Einige unabhängige Studien, unter anderem des Bundesamts für Naturschutz, ließen Zweifel an der Unschädlichkeit von MON810 aufkommen. Auf diese und andere Studien sich berufend, haben dann Frankreich, Österreich, Luxemburg, Griechenland und Ungarn ein Anbauverbot erlassen.
Dagegen hat MONSANTO geklagt.
Und wie es aussieht, wird wohl MONSANTO vor dem Europäischen Gerichtshof recht bekommen.
Die Studien belegen, das MON810 nicht so ungefährlich ist, wie von MONSANTO behauptet wird. Der gesunde Menschenverstand sagt einem, das ein Verbot die richtige Maßnahme darstellt.
Doch in der Rechtsprechung zählt nicht der gesunde Menschenverstand eines Richters, sondern nur die Gesetzeslage. Für den Normalbürger sind manche Gerichtsentscheidungen deswegen schwer zu verstehen. Das liegt daran, das ein Richter nach der aktuellen Gesetzeslage entscheiden muss!
Warum hat MONSANTO gute Aussichten mit der Klage durchzukommen?
Nun, das liegt an der komplexen Gesetzgebung der EU. Hier in aller Kürze und sehr vereinfacht den strittigen Sachverhalt dargestellt.
MONSANTO hat nach einer Richtlinie/Verordnung XYZ die Zulassung für den Anbau von MON810 erhalten. Die Länder, die ein Anbauverbot erlassen haben, berufen sich aber auf eine Richtlinie/Verordnung ABC.
Die Frage, die es nun vor Gericht zu klären gilt: Dürfen Länder eigenständig auf der Grundlage von ABC ein Verbot erlassen, obwohl die Zulassung auf der Grundlage von XYZ erfolgte?
Die Frage scheint trivial. Doch in der trockenen Juristerei gibt es keine trivialen Fragen, nur Gesetze die befolgt werden müssen. Müßig zu Fragen, wer diese Gesetze erlassen hat.
Zu dieser Frage hat EU-Generalanwalt Paolo Mengozzi am 22.03.2011 in Form eines Schlussantrags Stellung genommen. Er kam zu dem Ergebnis, dass die nationalen Anbauverbote in ihrer bisherigen Form unzulässig sind.
Es ist üblich, das der Europäische Gerichtshof sich dem Schlussantrag anschließt.
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
PAOLO MENGOZZI
vom 22. März 2011(1)
......
1. Im Hinblick auf einen genetisch veränderten Organismus, der nach der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt zugelassen und als existierendes Erzeugnis gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel gemeldet wurde und für den das Verfahren der Erneuerung der Zulassung noch anhängig ist, können eventuelle Sofortmaßnahmen nur aufgrund dieser Verordnung, genauer ihres Art. 34, getroffen werden.
2. Die Mitgliedstaaten können im Rahmen des Verfahrens des Erlasses von Sofortmaßnahmen nach Art. 34 der Verordnung Nr. 1829/2003 einseitige Maßnahmen nur als vorläufige Maßnahmen entsprechend den Modalitäten des Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit und nur dann erlassen, wenn die Kommission trotz der Aufforderung eines Staates, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, nicht rechtzeitig tätig geworden ist.
3. Für den Erlass von genetisch veränderte Organismen betreffenden Sofortmaßnahmen nach Art. 34 der Verordnung Nr. 1829/2003 ist es erforderlich, dass ein nicht nur hypothetisches Risiko einer Schädigung der Gesundheit von Mensch oder Tier oder der Umwelt festgestellt wurde und dass eine nicht unbedeutende Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Schäden besteht, auch wenn diese nicht notwendigerweise genau bestimmt ist.
Wer sich für den kompletten Text der Schlussanträge interessiert, hier klicken.
Wenn Sie den kompletten Text gelesen haben, werden Sie bestimmt der Ansicht zuneigen: „Nicht alles was Gesetz ist, ist auch Recht.“
Diese Schlussanträge sind ein gutes Beispiel, wie mit Hilfe einer komplexen gesetzlichen Regelung Unrecht legitimiert werden kann.