Die Enttäuschung zahlloser Wähler über die schwarz-gelbe Koalition lässt sich fast mit Händen greifen und ist auch unwidersprochen. Allein sie muss für einen Stimmenzuwachs der SPD sorgen, weil viele FDP-Wähler von 2009 entweder nicht mehr zur Wahl gehen oder sich stattdessen für Alternativen entscheiden. Gleiches gilt für Wechselwähler zur CDU, und natürlich für den riesigen Batzen SPD-Sympathisanten, der 2009 überhaupt nicht zur Wahl ging, und zuletzt für diejenigen, die zur LINKEn abgewandert sind. Von all diesen drei Verliererparteien bekam die SPD Wähler zurück, und zwar mehr als sie an die Grünen verlor - deren Zuwachs ist hauptsächlich auf Kosten von FDP und LINKEn entstanden. Warum aber würden nun wieder mehr 2009 enttäuscht von den Urnen ferngehaltene Wähler ihr Kreuz bei den Sozialdemokraten machen? Die Große Koalition und das Desaster von 2009 sind nun bereits zwei Jahre her, und die Fehler und Schwächen der SPD-Spitze verblassen völlig gegen Merkel und Westerwelle.
Denn was ist das Pushen einer Führungsfigur wie Steinbrück anderes als eine implizite Kampfansage an Merkels ständiges Herumlavieren und Kompromisse schließen? Die Führungstroika, als die sich die Stones und Gabriel gerade gerieren, verteilt die Eier der SPD in mehrere Körbe. Wenn sich bei den Wahlen der Euro weiter als Hauptthema und ein Bedürfnis nach einer Führungsfigur abzeichnet, hat die SPD Steinbrück in den Startlöchern. Der ist ohnehin der Darling der Medien; niemand kann so gut in Überschriften reden wie er. Steht der Sinn nach einem sanften, ausgeglichenen Staatsmann ohne Angriffsfläche kann man Steinmeier noch einmal ins Rennen schicken und mit leister Stimme Detailkritik an Merkel üben lassen, um sie die konfrontationsscheue deutsche Seele zu streicheln. Und will man doch Abteilung Attacke gegen, könnte man Gabriel mehr Raum einräumen, obwohl der als Kanzler, gelinde gesagt, schwer vorstellbar ist.
Bildnachweise: Westerwelle - Janwikifoto (GNU 1.2)Steinbrück - Peter Schmelzle (GNU 1.2)