pissen wir an, stoßen ab und am aller schlimmsten: ernten Gleichgültigkeit – je nach dem auf wen wir gerade treffen. Und das, obwohl das Thema so wichtig ist, denn viele Frauen tun sich nach wie vor schwer ihre beruflichen Vorstellungen zu äußern und umzusetzen. On Top kommen ein paar Stellschrauben unsererseits, die im Nachhinein betrachtet die Angelegenheit zusätzlich erschweren. Hier sind meine #FAIL-Theorien.

#FAIL1 Der Trailer ist zu sexy. Wir hatten beim Machen weniger an „Puffatmo“ gedacht (wie auf Twitter gemutmaßt wurde), sondern an einen Herrensalon. In Anlehnung an die schwersesseligen, zigarrenverqualmten Klüngelnetzwerke der Männer. Eine Reminiszenz an die gute alte Zeit in der Frau noch wusste, dass sie sich aus den Geschäften rauszuhalten hat. Und ja, provokant sein, das wollten wir auch. Wir dachten, ein bisschen Ironie und Bums, Spiel mit den Klischees, das verträgt das Thema gut, wird sonst vielleicht n bisschen dröge die Kommunikation. Der Schuss ist nach hinten losgegangen. Wir hätten entweder ein fettes Zwinker-Smiley in den Hintergrund projizieren sollen, damit es wirklich alle verstehen. Oder einen komplett anderen Trailer drehen. In einem ganz anderen Kleid. Und anderen Schuhen. Und anderem Make-up.

#FAIL2 Der Trailer erklärt das Produkt nicht. Das ist ein definitiver Fail, wir bekennen uns schuldig. Statt auf Effekthascherei zu setzen, hätten wir im Video einfach erklären sollen, was der BUSINESS SALON ist. Ein Karriere-Talk-Format von Frauen für Frauen – auch wenn man das eigentlich im Text direkt drunter nachlesen kann. Aber wer liest heutzutage noch Bildunterschriften? Wir hätten eine Mini-Episode aufzeichnen sollen, eine ungezwungene Unterhaltung zwischen der Macherin Judith Sylla und mir zum Beispiel. Dann noch den Kollegen Robert Kindermann als Quotenmann in die Runde gesetzt und drüber diskutiert, wie so eine Diskussion überhaupt aussehen müsste. Das wäre es gewesen! Vielleicht…

#FAIL3 Ich bin gar nicht Business. Möglicherweise führt der Name BUSINESS SALON die ein oder andere in die Irre. Wir hatten nie vor, eine Sendung für klassische „Karrierefrauen“ zu machen (noch so ein schreckliches Wort). Die wollen wir natürlich nicht ausschließen, aber letztlich geht es um jede berufstätige Frau, jede Frau, die sich nicht nur privat, sondern auch beruflich verwirklichen möchte. Ich glaube – nein ich hoffe – das sind ganz schön viele. Und in Gehaltsverhandlungen z.B. müssen wir alle. Klingt schrecklich, aber jede von uns ist in irgendeinem Business. Muss nicht immer mit BWL und Kostümchen zu tun haben. Unsere Zielgruppe sind jedenfalls alle Menschen, die im Job vorwärtskommen und respektiert werden wollen.

#FAIL4 Dafür zahl ich doch kein Geld. Das Endprodukt (zwei halbstündige Episoden BUSINESS SALON) kann man nicht anfassen, geschweige denn schon mal reinklicken. Und wir haben gelernt, dass Videos im Netz frei verfügbar sind. Jetzt für eine gefühlte TV-Sendung zu zahlen, die hinterher alle kostenlos ansehen können (aber nicht anfassen), das macht für viele User keinen Sinn. Kucken gerne, dafür zahlen nicht. Und das meine ich gar nicht vorwurfsvoll! Das Crowdfunding-Prinzip ist für unsere Vision des BUSINESS SALONS die falsche Finanzierungsform – so sieht es jedenfalls aus. Aber so schnell geben wir nicht auf.

Zurück zu meiner Mutter und ihrem skeptischen Kopfgewiege (mit dem sie mich nicht nur verrückt macht, sondern das sie mir auch vererbt hat). Wir sind mitten in der herrlichsten BUSINESS SALON-Diskussion, es geht um Wollen und Können. Frauen wollen eben gar nicht die Verantwortung, sagt sie, die sind nicht locker genug, fürchten sich vor dem Scheitern, sagen lieber mach Du mal lieber, ich will nicht. Ich sage, das hat doch dann mit Wollen nix zu tun, das ist doch dann eine Frage des Könnens und genau darum geht es doch, die eigenen Fähigkeiten ausmachen und aufpäppeln und ran an die Erfüllung der Träume, ran an das, was man will. Müssen ja nicht alle in Führungspositionen landen, um Gottes willen, das ist ja nun auch Quatsch. So geht es eine Weile zwischen uns hin und her. Dann schweigt sie, ich glaube sie sammelt sich. Ja, allerdings, sie sammelt sich. Was folgt ist eine kleine Brandrede. Und zwar eine für den Mumm! Für das Selbstbewusstsein sich durchzusetzen, ohne Angst davor unsympathisch zu wirken. Das können viele Frauen nämlich nicht, sagt sie. Ja, sage ich. Ja, sagt sie. Genau! sage ich. Und sie Nee, das ist schon gut, was ihr da macht.

Wer sich jetzt wachgeküsst fühlt und die Crowdfunding-Kampagne des BUSINESS SALON noch zu einem Last-Minute-Wonder werden lassen möchte, kann ihn gerne unterstützen auf www.startnext.com/businesssalon

Für uns zählt auch der symbolisch solidarische Gedanke!.

Beitrag  von Johanna Maria Knothe, Moderatorin und TV-Journalistin


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