Der »Sozialtourismus« hat sich nicht bewahrheitet. Trotzdem hat diese unbegründete Angst einen juristischen Erfolg davongetragen. Ein Urteil, das die Freizügigkeit nicht eingeschränkte, hätte auch keine Auswanderungswelle bewirkt. Denn Emigration ist keine Kosten-Nutzen-Frage.
Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt, dass Deutschland EU-Ausländern keineswegs Hartz IV gewähren muss. Die Freizügigkeit innerhalb Europas ist damit nachhaltig geschädigt, wenn nicht sogar deaktiviert. Denn das Urteil zieht die Gräben einer kontinentalen Zweiklassengesellschaft noch tiefer. Während die starken Industriestaaten die Vorzüge der europäischen Zollunion genießen können und sich die »Wettbewerbsvorteile« der ärmeren EU-Staaten sichern, werden die Menschen ohne Mittel aus schwächeren Ländern des Kontinents faktisch festgesetzt. Jetzt wäre der richtige Augenblick, über eine europäische »Sozialunion« zu verhandeln. Sie muss auf die Agenda. Denn ein Europa, das die Freizügigkeit als bloße Theorie führt, ist nur ein weiteres gebrochenes Versprechen, dass das europäische Projekt zu Grabe weist.
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