Das Paramitayana lehrt auch, wie man die Gifte gekonnt als Hilfe benutzt. Störende Emotionen können die Ansammlungen vervollkommnen. Zum Beispiel ist es wertvoller, den eigenen Körper darzubringen als materielle Besitztümer, weil wir eine stärkere Bindung an den ersteren haben. Die Gifte können auch eine Ursache dafür sein, Tugend in großem Maßstab zu erreichen. Ohne bewusst die störende Emotion der Begierde aufzugeben, kann zum Beispiel ein Bodhisattva, der noch nicht die Macht erlangt hat, die Anhäufungen vervollkommnen, wenn er oder sie aufgrund von Begierde geboren wurde. Wenn die störenden Emotionen geschickt aufgenommen werden, kann sich ihre Identität in Tugend verwandeln. Ein Bodhisattva, der auf der Stufe des strebenden Verhaltens weilt, kann absichtlich Begehren aus Mitgefühl erzeugen, um die Hoffnungen einer Frau zu erfüllen, die von Verlangen gequält wird. Indem er begierig ist und Vergnügen empfindet, befriedigt er sie dann. Weil es von den geschickten Methoden des Mitgefühls umfasst wird, ist dieses Verlangen immer noch tugendhaft. Dies gilt auch für andere störende Emotionen.
Es gibt drei Gründe, warum Emotionen im Mantrayana nicht verworfen werden. Erstens sind die störenden Emotionen mit den Familien der Tathagatas verbunden; zweitens erwacht Weisheitserkenntnis, indem sie sie geschickt als Pfad nimmt; und drittens sind sie die Essenz der Weisheitserkenntnis, wenn sie mit der Erkenntnis ergriffen wird.
Von Mipham Rinpoche „Lichthafte Essenz – ein Kommentar zum Guhyagarbha-Tantra“. Übersetzt vom Ngak’chang Rangdrol Dorje (Enrico Kosmus, 2018). Möge es von Nutzen sein!